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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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Patientin mitfahren lassen sollten, es sei denn, ich müsste ebenfalls ins Krankenhaus. Ich zeigte meinen Dienstausweis und sagte: »Bundespolizei. Los geht’s.«
    Binnen einer Minute waren wir alle im Krankenwagen, der so schnell wie möglich über das holprige Feld fuhr. Die Sanitäter, die Pete und Ron hießen, wirkten düster, was mich in meiner Prognose bestätigte.
    Ich stand neben Kate und drückte mit den Fingern auf ihre Kehle, während die beiden Sanitäter ihr den Overall vom Körper
schnitten und sie rasch nach weiteren Verletzungen untersuchten. Rein äußerlich fanden sie nichts, aber sie fragten sich laut, ob sie möglicherweise Knochen gebrochen oder innere Verletzungen erlitten hatte.
    In meinen zwanzig Dienstjahren als Cop hatte ich all das schon zigmal gesehen und war angesichts dieser lebenserhaltenden Maßnahmen immer distanziert geblieben – selbst als ich mit drei Schussverletzungen auf der Straße lag. Aber jetzt … nun ja, ich konzentrierte mich auf jeden Atemzug, den Kate machte.
    Als die Sanitäter sich davon überzeugt hatten, dass ihr Zustand stabil war, brachten sie EKG-Elektroden an ihrer Brust an und schalteten den Monitor ein. »Normaler Sinusrhythmus …«, sagte Pete zu seinem Partner, »aber Tachykardie bei eins vierzig.«
    Ich fragte nicht, was das hieß, aber ich fragte: »Wie weit ist es bis zum Krankenhaus?«
    »In zehn Minuten sollten wir da sein«, sagte Pete.
    »Ist mit Ihnen alles okay?«, fragte mich Ron.
    »Mir fehlt nichts.«
    »Sie sind hart gelandet. Gönnen Sie sich eine Pause«, schlug er vor. »Ich halte den Druck aufrecht.«
    »Das ist meine Frau.«
    »Okay.«
    »Im Overall meiner Frau finden Sie ihr Etui mit dem FBI-Ausweis, ihre Waffe und möglicherweise ihr Handy«, sagte ich zu den Sanitätern. »Können Sie mir das geben?«
    Pete nahm sich Kates Overall vor und holte ihr Ausweisetui heraus, gab es mir und sagte: »Da sind weder eine Waffe noch ein Handy drin.«
    Ich steckte das Etui in meine Hosentasche. Vielleicht hatte sie ihr Handy nicht mitgenommen. Aber ihre Knarre hatte sie bei sich gehabt.

    Wir ließen das Feld hinter uns und stießen auf einen Feldweg. Die Fahrerin schaltete Blinklicht und Sirene ein und gab Gas. Ich beugte mich vor und legte die Lippen an Kates Stirn. Ihre Haut war kalt und feucht.
    Die Fahrerin war am Funkgerät, und ich hörte sie sagen: »Schockraum bereithalten. Zustand sehr kritisch.«
    Die Sanitäter überwachten Kates Herzschlag, den Blutdruck und die Atmung, maßen ihren Puls und ihre Temperatur. Ich bat sie um ein steriles Tuch und wischte ihr das Blut vom Gesicht.
    Ich schaute Kate an.
    Sie hatte eine Abwehrbewegung gemacht, als Khalil ihr die Kehle durchschneiden wollte, und dadurch hatte er ihre Halsvene sowie andere Venen und Arterien verfehlt. Das hatte sie vermutlich gerettet, denn Mr Asad Khalil war ein sehr versierter Killer, der ein auserkorenes Opfer selten am Leben ließ.
    Unabhängig davon, ob Kate überlebte oder starb, hatte Asad Khalil noch eine Rechnung zu begleichen – mit mir. Und das war gut, denn das hieß, er musste zumindest so lange hierbleiben, bis ich meine Rechnung mit ihm beglichen hatte.
    »Wie sieht die Prognose aus?«, fragte ich schließlich.
    Einen Moment lang antwortete keiner der beiden Männer, dann erwiderte Ron: »Ihr Zustand ist sehr ernst.«
    »Was zum Teufel ist da vorgefallen?«, fragte Pete.
    »Das ist eine Messerwunde«, erwiderte ich.
    Keiner der beiden Männer sagte etwas.
    »Habt ihr den Typ in dem schwarzen Overall gesehen, der sich an sie gehängt hat?«, fragte ich sie.
    »Yeah«, erwiderte Ron. »Er hat seinen Fallschirm auf die andere Seite des Waldes gesteuert.« Und er fügte hinzu: »Ich bin nicht drauf gekommen … jetzt kapier ich’s. Wissen Sie, wer das war?«
    Das wusste ich in der Tat. Das hier war unser schlimmster Albtraum. Der Löwe war zurückgekehrt.

11
    W ährend der Krankenwagen zur Notaufnahme raste, wählte ich mit meinem Handy die 911. Ich wies mich bei der Telefonistin als Bundespolizist und ehemaliger Detective der Mordkommission des NYPD aus. Ich erklärte kurz, dass ich einen Mordversuch an einer Kollegin melden wollte, und bat darum, mit der Staatspolizei verbunden zu werden.
    Ein paar Sekunden darauf sprach ich mit einem Diensthabenden der Staatspolizeistation in Liberty, New York. Ich schilderte ihm den Vorfall und fügte hinzu: »Ich bin außerdem der Ehemann des Opfers. Der Täter ist noch auf freiem Fuß.« Ich nannte ihm den Tatort und

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