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Der Lord und die Betrügerin

Der Lord und die Betrügerin

Titel: Der Lord und die Betrügerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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sie hätten laufen sollen. In der letzten Nacht hatte sie mit ihrem »Ehemann« geschlafen und konnte jetzt sogar schon schwanger sein von ihm. Ihr Mund wurde bei diesem Gedanken staubtrocken. Und was dann? Was dann?
    Nein! An so etwas durfte sie nicht denken. Beeile dich, Kiera. Du hast nicht viel Zeit. Irgendwann wird er aufwachen. Du musst Elyn finden.
    Sie stand entschlossen auf und schwankte. Tief holte sie Luft. Sie musste diese Dinge bereinigen. Nun, wenigstens, so gut sie das konnte. Sie nahm das fleckige Hemd vom Boden und zog es über den Kopf. Aus den Augenwinkeln entdeckte sie Elyns Hochzeitskleid. Sie schauderte, dann sagte sie sich, dass sie dieses entsetzliche Kleid nie wieder tragen würde. Auch nicht zur Not oder vorübergehend. Es musste doch noch etwas anderes geben, das sie anziehen konnte. Mit nackten Füßen lief Kiera zu dem kleinen Alkoven, in dem Elyn ihre Kleider aufbewahrte. Alle Tuniken und Kleider hatten die lebhaften Farben, die ihre Schwester so liebte. Roter Lincolnsamt, gelber Damast, tiefblaue Seide... Unvermittelt stellte sie sich Elyn ganz in ihrer Nähe vor, und sie fühlte eine tiefe, unerträgliche Scham über das, was sie getan hatte. Ein dicker Kloß saß in ihrem Hals, aber sie empfand auch Zorn. Denn immerhin hatte Elyn sie ihrem Schicksal überlassen.
    Ich verfluche dich, Elyn, wo bist du ?
    Weshalb bist du noch nicht zurückgekehrt? Vielleicht hast du ja nicht geglaubt, dass ich deinen Platz einnehme. Vielleicht hast du nicht erwartet, dass ich deinen Plan ausführe.
    Aber warum hatte Elyn sie dann gestern am frühen Morgen in ihrem Zimmer besucht? Und was noch viel wichtiger war, dachte Kiera zornig, warum hatte sie sie überhaupt in diese unmögliche Situation gebracht? Alles, was hatte schief gehen können, war schief gegangen, und zwar gründlich schief.
    Ohne Antworten auf ihre Fragen zerrte Kiera wütend die erste Tunika hervor, die sie greifen konnte. Dann schlich sie geräuschlos zur Seite des Bettes, wo sie die Fläschchen versteckt hatte. Dabei weigerte sie sich, den Mann anzuschauen, der so friedlich in Elyns Bett schlief. Sie musste die Fläschchen an sich nehmen, denn es bestand die Möglichkeit, dass er aufwachte und sie womöglich fand.
    Eines der Fläschchen entdeckte sie in der Nähe der Wand neben dem Bett. Sie bückte sich, um es aufzuheben, gerade in dem Moment schnarchte Kelan laut und rollte sich in ihre Richtung, wobei seine Finger beinahe ihre Schulter berührt hätten. Sie erstarrte, bewegte sich nicht. Er murmelte etwas, und hinter seinen Augenlidern erkannte sie eine Bewegung.
    Sie versuchte es noch einmal, sie streckte den Arm aus - in der Sekunde, in der er aufseufzte und zu ihrem Entsetzen ein Auge öffnete.
    Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus.
    Langsam zog sie die Hand zurück und sah, wie sein Auge sich wieder schloss, als hätte er sie gar nicht gesehen.
    Sie durfte das Risiko nicht eingehen, dass er sie mit den beiden Fläschchen entdeckte. Sie konnte ihm erklären, warum sie aufgestanden war, dass sie den Drang verspürt hatte, zur Latrine zu gehen und sich zu erleichtern, oder dass sie nach ihrer Zofe schicken wollte. Aber sie hätte keine Entschuldigung dafür, ein Fläschchen Schweineblut in der Hand zu haben oder ein leeres kleines Fläschchen, in dem der Schlaftrunk gewesen war.
    Vorsichtig, ohne ein Geräusch zu machen, schob sie mit dem Fuß die Binsen zusammen und versteckte die beiden Fläschchen darunter. Dann hielt sie den Atem an und ging auf Zehenspitzen zur Tür.
    Kelan rührte sich nicht.
    Sie blieb an der Tür stehen und legte ein Ohr daran, um zu lauschen. Es wäre nicht gut, wenn jemand im Schloss beobachtete, dass sie aus Elyns Schlafzimmer schlüpfte. Durch die dicke Tür hörte sie keinerlei Geräusch, doch ihre Handflächen waren feucht, als sie den Riegel öffnete. Die Tür knarrte, als sie sich öffnete, und Kiera zuckte zusammen.
    Der Flur war leer und beinahe dunkel.
    Sie blickte ein letztes Mal über ihre Schulter zurück.
    Kelan rührte sich nicht.
    Ohne ein Geräusch betrat sie den Flur, mit einem leisen Klappen fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. Zwei Fackeln brannten im Flur, sie rußten und gaben nur wenig Licht. Aber die Geräusche des Schlosses am frühen Morgen waren zu hören, leise Unterhaltungen, Schritte und sogar leises Lachen drangen durch den dunklen Flur an ihre Ohren.
    Mit ängstlichem Herzen und einigen Schweißtropfen, die ihr über den Rücken rannen, eilte sie in ihr eigenes Zimmer und

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