Der Lüster - Roman
knarrte, jemand kam durch den Garten. Virgínia betrat das Esszimmer, ihr Gesicht klar und glänzend. Auf den Armen trug sie riesige trockene Äste für das Kaminfeuer.
»Das habe ich alles abgebrochen … schau mal, ich habe mich gekratzt!«, schrie sie fast und lachte, durch die Müdigkeit der Schwester hindurch.
»Du bist fröhlich«, sagte Esmeralda.
Ja, sie war fröhlich. Sie lachte unter Seufzern; die Freude verlieh ihrem langen Gesicht etwas Unvertrautes und Plumpes. Während sie die Äste in einem Winkel des Zimmers ablegte, bekam sie das Gefühl, in dieser Nacht wirklich auf Granja Quieta geschlafen zu haben. Sie hatten so viel gelacht, Esmeralda, sogar Daniel hatte lächelnd zugehört, die Mutter kaute dabei, blinzelnd vor Liebe zu Esmeralda. Und dann der Wein … sie trank ihn und erinnerte sich an das Abendessen bei Irene – wie glücklich sie damals gewesen war, dachte sie benommen. Am Fuß der Treppe hatte sie gute Nacht gesagt, aber ihr Wunsch war gewesen, hinauszugehen und loszulaufen, bis sich die Macht des Weines erschöpft hätte. Sie hatte sich hingelegt, schlaflos, klar und leicht auf dem Bett, als hätte sie nie geschlafen, als würde sie niemals schlafen. Unsere Familie kann so glücklich sein!, dachte sie. Die Welt drehte sich sanft in ihrer Brust, und sie hätte nicht sagen können, ob es sanfte Freude oder weiche Trauer war, was schon jetzt mit dem Wein durch ihre Blutbahnen schwamm. Sie hatten so viel gelacht … selbst Daniel hatte lächelnd zugehört … sie ließ die Szene ein weiteres Mal ablaufen, ein, zwei, viele Male. Selbst Daniel hatte gelächelt, selbst er hatte gelächelt. Sie wälzte sich im Bett. Ach, wie hatte sie schon gelebt …, sie vergrub den Kopf im Kissen, mit einem absurden Gefühl von Glück und Verstörtheit, lächelnd ohne Überraschung. Noch ein weiterer Moment jedoch, und die Empfindung löste sich auf, an ihrer statt blieb eine erwartungsvolle Dunkelheit im Inneren des Kissens, als wartete sie darauf, dass ihr von einem Augenblick auf den nächsten etwas Unerhörtes und Flüchtiges wieder einfiele. Sie hob die Stirn, den großen Körper auf die Ellbogen gestützt, aufmerksam wie ein Hund, der einen Fremden wittert. Dann ließ sie den müden Kopf erneut sinken und dachte lange Zeit an nichts. Als sie die Augen wieder öffnete, wurde ihr bewusst, dass sie in Wirklichkeit gedacht hatte, gedacht und nochmals gedacht, hartnäckig, leicht und lautlos, und zwar an diese seltsame Szene: ein Mann, der unterwegs einen anderen Mann traf, beide blieben in der Dunkelheit stehen, sahen sich gelassen an und verabschiedeten sich vor einer hohen weißen Mauer; die Männer trafen sich, wechselten einen Blick, verabschiedeten sich vor der weißen Mauer; die Männer trafen sich … Ein Ton lief darunter ab, und damit unterstrich sie kleine Bedeutungen ohne Worte, tüpfelte sich mit Nachdruck oder Zweifel, und das war letztlich ihre Haltung und ihre »Art zu sein«. Sie fühlte sich fast immer gut. Wasser floss zitternd durchs Innere des Hauses, vibrierte in der Luft. Allmählich kam fern und trocken die Verzweiflung just aus dem reglosen Wohlgefühl und aus der Leere der Nacht ohne Zukunft, sie schien zu fühlen, dass sie sie nie mit den folgenden Tagen würde mischen können, nicht einmal mit den neuen Schlaflosigkeiten. Eine nutzlose Lichtung tat sich auf, sie hielt mitten auf der Reise inne, ohne es zu wollen, vielleicht für immer. Aber die Nacht war lang wie ein Leben, das zögert. Sie schlief ein, weil es etwas gab, das mit offenen Augen nie zu erreichen sein würde. Sie träumte, dass sie draußen auf dem Feld lag, die Haut unter dem Wind spürte eine langgezogene Lust, hoch, rosig, auf tiefe Art diffus, ein langsames Genießen in dem Körper ohne Kraft, als lebte sie genau den Augenblick, der sich herausbildete und erstarb, der sich herausbildete … erstarb, der sich herausbildete … erstarb, einatmend und ausatmend, die Zeit markierend mit dem klaren, vollen, frischen Puls des Herzens. Im Traum hatte sie das im Überfluss, was im Wachen eine zerrissene und unwägbare Empfindung gewesen wäre, dort, wo es so viele Unmöglichkeiten zu überwinden hätte, dass es nur als Vorahnung aufkäme, als irgendein Vergessen, als Schweigen, fast die Luft um sie herum. Was sie in der Nacht so groß träumte, würde tagsüber kaum mehr sein als das Pochen einer Ameise auf dem Feld. Sie schlief, den Kopf im Kissen versunken; und aus ihrer Hingabe mit blassen Lippen stieg ein
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