Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)
war jetzt nur allzu offensichtlich. Ihr Vater trug die Schuld daran ...
Steif nahm Danni ihre Schürze ab, warf sie auf die Arbeitsfläche und eilte, ohne ein weiteres Wort zu sagen, hinaus.
Die Luft draußen kühlte ihre erhitzte Haut, und ein paarmal atmete Danni tief durch und versuchte, den Albtraum der vergangenen Minuten zu vergessen. Sie wollte nur noch wegrennen und sich verstecken. Wie sehr sie sich schämte! Das Knirschen von Reifen auf dem Kiesweg trieb sie zur Eile an. Sie konnte jetzt niemandem gegenübertreten. Mit sehr widersprüchlichen Emotionen in der Brust lief sie durch den Garten und den Pfad entlang, der zu der Felsenküste hinunterführte, wie Danni seit dem Vortag wusste. Unten bahnte sie sich vorsichtig den Weg zur Höhle und dem dunklen Eingang unterhalb der Burgruine.
Im Inneren der Höhle war es kühl und still, und sie bezog einen eigenartigen, ihr unerklärlichen Trost aus den endlosen Spiralmustern an den Wänden und dem rhythmischen Plätschern der Wellen an die Felsen. Endlich ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Sie weinte um das Kind in sich, das so enttäuscht war, dass es seine Qual herausschreien und deren Echo an den rauen Felswänden und in dem dunklen Tümpel hören wollte. Ihr Leben lang hatte sie davon geträumt, ihre Angehörigen zu finden und zu erfahren, dass sie sie liebten, nach ihr suchten und sie bei sich haben wollten. Sie hatte sich ihre Eltern arm oder reich, aber immer einander liebend und voller Trauer über den Verlust ihres Kindes vorgestellt. Danni hatte sich jedes nur denkbare Szenario ausgemalt, aber nichts von alldem war der Wirklichkeit je auch nur nahe gekommen.
Ihr Vater hatte das Buch von Fennore - und er hatte es benutzt. Er hatte gesagt, er würde dafür töten.
Sie erschauderte, wenn sie an die Momente dachte, in denen sie ihn für einen möglichen Verbündeten gehalten hatte und nahe dran gewesen war, ihm alles zu erzählen, was sie wusste. Was hätte er mit dem Wissen angefangen? Es benutzt, um ihr zu schaden? Oder sie deswegen vielleicht sogar getötet?
Was für ein grauenvolles Leben musste ihre Mutter haben! Wie viel wussten die Zwillinge darüber? Und was hatte Cáthan gemeint, als er sie gefragt hatte, ob sie herausgefunden habe, wie seine Kinder sich benutzen ließen? Sie wozu benutzen?
Im Schutz der dunklen Schatten kauerte sie in der kalten, feuchten Höhle. Sie war todmüde, weil sie in der Nacht zuvor fast nicht geschlafen hatte, aber ihre Gedanken ließen ihr trotzdem keine Ruhe.
Cáthan hatte das Buch von Fennore.
Und er würde töten, um es zu behalten.
30. Kapitel
D anni konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, bevor ein Geräusch sie aus dem Schlaf aufschreckte. Sie öffnete die Augen und zuckte zusammen. All ihre Muskeln protestierten, als sie den Kopf drehte und sich umsah. Auf der schmalen Treppe, die zu der verfallenen Burg hinaufführte, waren Schritte zu vernehmen. Die Haltung wechselnd, um den Eingang im Auge behalten zu können, lauschte Danni angespannt.
Die schlurfenden Geräusche setzten sich noch eine Weile fort, und für Danni hörten sie sich so an, als ginge jemand zwischen einem Treppenabsatz und dem nächsten auf und ab. Die Schritte waren langsam und beschwerlich, dann verharrten sie, wendeten und bewegten sich sehr viel leichtfüßiger wieder hinauf. Danach wiederholte sich das Ganze. Danni wagte sich gerade aus ihrem Versteck hervor, um die Sache genauer zu verfolgen, als der Strahl einer Taschenlampe den Eingang erhellte, worauf Danni sich schnell wieder in den Schatten drückte. Einen Augenblick später erschien Fia MacGrath mit einem schweren Seesack, den sie hinter sich herzog. Sie legte ihn auf den Felsvorsprung in der Nähe des Tümpels und stieg dann wieder die Treppe hinauf. Ein paar Minuten verstrichen, und sie kam mit einem weiteren zurück. Als sie endlich fertig zu sein schien, lagen zwei Seesäcke und ein Koffer neben dem Wasser, die Fia einen langen Moment anstarrte.
Sie sah klein, wehrlos und vollkommen erledigt aus. Danni dachte an ihren Gesichtsausdruck beim Betreten der Küche, der von Neugier und Furcht, Zorn, Schmerz und Resignation geprägt gewesen war. Aber es hatte auch noch etwas anderes darin gelegen - eine Art grimmige Gewissheit, als wäre ihr soeben etwas bestätigt worden. Dann war all das einem Ausdruck der Überzeugtheit und Entschlossenheit gewichen. Was auch immer Fia gesehen oder vermutet haben mochte, es hatte sie zu einem Entschluss getrieben.
Danni schloss
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