Der Löwe
Erkundigen Sie sich bei der Einsatzzentrale und sorgen Sie dafür, dass das geschehen ist, und zwar richtig.«
»Wird gemacht.«
»Und wir wollen eine Nachrichtensperre verhängen. Diese Sache ist geheim.«
»Alles klar. John, es tut mir so leid.«
»Danke.«
Ich legte auf und suchte das Männerklo, wo ich mir Kates Blut von den Händen wusch. Ich sah zu, wie es im Abfluss verschwand, und erinnerte mich mit einem Mal wieder daran, wie ich vor vier Jahren auf der 102 nd Street gelegen hatte und mein Blut in einen Gully gelaufen war, während mein Partner Dom
Fanelli, der jetzt tot ist, über mir gestanden und gesagt hatte: »Halte durch, John. Halt durch.« Halt durch, Kate. Halt durch.
Ich spritzte mir Wasser ins Gesicht und trank einen Schluck aus dem Hahn.
Als ich aus dem Männerklo kam, wartete eine Schwester auf mich, und mir stockte kurz das Herz. »Jemand von der Staatspolizei ist da und möchte mit Ihnen sprechen«, sagte sie.
Ich folgte ihr zum Schwesternzimmer, wo ein Mann im Sportsakko mit einer der Schwestern sprach und sich Notizen machte. Er sah mich, warf einen kurzen Blick auf meinen blutbefleckten Overall, dann kam er auf mich zu und streckte die Hand aus.
Während wir uns begrüßten, stellte er sich vor: »Leitender Ermittler Matt Miller, Kriminaldienststelle, Trupp F, Liberty.«
Er wusste bereits, wer ich und Kate waren, deshalb sagte ich nur: »Danke, dass Sie gekommen sind.«
Ermittler Miller hatte eine kleine Teeküche für uns in Beschlag genommen, und wir setzten uns auf Plastikstühle an einen Tisch. Er trug Jeans und ein Golfhemd unter seinem Sportsakko, und ich hatte den Eindruck – der durch den Geruch nach Holzkohlerauch verstärkt wurde –, dass er in aller Eile ein Grillfest verlassen hatte. Er wirkte intelligent und wach, wie man es von einem leitenden Ermittler bei der staatlichen Kriminalpolizei erwartete, und ich schätzte ihn auf etwa vierzig, was jung für diesen Job war, folglich war er entweder sehr klug oder hatte gute Beziehungen. Ich hoffte, dass er klug war.
»Die Sache mit Ihrer Frau tut mir leid«, begann er.
»Danke.«
Ermittler Miller bat mich höflich um meinen Ausweis und stellte mir ein paar einleitende Fragen.
Die Staatspolizei ist ein guter Verein, ihre Leute sind bestens ausgebildet und sehr diszipliniert, und wir haben sogar ein paar von ihrer Kriminaldienststelle bei der Antiterror-Task Force. Ich
war davon überzeugt, dass sie dieser Aufgabe gewachsen sein würden, war mir aber auch sicher, dass das FBI im Sullivan County einfallen und den Fall übernehmen würde. Aber vorerst musste die Staatspolizei mit ihren Leuten die Gegend durchkämmen und nach Asad Khalil suchen, bevor er sich absetzen konnte. Oder hier aufkreuzte.
Was dieses Thema anging, sagte Ermittler Miller zu mir: »Ich habe gerade einen Anruf von Polizisten bekommen, die zum Tatort gefahren sind. Sie haben am Waldrand Reifenspuren gefunden, die zu einer Straße führen.« Er fügte hinzu: »Wir haben weder einen Springeroverall noch einen Fallschirm gefunden. Aber wir suchen weiter.« Er berichtete mir von der Fahndung, schloss aber ganz richtig: »Wenn diese Reifenspuren vom Fahrzeug des Täters stammen, dann hatte er etwa zwanzig Minuten Vorsprung, und wir wissen nicht einmal, mit welchem Fahrzeug wir es zu tun haben. Aber wir errichten Straßensperren und halten Ausschau nach einem Typ, der der Beschreibung entspricht. Vielleicht hat er auch einen Overall oder Fallschirm in seinem Fahrzeug.«
»Die werden Sie nicht bei ihm finden«, sagte ich. Denn wenn Khalil in den letzten drei Jahren nicht sehr dämlich geworden war, hatte er seine Flucht mindestens ebenso umsichtig geplant wie seinen Anschlag. Trotzdem war es nicht so einfach, aus einer ländlichen Gegend wegzukommen, wenn die Staatspolizei das Netz zusammenzog. »Sagen Sie Ihren Leuten, dass dieser Typ bewaffnet und sehr gefährlich ist und nicht zögert, einen Polizisten umzubringen«, sagte ich.
»Das ist uns klar. Immerhin hat er bereits versucht, eine FBI-Agentin umzubringen – Ihre Frau«, erwiderte er. Und er fügte hinzu: »Ich erinnere mich an den Fall Khalil. Vor etwa drei Jahren. Das ist der Kerl, der mit bewaffneten Begleitern am JFK angekommen ist und sowohl seine Begleiter als auch ein paar Leute am Boden umgebracht hat. Das war am gleichen Tag, an
dem auch die Passagiermaschine gelandet ist, in der alle Mann an Bord durch Giftgase getötet wurden.«
»Richtig.« Es war sogar der gleiche Flug gewesen.
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