Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
zusammen mit meinem First Baseman’s Mitt. Jeder Catcher hat so einen Handschuh oder einen für einen Outfielder, weil jeder Catcher von dem Tag träumt, an dem ihn der Manager aufs Feld schickt, wo er in aufrechter Stellung und ohne Körperschutz und Maske spielen kann. Wir standen zwölf Meter voneinander entfernt auf der Straße vor meiner Hütte, und er warf mir den Ball zu.
»Aber nur ein paar«, sagte ich. »Das ist Wahnsinn.« Als ich ihm den Ball zurückwarf, hatte ich das Gefühl, so was in meinem ganzen Leben noch nie getan zu haben.
»Seit wann wirfst du denn wie ein Mädchen?« fragte er.
»Das mußt du mir schon nachsehen«, sagte ich. »Sie haben mir eine Kugel aus den Muskeln am Schultergelenk und eine aus dem Schulterblatt geholt. Da verlierst du etwas Schmackes am Ball.«
Er warf ihn mir wieder zu. »Ist doch ein tolles Gefühl, was? Wieder mal einen Ball werfen?«
»Nein«, sagte ich. »Um ehrlich zu sein, tut es sehr weh.« Ich warf ihn zurück und versuchte, die Drehung meines Körpers einzusetzen, um meinen Arm zu entlasten.
»Du mußt nur warm werden.«
»Ja, vor dem Kamin, mit einem Bier.«
»Ich habe versucht, sie nachzuschlagen«, sagte er und warf mir den Ball zu. »Ich meine auf meinem Computer. Maria Valeska.«
»Randy, so lautete ihr Name 1971.« Ich warf den Ball. Der Schmerz begann nachzulassen. Ein wenig.
»Ja, ich weiß«, sagte er. »Sie könnte jetzt verheiratet sein.«
»Wenn sie verheiratet ist …«
»Alex, ich erwarte doch gar nicht, daß sie die ganzen Jahre auf mich gewartet hat. Ich weiß, daß sie nicht wie Rapunzel oder sonstwer in einem Turm hockt.«
»Warum dann um …«
»Rapunzel war doch die mit dem Haar, stimmt’s? Mit dem langen Haar?«
Wir warfen uns weiter den Ball zu.
»Obwohl Rapunzels Haar blond war, stimmt’s? Marias Haar war pechschwarz.«
»Randy …«
»Hast du jemals ein Mädchen mit dunklem Haar und dunklen Augen geliebt, Alex?«
Ich warf den Ball. »Gelten auch grüne Augen?«
»In Kalifornien gibt es überall Blondinen. Richtig tolle Frauen, Alex. Du siehst sie an, und es ist, als ob du direkt in die Sonne blickst. Aber dann mußt du blinzeln und siehst weg, und dann ist es, als ob du dich nicht einmal mehr erinnern könntest, wie sie ausgesehen haben. Jetzt aber ein Mädchen mit dunklen Augen, mit so Augen, die direkt durch dich durchgehen …«
»Randy …«
»Das ist die Sorte Mädchen, die dir unter die Haut geht.«
»Sie ist jetzt kein Mädchen mehr«, sagte ich. »Sie ist jetzt was? Eine Mittvierzigerin?«
»So ungefähr.«
»Also eine Frau um Mitte Vierzig, vielleicht schon lange verheiratet, hat vielleicht ein paar Kinder. Und da willst du vor ihrer Tür aufmarschieren und sagen: ›Hallo, erinnerst du dich noch an mich?‹«
»Sie wird sich an mich erinnern.«
»Und was dann?«
»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Wirklich nicht, Alex.«
»Randy, hast du überhaupt eine Vorstellung, wie das klingt? Tut mir leid, aber es klingt so dumm .«
»Ja, ja«, sagte er. Er ging ein paar Schritte zurück und warf den Ball etwas schneller. Er traf auf meinen Handschuh mit einem satten Plopp, einem Geräusch, wie ich es einst tausendmal am Tage gehört hatte. Einst war das mein ganzes Leben gewesen, nur das – einen Baseball fangen und ihn wieder zurückwerfen, wieder und wieder.
»Mach mal halblang«, sagte ich. »Ich trage keine Maske.«
»Stell dir das nur mal vor«, sagte er. »Ich suche nach ihr und kann sie nicht finden, und statt dessen finde ich dich . Und wie es sich ergibt, bist du jetzt Privatdetektiv.« Wieder warf er den Ball. Plopp !
»Nein, kein richtiger«, sagte ich. Aber er hörte nicht zu. Ich warf den Ball zurück.
»Und du warst Polizist in Detroit, wo sie mal gelebt hat.«
»Vor langer Zeit.«
»Und du lebst immer noch in Michigan.« Ein weiterer Wurf, ein weiterer Plopp in meinem Handschuh.
»Detroit liegt sechs Stunden entfernt von hier, Randy.«
»Auf dich habe ich immer zählen können, Alex. Du warst mein Catcher, Mann. Ich meine, ich habe auch für andere Typen geworfen, aber du warst mein Catcher .«
Er ging noch einmal ein paar Schritte und warf sehr hart. Ich spürte ein Kribbeln in meiner linken Hand, als ich ihn fing.
»Okay, hier wären wir fertig«, sagte ich. Ich hätte den Ball in diesem Moment in die Tasche stecken sollen; statt dessen warf ich ihn zu ihm zurück.
»Glaubst du nicht an schicksalhafte Bestimmung, Alex? Wenn du und Leon mir helfen, bin ich sicher, daß es
Weitere Kostenlose Bücher