Der Lüster - Roman
die Einsamkeit drangen von weitem an ihr Ohr wie ein klarer Hauch. Der leichte Augenblick würde fliehen, ohne die Erinnerung irgendeines Menschen auf der Welt zu berühren, und sie würde niemals imstande sein, ihn weiterzugeben, er bliebe den Gesten und dem Blick verborgen. Nur sie allein würde ihn behalten wie einen Punkt voller Heftigkeit, einen hitzigen weißen Stern in der Mitte des Körpers. Und unnütz wären auch andere menschliche Augen, weil nur sie selbst begreifen könnte, dass es in Wirklichkeit, im letzten Sonnenschein, auf dem langen grünen Feld, in der tiefsten Wirklichkeit so war, als brächte sie ein endlich nacktes Wesen ins ferne Licht, und die Beine würden dabei an der Wurzel des Körpers erlöschen, die Brüste weiter vorrücken, hoch, durchscheinend, kalt – das war der reine Schwung, allerdings ein falscher. Nur sie selbst würde begreifen. Und weil sie in sich etwas schuf, kam daher die Anmut, mit der sie in diesem Augenblick ihre Schritte setzte. Sie versuchte, allein zu lachen, denn sie wollte sich gerne hören, und in diesem Moment hätte sie vielleicht noch ein neues Lächeln erfinden können. Ihr leichtes Auflachen erschreckte sie mit merkwürdiger Boshaftigkeit, es zitterte in der Luft wie die Knospen einer Rose, die sich im Stillen ein Stück weit öffnete, die Eigentümlichkeit der kühlen Luft auf dem Fleisch des Gesichts. Sie wandte sich um, der Wind bedeckte ihre Wangen mit rauem Haar, sie sah, dass der Weg sich entfernt hatte, eine rote Schnur, für immer verloren, das Herz erschrak aufmerksam, umsichtig. Die Berge vor ihr waren immer noch unwirklich, und sie würde sie niemals erreichen. Losgelöst auf der Wiese überkam sie mit einem Mal eine langsame, ernste Angst, die sich in das fröhliche Ereignis mischte, eine Angst, über die Linie der Lust zu springen und plötzlich zu versinken im Weiten, Tiefen, Dunklen wie das Meer … Und über diesem Meer schwebte die kalte Lust, die sich zu Nadeln aus Eis schärfte und die zerspringen würde wie ein Glanz, der erlischt – da presste sie die Lippen zusammen, und sie hörten mühselig auf zu lächeln, trocken und rein. Sie senkte für einen Moment die Augen. Als sie den Blick wieder hob, wollte sie in Feierlichkeit und Trauer auf die Wiese schauen, um das Übermaß an Fülle abzuwenden, das so schwer zu ertragen war, und so sah sie es an, weil ihr feierlich und traurig zumute war.
Die Rückkehr wurde eine Qual, ohne Schwung und ohne Ekstase. Ihr war, als kröche sie durch den Staub, die Nacht brach herein, sie hielt immer wieder an, mit schmerzenden Füßen, verzweifelt. Sie setzte sich ein wenig an den Wegesrand, die Wolken wurden dunkler, die Zweige schaukelten, ein ruhiges Rauschen; sie kniff die Augen zusammen, da sie fürchtete, in Tränen auszubrechen. Sie war durstig, und da sah sie einen Bach, der neben dem Weg dahinlief, aber die Flüssigkeit war müde und lauwarm, sie hinterließ in ihrem durstigen Mund ein zähes Gefühl, anstatt sie mit kühlen Schauern anzustacheln. Alles begann sich zu leugnen, alles bewahrte seine Seinsqualitäten, die Nacht senkte sich herab. Ihr schien immer unmöglicher, es bis zum Hof zu schaffen, sie hob den schweren, verschwitzten Körper und sah nichts als den Weg, Biegung um Biegung, sich verschließend wie ein Ende, das sie hoffnungsvoll zu erreichen suchte, das aber gar kein Ende war, das vielmehr offen war als neuer Weg, schon dunkel, langsam und schwankend wie ein Albtraum. Düsternis legte sich bläulich über die Berge; im Halbdunkel lebten die Leuchtkäfer in einem farblosen Augenblick des Flugs, der spitze, energische Gesang eines Vogels durchstieß wie eine schräge Flugbahn die Ferne. Habe ich mich verlaufen?, fragte sie sich in äußerster Verwirrung … Arrh, sagte sie absurderweise, während sie unsagbar und losgelöst weiterging, arrh! Die nackten Füße brannten, und ihr kleiner Zeh blutete, schwarz vor Staub. Immer wieder stolperte sie vor Entmutigung und Schrecken, hielt manchmal für einen Augenblick inne, nur um zu lauschen – nichts war zu hören, die Grillen zirpten bebend, hart, unablässig, das Halbdunkel war schwindelig, so vage, einem Sehfehler gleich, sie rieb sich die Augen, fand aber erneut die graue und kalte Luft voller neuer Geräusche aus dem Wald, die Bäume knarrten dazu. Im tiefsten Inneren war ein weiteres Mal sie es gewesen, die gewagt hatte, sich über das hinauszuheben, was sie eigentlich vermochte, von neuem war sie es gewesen, die den Moment
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