Der Lord ihres Herzens
Die deVeres und die Blacks sind seit Jahrhunderten erbitterte Feinde.“
Constantines warmer Atem kitzelte sie am Ohr. Erneut lief ein eiskalter Schauer ihren Rücken hinab. Um es zu kaschieren, rang sie sich ein Lächeln ab. „Wirklich? Ich dachte, dergleichen wäre mit Shakespeare ausgestorben. Von wegen Montagues und Capulets und so.“ „Oh, keineswegs. Die alten Rivalitäten sind immer noch aktuell, wenn sie sich auch auf weniger gewalttätige Weise Ausdruck verschaffen.“ Er biss die Zähne zusammen. „Meistens jedenfalls.“ Hatte Constantine je ein Duell ausgefochten? Vielleicht wegen dieser Dame, die er geliebt und verlassen hatte? Jane verbat sich den Gedanken. An diesem Abend sollte diese unbekannte Dame keine Rolle spielen.
Jane ließ sich von verschiedenen Gerichten servieren, ohne zu bemerken, worum es sich handelte. Trotz der harmlosen Natur ihres Gesprächs, beobachtete sie gespannt jede seiner Bewegungen und jeden Ausdruck in seinem Gesicht. Vor Nervosität krampfte sich ihr Magen zusammen. Sie bekam kaum einen Bissen hinunter.
„Hat sich denn keine von Ihnen nach Liebe verzehrt?“, fragte Constantine. „Drei so schöne und intelligente Frauen müssen sich über derartig mittelalterliche Arrangements doch geärgert haben.“ Geärgert? Er hatte ja keine Ahnung. Sie hob eine Schulter. „Eine Westruther erwartet in der Ehe keine Liebe. Tatsächlich bin ich sogar der Ansicht, dass es so für beide Seiten angenehmer sein muss.“ Constantine betrachtete sie einen Augenblick, als wollte er etwas sagen. Dann jedoch schien er es sich anders zu überlegen und schwenkte nur seine Gabel. „Sie sollten das Kalbsfrikassee probieren. Es ist köstlich.“
Sie blickte auf ihren immer noch unberührten Teller. Normalerweise interessierte sie sich nicht für Essen. Im Gegenteil, meist musste man sie daran erinnern, etwas zu sich zu nehmen.
„Sie klingen genau wie meine alte Kinderfrau. Sie hat mich auch immer zum Essen angehalten“, sagte sie und griff nach dem Besteck. Was für ein Vergleich! Es wäre schwer, jemanden zu finden, der ihrer runden, gemütlichen alten Kinderfrau weniger ähnelte als dieser wilde schöne Mann.
„Ein gutes Essen zählt zu den größten Annehmlichkeiten des Lebens“, sagte Constantine. „Im Gegensatz zu anderen genussfreudigen Lastern hat es zudem den Vorteil, niemandem zu schaden.“ Er zuckte seine Schultern. „Also, warum greifen Sie nicht zu?“
Sie fragte sich, ob sich seine Einladung nur auf die Freuden der Küche bezog. Dann bemerkte sie das Glitzern in seinem Blick und war sich sicher, dass sie das nicht tat.
Jane betrachtete ihren Teller. Sie fühlte sich wie Eva im Paradies, der gerade die Schlange mit dem Apfel begegnet war.
Ein wenig trotzig spießte sie ein Stückchen Kalbfleisch auf und führte den Bissen zum Mund. Sie konnte das Stöhnen kaum unterdrücken, als der Geschmack in ihrem Mund förmlich explodierte. Nach all den milden Speisen, die sie gewohnt war, war er beinahe zu intensiv.
„Und?“, fragte Constantine.
Sie schluckte und zwang sich, gleichgültig zu tun.
„Recht ordentlich“, brachte sie hervor.
Er runzelte die Stirn. „ Ordentlich?“
Jane bemühte sich, ihren unschuldigen Gesichtsausdruck zu wahren. Doch anscheinend hatten ihre Züge die Wahrheit bereits verraten, denn auf Constantines Gesicht breitete sich ein breites Lächeln aus. Sein Blick schien sich auf ihren Mund zu konzentrieren. Hatte sie dort einen Soßenfleck? Verlegen leckte sie sich die Lippen.
Seine Augen glühten, doch seine Stimme blieb nonchalant. „Ich würde Sie ja gerne dafür tadeln, dass Sie die Begabung einer Meisterköchin herunterspielen, Lady Roxdale, aber mir ist auch klar, dass sie eher zu bedauern sind.“ Er schüttelte den Kopf. „ Ordentlich! Sagen Sie das nur nicht der Köchin. Sie würde auf der Stelle kündigen und dann wäre ich gezwungen, ihr zu folgen.“
Jane kostete einen weiteren Bissen und unterdrückte dabei tapfer jede Spur von Genuss. Er hatte recht! Ihr war nicht bewusst gewesen, was sie bisher verpasst hatte. Fredericks Arzt hatte ihm schon vor Jahren üppige Speisen verboten und es war ihr nicht recht vorgekommen, sich raffinierte französische Köstlichkeiten servieren zu lassen, während Frederick gekochten Hammel mit Erbsen aß.
„Ich glaube, die Köchin wird sich mit Ihrem vollmundigen Lob begnügen müssen, Sir“, sagte sie und nahm einen Schluck Wein. Sie runzelte überrascht die Stirn. „Stammt der aus unserem
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