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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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zu springen und zu schlürfen und zu schnaufen. Liebe war Adrians heimliche Schuld, Sex sein öffentlicher Stolz.
     
    Er schloß die Tür zum Umkleideraum und fächelte sich mit den Lavendelhandschuhen Luft zu. Das war knapp gewesen. Zu knapp. Je weiter er ging, um sich beliebt zu machen, desto mehr Feinde machte er sich auf dem Weg. Einmal am Boden, würden Bennett-Jones und die anderen nicht lange fackeln, ihn zu treten. So viel war sicher, die Tuntenpose war langsam ausgereizt, und eine neue mußte her, oder die Sache würde brenzlig.
    Eine Dienergruppe aus der Unterstufe trieb sich beim schwarzen Brett herum. Sie verstummten, als er näher kam. Einem von ihnen tätschelte er den Kopf. »Süße Kinder«, seufzte er, grub in seiner Manteltasche und zog eine Handvoll Kleingeld hervor. »Heute abend sollt ihr gespeist werden.«
    Ihnen die Münzen vor die Füße werfend, ging er weiter.
    Wahnsinnig, sagte er sich, als er zur Tür seines Zimmers kam. Ich muß einfach wahnsinnig sein.
    Tom war da, in einer Jogaposition, knabberte an seinen Zehennägeln und hörte
Aqualung
. Adrian sank in einen Sessel und nahm den Hut ab.
    »Tom«, sagte er, »du hast ein zertretenes Veilchen vor dir, ein ausgeblasenes Ei, eine ausgequetschte Tube.«
    »Ich habe einen warmen Bruder vor mir«, sagte Tom. »Was soll der Mantel?«
    »Du hast recht«, sagte Adrian. »Ich
bin
heute stupid. Wie jeden Tag. Stupid, stupid, stupid. Perfid solid mein Glied. Morbid, morbid, morbid. Rapid Abschied: Suizid. Mein ganzes Leben endet auf id. Kapiert?«
    »Was kapiert?«
    »Id. Freud. Du weißt schon.«
    »Oh. Stimmt. Ach ja. Id.«
    »Idealistischer Idiot, idiosynkratischer Idylliker. Alles
beginnt
auch mit Id.«
    »Alles beginnt mit ›ich‹, wolltest du sagen. Und das heißt Ego«, sagte Tom, während er einen Knöchel hinters Ohr steckte, »nicht Id.«
    »Na klar, schlau zu sein bedarf es wenig. Wenn du mir vielleicht mal aus diesem Mantel helfen könntest, ich fange an zu schwitzen.«
    »Tut mir leid«, sagte Tom, »ich sitze fest.«
    »Meinst du das ernst?«
    »Nein.«
    Adrian kämpfte sich aus seinem Kostüm heraus und in seine Schuluniform hinein, während Tom in einen halflotus zurückkehrte und seinen Tagesrapport ablieferte.
    »Ich war in der Stadt und hab mir heute nachmittag ein paar LPs gekauft.«
    »Nicht verraten«, sagte Adrian, »laß mich raten …
Parsifal
und
Lark Ascending

    »
Atom Heart Mother
und
Salty Dog

    »Knapp.«
    Tom zündete sich eine Zigarette an.
    »Weißt du, was mich bei dem Laden hier ankotzt?«
    »Die Gastronomie? Die qualvoll schlichten Uniformen?«
    »Auf der High Street bin ich Rosengard über den Weg gelaufen, und er wollte wissen, warum ich nicht das Spiel sehen würde. Was soll das?«
    »Du hättest ihn fragen sollen, warum
er
nicht da war.«
    »Ich sagte, ich sei gerade dorthin unterwegs.«
    »Rebell.«
    »Ich halte mich eben gern bedeckt.«
    »Also, ›ich bin gerade dorthin unterwegs‹ bürgt nicht gerade für Originalität, oder? Du hättest sagen können, das Spiel wäre zu aufregend gewesen, und deine Nerven hielten die Spannung einfach nicht aus.«
    »Hab ich aber nicht. Ich bin zurückgekommen, habe mir einen runtergeholt und das Buch ausgelesen.«
    »
The Naked Lunch?
«
    »Ja.«
    »Was hältst du davon?«
    »Schrott.«
    »Das sagst du bloß, weil du’s nicht verstanden hast«, sagte Adrian.
    »Ich sage das bloß, weil ich’s verstanden habe«, sagte Tom.
    »Ist ja auch egal, wir fangen besser an, Toast zu machen. Ich habe Bullock und Sampson eingeladen.«
    »Du hast
was

    »Wir schulden ihnen einen Tee auf dem Zimmer.«
    »Du weißt, daß ich Intellektuelle hasse.«
    »Du meinst, du haßt Leute, die schlauer sind als du.«
    »Ja. Ich nehme an, deswegen mag ich dich auch so sehr.« Tom starrte ihn gequält und verdruckst an.
    »Ich setze Wasser auf«, sagte er.
     
    Cartwright sah von
Chambers Enzyklopädie
hoch und murmelte: »Otto von Bismarck, geboren … geboren 1815, dem Jahr von Waterloo und dem Wiener Kongreß. Begründer des modernen Deutschland …«
    Ihm gegenüber standen Hunderte Bücher, von denen er, soweit er noch wußte, nur
Wer die Nachtigall stört
zusammen mit allen anderen in der Fifth Form seiner Prep School gelesen hatte. So ein Haufen Bücher, und das war bloß die Hausbibliothek. Die Schulbücherei hatte Tausende und Abertausende, und Universitätsbibliotheken … Die Zeit war so kurz, und sein Gedächtnis war so schwach. Was hatte Healey noch mal gesagt? Das

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