Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

damit zu tun, dass wir jetzt hier sind. Ich weiß, das klingt verrückt, doch es ist verrückt, was mit uns geschieht, Sean, und wir werden keine rationale Erklärung dafür finden, wie wir gerade einen Tag durchleben konnten, der zwanzig Jahre zurückliegt.«
    »Na schön, nehmen wir einmal an, das stimmte, und wir wären wegen des Buchs von Fennore hier. Was dann? Denkst du, wir würden es vielleicht finden?«
    Sie warf ihm einen Blick zu und suchte nach Anzeichen von Spott in seinen Augen. Als Sean es sah, hob er beschwichtigend die Hände. »Ich schwöre, dass das eine ernst gemeinte Frage war. Kann es sein, dass du es suchen und benutzen willst, Danni?«
    »Möglich.«
    »Das wäre äußerst unklug«, warnte er.
    »Zumal wir doch so viele andere Möglichkeiten haben.«
    »Auch wenn wir keine anderen Möglichkeiten haben.«
    Das war in so ernstem Ton gesagt, dass sie Sean einen überraschten Blick zuwarf und ins Stolpern kam. Er packte sie jedoch schnell am Arm und bewahrte sie vor einem Sturz. Als Danni ihm den Arm entziehen wollte, hielt er ihn fest und hinderte sie am Weitergehen.
    »Für jede Geschichte über das Buch von Fennore gibt es auch eine damit verbundene, sehr verhängnisvolle Lehre, Danni. Für jede Stimme, die behauptet, dass es nur ein Mythos ist, gibt es auch die Furcht, dass es real ist. Ob ich glaube, dass es existiert? Ja. Macht es mir Angst, das auszusprechen? Mehr, als du dir vielleicht denken kannst. Begreifst du das, Danni?«
    Sie nickte stumm.
    »Man darf es nicht benutzen.«
    Auch das wusste sie. Sie hatte gesehen, warum nicht. Hatte die Schwärze gesehen, die in Edels Augen eingedrungen war und sie in funkelnde, scheinbar bodenlose Pechlöcher verwandelt hatte. Was auch immer mit ihr geschehen war, als sie das Buch berührt hatte, war nichts Gutes. Und auf jeden Fall etwas sehr Unnatürliches.
    »Was, wenn jemand es bereits benutzt hat, Sean? Und uns damit hierher gebracht hat?«
    Er antwortete nicht, wurde aber sichtlich blass und schloss seine Hand noch fester um ihren Arm.
    »Mir ist sehr wohl bewusst, dass dieses Buch nichts Gutes ist, Sean. Doch falls du glaubst, wir sollten hier untätig herumsitzen und abwarten, ob es vorhat, uns zurückzuschicken, muss ich dir sagen, dass ich alles andere als begeistert bin von diesem Plan.«
    »Es darf nicht benutzt werden«, wiederholte er unbeirrt. Dann atmete er tief durch und zog seine Hand von ihrem Arm zurück. Die kalte Luft traf sie, wo seine Wärme sie gerade noch umhüllt hatte, und eine Gänsehaut kroch über ihre Arme.
    »Wir könnten den ganzen Tag darüber diskutieren«, sagte er. »Aber das bringt doch nichts, da wir beide ohnehin nicht wissen, wo es ist. Wir können das Buch nur finden, wenn es von uns gefunden werden will. So ist es nun mal der Legende nach. Das Buch wählt dich, nicht umgekehrt. Du kannst danach suchen, so viel du willst, doch ich persönlich zöge es vor, ein lebendes Paradox zu sein als ein Werkzeug für das Buch von Fennore.«
    Sein harter, kalter Ton ließ Danni frösteln. Sie rieb sich ihre Arme und nickte stumm. Sean, der dies als Zustimmung auszulegen schien, setzte sich wieder in Bewegung. Langsam folgte Danni ihm.
    »Mein Va ... Niall erzählte mir, dass Nana ein Cottage für uns gemietet hat«, berichtete Sean und ging langsamer, um seine Schritte ihren anzupassen.
    »Woher, glaubst du, wusste Colleen, dass wir kommen würden?«
    »Sie ist eine sehr rätselhafte Frau. Das ist sie immer schon gewesen. Frag lieber die Sonne, wann sie aufgeht!«
    »Und meine Halskette?«, fuhr Danni fort. »Woher hatte sie die?«
    Sean warf ihr einen Seitenblick zu. »Warum willst du das denn wissen?«
    »Mein ... Vater meinte, sie sei sehr alt.«
    »Ich sagte dir doch schon, dass sie ein Familienerbstück ist. So was ist gewöhnlich immer etwas Altes.«
    »Du hast aber auch gesagt, sie sei ein Talisman, der mich beschützen wird. Vor was beschützen, Sean? Diese Frage hast du nie wirklich beantwortet.«
    Das tat er auch jetzt nicht, sondern ging, den Blick stur geradeaus gerichtet, weiter.
    »Okay, wie wäre es dann damit ... Wenn sie ein für mich bestimmtes Familienerbstück ist, warum hat deine Großmutter sie dann gehabt?«
    »Ich habe keine Ahnung, Danni.«
    Sie warf ihm einen scharfen Blick zu, um zu sehen, ob er wieder log, doch entweder war er ein großartiger Schauspieler, oder er wusste es tatsächlich nicht. »Weißt du, was die Symbole auf dem Anhänger bedeuten?«
    Er warf einen kurzen Blick auf die Kette