Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)
erzählen, sie hätte lila Elefanten in Dublin gesehen.«
Eine dunkle Röte breitete sich auf Michaels Wangen aus, als er Sean mit einem bösen Blick bedachte. »Ich bin kein verdammter Idiot, der alles glaubt.«
»Natürlich nicht«, sagte Danni und warf Sean schnell einen warnenden Blick zu. »Und vielen Dank auch, Michael, dass du uns den Weg hierher gezeigt hast.«
Einigermaßen besänftigt, nickte der Junge und verabschiedete sich. Als endlich die Tür hinter ihm zufiel, fühlte sich die Luft zum Schneiden dick und feucht an. Ein modriger Geruch und eine Kälte lagen darin, die Dannis Abgespanntheit noch verschärften. Sie brauchte ein bisschen Platz für sich, um allein zu sein. Und sie musste sich vom Schmutz des Tages und der Konfusion in ihrem Kopf befreien.
»Ich werde jetzt duschen gehen«, verkündete sie in der nach Michaels Aufbruch entstandenen Stille.
Sean war zum Kamin gegangen und legte etwas, das wie Lehmziegel aussah, auf den Rost. Auf ihre Bemerkung hin drehte er sich zu ihr um. Sein funkelnder Blick glitt über ihr Gesicht wie der Widerschein der Sonne auf aufgewühlten Wassern. Er beschrieb einen versengenden Pfad an ihrem Hals hinunter, verweilte auf ihren Brüsten und tanzte über ihren verkrampften Magen. Sie hatte sofort ein intimes Bild von ihm vor Augen, wie er mit ihr unter der Dusche stand, die Arme hinter ihr verschränkt und seine heiße, nasse Haut ganz dicht an ihrer. Ein Prickeln lief ihr über den Rücken und bündelte sich in ihrer Magengrube.
»Dann werde ich vorher das Feuer entfachen«, sagte er mit sinnlich tiefer, weicher Stimme.
Das ist dir schon gelungen, dachte Danni, während sie nickte. Etwas verlegen blieb sie noch einen Moment stehen, bevor sie sich abwandte und versicherte: »Ich werde bestimmt nicht lange brauchen.«
Wie sie sich schon gedacht hatte, war es nicht leicht, sich in dem winzigen Bad zurechtzufinden. Erst als sie sich an Toilette und Waschbecken vorbei in den engen Zwischenraum gezwängt hatte, konnte sie die Tür zuziehen. Sie schloss sie sogar ab, obwohl nicht anzunehmen war, dass Sean einfach hereinkommen würde, und falls er es doch tat, war sie nicht mal sicher, dass sie es bereuen würde. Sie zog sich aus und trat unter einen jämmerlichen Strahl, der unter viel Gestotter und Gezische aus der Leitung kam. Aber das Wasser war heiß, und es gab auch Seife, was mehr war, als sie zu hoffen gewagt hatte.
Danni hatte das Gefühl, dass ihr die Zeit davonlief, aber keine Ahnung, wie sie sie aufhalten sollte. Fast kam es ihr so vor, als müssten sie auf so banale Dinge wie Duschen, Essen und Schlafen verzichten, als müssten stattdessen Entscheidungen getroffen und etwas unternommen werden - doch zu welchem Zweck? Ein ganzer Tag war schon vergangen, und sie war keinen Schritt vorangekommen. Sie verstand noch immer nicht, warum sie hier war oder was sie tun sollte.
Ihr Haar war schon eingeseift mit einem Shampoo, das überraschenderweise nach Lavendel roch, als das Geräusch des Wassers lauter und intensiver wurde. Es rauschte aus der Brause und schien gegen die gekachelten Wände zu prasseln, obwohl Danni nach wie vor nur das leichte Nieseln spüren konnte, das unverändert schwach über ihren Rücken lief. Misstrauisch wusch sie sich die Seife aus den Augen und blickte zu dem Duschkopf hoch. Doch statt der Dusche, der fleckigen Kacheln und rostigen Armaturen sah sie ein Stück grauen Himmel über dem Ozean.
Langsam drehte sie sich auf der Stelle, betrachtete verwundert die dicken Wolken über sich, die nachmittägliche Sonne, die ihren langen Schatten vor sie warf, und den felsigen Strand zu ihren Füßen. Sie hatte nicht einmal die Veränderung der Luft gespürt, doch eingetreten war sie, und jetzt wartete Danni - nackt, tropfnass und durchgefroren - auf das, was immer nun geschehen würde.
Die Wellen überspülten schäumend ihre Füße, und Möwen kreischten, als sie über ihr ihre Kreise zogen und nach Leckerbissen in dem flachen Wasser suchten. Zu ihrer Linken sah Danni eine kleine Bucht mit Schiffen, die im Hafen dort vor Anker lagen.
Dann hörte sie einen Felsbrocken das steil abfallende Kliff hinunterpoltern und blickte auf. Hoch oben auf dem Plateau sah sie den hinteren Teil der verfallenden Ruine, aus der sich große Mörtelblöcke lösten und mit den riesigen Steinen zusammen von oben in die See hinunterstürzten. Das musste die Stelle sein, wo vor so vielen Jahren die Burgmauer eingestürzt war und das Kind der damaligen MacGrath
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