Der Lüster - Roman
klopfte damit gegen die andere, geschlossene Hand, in einer Geste, die den anderen vertraut war, für sie aber neu, ausgewogen, auf angespannte Weise elegant und unliebsam. Entsetzlich glücklich, so fühlte sie sich und übertraf sich, als ringe sie mit dem Tod.
Schwer von Müdigkeit und Wein, Orte und Situationen in unverbundenen Etappen erreichend, so erhob sie sich mit den anderen vom Tisch, schwer von Traurigkeit. Sie sah Vicente an und fühlte sich außerordentlich fraulich und nachdenklich. Seine Augen glichen beleuchteten Wänden, sie zogen das Licht auf sich, aber sie ließen sich nicht durchdringen. Diese Art, sie vor anderen zu behandeln. Als hätte sie ihn irgendwann zu etwas genötigt, und jetzt wäre es unvermeidlich, auf verhasste Weise unvermeidlich – er lehnte sich gegen sie auf wie gegen eine Familie. Zornig, in stummer Heftigkeit musterte sie ihn distanziert: Was verbindet mich überhaupt mit ihm? habe ich nicht mein eigenes Zimmer? schlafe ich nicht meine eigenen Nächte? Der Zeitungsverleger stand auf, die Serviette fiel herunter, er bückte sich, stand wieder auf, schlug mit dem Kopf gegen die Tischkante!, er guckte ein wenig entgeistert, ohne die geringste Freude, die Serviette in der Hand, seine schlaffen Lippen glänzten, alle sahen hin, sprachen über verschiedene Dinge.
»Das Lächerliche kann so gut sein, oder?« Mit plötzlicher Kraft gelang es ihr, sich in treffenden Worten zu sammeln, während sie Vicente unauffällig in die Rippen stieß und dabei wieder eine Verwirrung spürte, eine außerordentliche Annäherung an die Tatsache, Frau zu sein, gelebt zu haben, ein Gefühl für sich selbst. »Manchmal ist es einfach gut, oder?« – der Wein ließ sie sich leicht erscheinen, Vicente musterte sie überrascht, zog dann sanft den Körper zurück, als müsste er ihn dem Stuhl zuwenden, auf den er sich jetzt stützte, vielleicht sollte sie ihn schütteln, sollte sagen: Erkennst du mich nicht, weißt du nicht, wer ich bin, erinnerst du dich nicht? aber er lächelte ein wenig mit den Augen, gerade genug, dass es ihr die Kraft nahm; er schaffte es immer wieder, dass »davon« kein Gebrauch gemacht werden konnte; schon jetzt, nach diesem halben Lächeln, auch wenn sie beide wussten, wie falsch es war, konnte sie ihn nicht mehr schütteln oder ihm sagen, wer sie sei, nicht einmal mit einem Blick; aber das Lächerliche war lustig, Daniel hätte dem zugestimmt. Und sie verstand es, sich in ihrem weißen Kleid zwischen den schönen dunklen Möbeln zu bewegen, sie erfasste sie mit einem Blick, sah mit geschlossenen Augen die eigene Harmonie mit den Dingen, in einer Wahrnehmung, die von außen nach innen lief, über eine Gnade, gewährt von seltsamen Schwingungen. Als sie den Blick durch den Salon schweifen ließ, wurde deutlich, als könnte es den ganzen Abend erklären, wurde deutlich, dass sie Adriano nicht mochte; er weckte in ihr Unbehagen und Überraschung, wie das ungute Gefühl, das man angesichts von etwas Schlechtem bekommt. Er ist mein Freund, sagte Vicente kurz angebunden, schnitt ihr damit eine Frage ab, die sie gerade stellte, über ihn gebeugt, in den Augen eine blinzelnde Neugier, die er nicht ausstehen konnte. Sie mochte ihn nicht. Aus einem verblüffenden Grund – entdeckte sie wach in diesem Moment –, weil er in der Nähe gewesen war, als sie Vicente kennengelernt hatte … Und das hatte ihn ausgeschlossen. Aber … nein, das konnte es nicht sein … Aber doch, das war es tatsächlich. Manchmal half ihr Adriano unmerklich zu leben. In seiner Anwesenheit schien sich zum Beispiel Vicente auf irgendeine rätselhafte Weise mehr für sie zu interessieren. Und Virgínias Haltung war ein schwieriges Begreifen dieser Hilfeleistung. Sie sah ihn an. Er selbst war kühl und zart – ja, seine Hände waren kühl –, und er beobachtete Virgínia mit einer Aufmerksamkeit, die sie jedoch nicht verletzte. Als wäre es deswegen, gab sie sich in seiner Anwesenheit unerklärlicherweise besonders grob und ironisch, versuchte mit einer gewissen Fassungslosigkeit und Lust, sich schlechter zu zeigen, als sie war, kaute beim Abendessen mit offenem Mund, kratzte sich sogar am Kopf wie jetzt eben, mit einer undurchsichtigen Freude.
»Deine Blumen fallen gleich runter«, sagte er.
»Ah … danke, mein Lieber, die sind von Vicente.«
»Ich weiß. Ich war dabei, als er sie gekauft hat.«
Ach ja? und jetzt wurde spürbar, dass Vicente ohne Adriano niemals daran gedacht hätte, ihr Blumen zu
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