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Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Titel: Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Quinn
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bemerkte: »Jetzt kann man die Burg von hier aus sehen.«
    Danni verschlug es den Atem, als sie sich umdrehte und das steile Felsplateau und die Ruine sah, die darauf thronten wie ein Kranzgesims auf einer Turmspitze. Aus dieser Entfernung konnte sie sich eine bessere Vorstellung davon machen, wie die Burg einst in intaktem Zustand ausgesehen haben musste. Die zerfallenen Außenmauern waren an vier runden Türmen verankert gewesen, die mit einem weiteren Paar Mauern innerhalb der Burg verbunden waren. Das uralte Gemäuer, das in der Abenddämmerung ganz grau aussah, schimmerte wie etwas aus einer anderen Welt und stand für eine Lebensweise, die so lange zurücklag, dass man sie sich kaum noch vorstellen konnte. Das Bild verblieb Danni jedoch noch lange, nachdem sie sich schon abgewandt hatte, in Erinnerung.
    Das Cottage, das Nana ihnen besorgt hatte, war mehr ein mit Stroh gedeckter Schuppen als ein Haus. Die frisch gestrichene Eingangstür glänzte leuchtend rot vor dem verblassten Gelb der Mauern. Zwei Fenster, die in der Dunkelheit wie Augen aussahen, befanden sich rechts und links der Tür, und die Veranda davor war so klein, dass Danni, Sean und Michael nur einer nach dem anderen zur Tür gelangen konnten.
    Michael öffnete sie ohne Schlüssel und betätigte einen Lichtschalter. Eine einzelne Lampe auf einem Tisch verbreitete ein trübes Licht in dem einzigen Raum des Häuschens, der mit zwei Vorhängen in eine Küche mit Sitzecke und ein Schlafzimmer aufgeteilt worden war. Das Badezimmer hatte eine Tür, doch es war winzig. Es würde gewiss einiges Geschick erfordern, die Tür von innen her zu schließen, vermutete Danni.
    »Das war früher Court O'Heaneys Häuschen«, bemerkte Michael. »Aber er starb vor einem Monat. Was Seltsameres habe ich noch nie gesehen. Sein Hund starb in derselben Nacht. Ist das nicht komisch? Plötzlich waren sie beide tot. O'Heaney saß in einem Sessel am Kamin, und der Hund lag zu seinen Füßen. Habt ihr so was schon einmal gehört?«
    Nein, das hatten sie nicht. Michael wartete mit hoffnungsvoller Miene auf ihre erstaunten Kommentare, doch sie waren beide viel zu müde und verwirrt, um überhaupt etwas zu sagen.
    »Tja, dann werde ich jetzt mal gehen. Wir sehen uns morgen früh, Vetter«, meinte Michael enttäuscht. »Im Dorf wird frischer Lachs gebraucht werden, und Dad wird natürlich versuchen, ihn zu fangen.«
    »Du arbeitest auf dem Boot deines Vaters?«, fragte Danni.
    »Ja, und ist das etwa kein Verbrechen? Kinderarbeit, kann ich da nur sagen. Aber was nützt mir das schon. Dad wird mich im Morgengrauen wieder aus dem Bett holen und das Deck schrubben lassen. Die reinste Zeitverschwendung, finde ich.«
    »Es ist ehrliche Arbeit«, widersprach Sean und musterte sein halbwüchsiges eigenes Ich mit einer Mischung aus Belustigung und Ungeduld. »Und was würdest du denn anderes mit dir anfangen, als dich in Schwierigkeiten zu bringen?«
    »Ich bin Manns genug, um meine Zeit so zu verbringen, wie ich will, ohne mich vor jemandem wie dir rechtfertigen zu müssen«, erwiderte Michael verteidigend, aber auch nicht ohne Stolz und mit einem beredten Blick zu Danni. In ihm lagen sowohl eine Bitte als auch sexuelle Neugier, als versuchte er, ihr zu sagen, sie möge über den Jungen hinaus zu dem Mann schauen, der er bald sein würde. Es irritierte Danni, diese junge Ausgabe Seans anzusehen.
    Sean dagegen schien keine Verwirrung hinsichtlich seines jüngeren Ichs zu kennen. Er stellte sich direkt vor Danni hin und verstellte Michael den Blick auf sie. Er ist eifersüchtig auf sich selbst, dachte sie mit aberwitzigem Humor.
    »Wir sehen uns dann morgen früh«, sagte Sean, als er den Jungen zur Tür scheuchte.
    »Michael«, rief Danni schnell, bevor Sean ihn hinausmanövriert hatte, »hast du schon einmal von dem Buch von Fennore gehört?«
    Michael blieb stehen und drehte sich mit schockierter Miene zu ihr um. »Klar, wer nicht? Aber spricht man denn auch in Amerika davon?«
    »Nein«, antwortete sie, um einen möglichst ruhigen Ton bemüht, und lächelte den Jungen an. »Ich habe nur etwas darüber gelesen. Glaubst du, dass es dieses Buch tatsächlich gibt?«
    »Warum sollte ich etwas anderes denken? Niemand kann das Gegenteil behaupten, oder? Außerdem hat Nana es mit eigenen Augen gesehen.«
    »Ich dachte, niemand hätte es je gesehen?«
    »Und das stimmt auch«, ging Sean entschieden dazwischen. »Deine Nana setzt dir Märchen in den Kopf, mein Junge. Als Nächstes wird sie dir

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