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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Hitze ihrer Gespräche waren sie etwas Körperlichem nie nahegekommen, aber der Gedanke breitete seine Flügel aus, wann immer sie beisammen waren.
    Er sah zu, wie sie in seinem Zimmer umherging, Sachen aufhob, untersuchte und dann am falschen Platz wieder abstellte.
    »Sie ist ruhelos, sie braucht einen ordentlichen Galopp über die Dünen«, sagte er.
    Sie trat ans Fenster.
    »Er bleibt wirklich liegen, nicht wahr?«
    »Wer?«
    »Der Schnee.«
    »Ich kann dabei aber nicht ruhig sitzen bleiben. Ich habe morgen Dienst und muß mir noch etwas ausdenken, damit die Jungs etwas zu tun haben. Der Rugbyplatz wird meterhoch bedeckt sein, wenn das so weitergeht.«
    »1974 war die Schule eine ganze Woche lang von der Außenwelt abgeschnitten.«
    »Und seitdem ist sie abgeschnitten geblieben.«
    Sie setzte sich aufs Bett.
    »Ich gehe am Ende des Jahres.«
    »Ehrlich? Warum?«
    »Ich bin dann fast zehn Jahre hier gewesen. Das reicht. Ich gehe nach Hause.«
    Jeder vom Personal sprach regelmäßig davon, am Jahresende aufzuhören. Es war ihre Art zu zeigen, daß sie nicht hängengeblieben waren, daß sie eine Wahl hatten. Es hatte nichts zu bedeuten, sie kamen immer zurück.
    »Aber wer wird den kleinen Lieblingen ihr Malz einlöffeln? Wer wird ihre Warzen bestreichen, die Stelle küssen und heile machen? Chartham braucht dich.«
    »Ich meine es ernst, Ade. Clare scheuert an ihrer Box.«
    »Na klar, es wird Zeit, daß dich endlich ein Hengst beschält«, stimmte Adrian zu. »Die Füllen hier waren eine große Enttäuschung, und das Personal besteht zur Gänze aus Wallachen.«
    »Bis auf dich.«
    »Oh, aber ich habe noch manche Rennsaison vor mir, bevor ich mir das Gnadenbrot verdiene. Wenn ich das Hindernisrennen von Cambridge gewonnen habe, werden meine Deckgebühren noch um einiges steigen.«
    »Du bist doch nicht schwul, Adrian?«
    Die Frage schreckte ihn auf.
    »Also«, sagte er, »ich weiß, was mir gefällt.«
    »Und gefalle ich dir?«
    »Gefällst du mir? Ich bin schließlich aus Fleisch und Blut. Wie könnte irgendwer keinen Schauer verspüren angesichts deiner zarten, fleischigen Gliedmaßen, deiner zuckenden Fesseln, deines zitternden Halses, deines glänzenden Hinterteils, deiner erbebenden, erschauernden Flanken?«
    »Dann fick mich, Herrgott noch mal. Ich werde wahnsinnig.«
    Trotz aller Worte hatte Adrian keine Erfahrung mit einem menschlichen Wesen des anderen Geschlechts, und bei den Verschlingungen mit Clare erstaunte ihn die Stärke ihres Verlangens. Er hatte nicht erwartet, daß Frauen wirklich denselben Trieb und dieselbe Begierde verspürten wie Männer. Jeder wußte schließlich, daß Frauen sich nach Persönlichkeit, Stärke und Sicherheit sehnten und sich nur dann mit der Notwendigkeit abfanden, penetriert zu werden, wenn das der Preis ist, den Mann zu halten, den sie liebten. Daß sie ihre Rücken durchbogen, die Lippen ihres Geschlechts weit aufsperrten und ihn hineindrängten, war etwas, auf das er nicht gefaßt war. Adrians Zimmer lag ganz oben in der Schule, und sie hatten die Tür abgeschlossen, aber er wurde das Gefühl nicht los, daß jeder ihr Jaulen und Wonnegebrüll hören konnte.
    »Bums mich, du Bastard, bums mich durch! Härter! Tiefer und härter, du Scheißhaufen. Gott, tut das gut!«
    Es erklärte all die Witze über Bettfedern. Das Geschlecht, an dem er bislang Anteil genommen hatte, entwickelte nicht diese kolossal stampfenden Rhythmen. Er merkte, daß er es immer schneller trieb und in ihr Schreien einfiel.
    »Ich … glaube … ich … komme … oooooooh … puuuuu-uh! … aaaaaah …«
    Er brach auf ihr zusammen, während sie zur Ruhe zuckte. Keuchend und schwitzend wanden sie sich zusammen in eine Art atemloser Stille.
    Sie packte ihn an den Schultern.
    »Du wunderbarer verfluchter Hurenbock. Mein Gott, hatte ich das nötig. Puuh!«
    »Wo du’s grade sagst«, japste Adrian, »ich glaube, ich auch.«
    In jenem Semester brachte Clare ihm eine Menge bei.
    »Sex ist bedeutungslos«, sagte sie, »wenn er schweigend und mechanisch ist. Man sollte drüber nachdenken und ihn planen wie eine Abendgesellschaft oder ein Kricketspiel. Ich sag dir, wann du ihn reinstecken sollst, wie sich das anfühlt, du sagst mir, wie du es magst, wann du kommst, wie ich mich bewegen soll. Denk immer dran, du hast noch nie etwas gedacht oder dir ausgemalt, was so schmutzig und pervers wäre, daß ich es mir nicht schon tausendmal vorgestellt hätte. Das stimmt bei jedem. Wenn wir aufhören, zu reden und Witze

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