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Der Lustmolch

Der Lustmolch

Titel: Der Lustmolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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zuviel Zeitaufwand. »Fahren Sie nach Hause, Joe. Sie sollten Ihre Töchter im Augenblick nicht allein lassen. Betsy, haben Sie 'n Auto?«
    Ohne die Hand vom Gesicht zu nehmen, sagte sie: »Ich wohne nur zwei Querstraßen weiter.«
    »Dann gehn Sie nach Hause. Und zwar gleich.« Theo drehte sich um und ging zu seinem Volvo zurück. Dem Vorwurf allzu großer Cleverneß war Theo noch nie ausgesetzt gewesen (außer einmal bei einer Collegeparty, als er aus einer Zwei-Liter-Colaflasche und einem Bic-Kugelschreiber eine behelfsmäßige Wasserpfeife zusammengebastelt hatte), doch nun fühlte er sich ausgesprochen dämlich angesichts der Tatsache, daß er Bess Leanders Tod nicht eingehender untersucht hatte. Sich für einen Job anheuern zu lassen, weil man in dem Ruf stand, ein Trottel zu sein, war eine Sache. Diesem Ruf gerecht zu werden war etwas ganz anderes.
    Morgen, dachte er. Erst mal geht's darum, den Jungen zu finden.
    MOLLY
    Molly stand zusammen mit den beiden pastellfarbenen christlichen Damen im Schlamm und betrachtete den Drachen-Trailer.
    »Spüren Sie's?«
    »Na ja, was um alles in der Welt meinen Sie denn damit?« sagte Marge. »Das ist doch nur ein dreckiger alter Trailer - oh, entschuldigen Sie -, ich meinte, ein Heim auf Rädern.« Bis vor einer Sekunde war sie lediglich darüber besorgt gewesen, daß sie mit ihren puderblauen Absätzen in den feuchten Lehm einsank. Doch nun standen sie und ihre Kollegin vor dem Drachen-Trailer und starrten ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    Molly war sich absolut sicher, daß die beiden es spürten. Sie spürte es auch: eine unterschwellige Zufriedenheit, etwas, das mit Sexualität zusammenhing - nicht direkt Freude, aber etwas, das dem sehr nahekam. »Sie spüren es?«
    Die beiden Frauen schauten einander an und versuchten sich nicht anmerken zu lassen, daß sie überhaupt etwas empfanden. Doch ihre Augen waren glasig, als stünden sie unter Drogen, und sie trippelten nervös herum, als ob sie versuchten, ein
    Kichern zu unterdrücken. Katie, die Pinkfarbene, sagte: »Vielleicht sollten wir den Leuten hier einen Besuch abstatten.« Zögernd machte sie einen Schritt vorwärts in Richtung auf den Drachen-Trailer.
    Molly trat ihr in den Weg. »Da ist niemand zu Hause. Man bekommt nur so 'n Gefühl. Sie beide sollten jetzt besser losgehen und Ihre Petition ausfüllen.«
    »Es ist schon spät«, sagte die Puderblaue. »Für einen Besuch reicht's vielleicht gerade noch, und dann müssen wir los.«
    »Nein!« Molly verstellte ihnen den Weg. So spaßig, wie sie sich die Angelegenheit vorgestellt hatte, war das Ganze auf einmal doch nicht mehr. Sie wollte die beiden nur erschrecken, aber nicht, daß ihnen etwas passierte. Und nun hatte sie das ganz sichere Gefühl, daß, wenn die beiden dem Drachen-Trailer auch nur noch ein Stückchen näher kamen, die Kampagne für das Schulgebet zwei gutfrisierte Fürsprecher verlieren würde. »Sie gehen jetzt besser nach Hause, und zwar alle beide.« Molly packte sie an der Schulter, führte sie zurück zur Straße und schob sie zur Einfahrt des Trailer-Parks. Sehnsuchtsvoll verdrehten die beiden Damen die Hälse und schauten zurück zu dem Drachen-Trailer.
    »Ich spüre, wie sich der Geist in mir regt, Katie«, sagte Marge.
    Molly gab ihnen noch einen letzten Stoß. »Na wunderbar. Wie schön für Sie. Und jetzt ab durch die Mitte.« Ausgerechnet von ihr wurde immer behauptet, sie hätte nicht alle Tassen im Schrank.
    »Los, los, los«, sagte Molly. »Ich muß Stevie sein Abendessen machen.«
    »Es tut uns so leid, daß wir Ihren Jungen nicht getroffen haben«, sagte Molly. »Wo ist er überhaupt?«
    »Hausaufgaben machen. Bis dann. Bye.«
    Molly schaute den Frauen hinterher, wie sie zur Wohnwagensiedlung hinausgingen und in einen neuen Chrysler Mini-Van einstiegen. Aus irgendeinem Grund hatte sie plötzlich keine Angst mehr.
    »Du hast wohl Hunger, Stevie?«
    Der Drachen-Trailer veränderte seine Gestalt. Aus Ecken und Kanten wurden Rundungen, und die Fenster wurden wieder zu Augen, die jedoch nicht mehr so intensiv glänzten wie am frühen Morgen. Molly sah die verbrannten Kiemen, den Ruß und die Brandblasen zwischen den Schuppen. Verschwommene blaue Streifen schimmerten an den Flanken des Drachen und verblaßten wieder. Molly spürte, wie ihr vor Mitleid das Herz schwer wurde. Dieses Ding, was immer es auch sein mochte, hatte Schmerzen.
    Sie ging ein paar Schritte näher heran. »Stevie paßt irgendwie nicht richtig zu dir, dafür

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