Der Lustmolch
Gewissen angesichts der Art und Weise, wie er Molly behandelt hatte: herablassend und altväterlich, ganz genau so, wie viele Leute ihn behandelten, wann immer er versucht hatte, etwas anderes zu sein als ein Kiffkopf und eine Marionette.
Vor einem Bücherregal voller Videos ging er auf die Knie, fand eine Kassette mit dem Etikett »Kendra - Warrior Babe of the Outland (english)«, schob sie in den Videorecorder und schaltete den Fernseher ein. Dann knipste er das Licht aus, legte seine Pistolen auf den Couchtisch und legte sich auf Mollys Sofa, um zu warten, bis sie wiederkam. Eine halbe Stunde lang schaute er sich an, wie die durchgeknallte Lady von Pine Cove sich mit Mutanten und Sandpiraten herumschlug, bis er schließlich einschlief. Die Erholung, die sein Verstand angesichts seiner Probleme nun brauchte, konnte ihm kein Film bieten.
»Hallo, Theo.«
Theo schreckte aus dem Schlaf hoch. Das Zimmer war noch immer ins Flackerlicht des Films getaucht, also konnte er nicht allzulange geschlafen haben. Sie stand im Türrahmen, halb im Schatten, und sah der Frau auf dem Bildschirm mächtig ähnlich. An ihrer Seite hing ein Sturmgewehr herunter.
»Molly, ich habe auf dich gewartet.«
«Wie hat's dir gefallen?« Sie nickte in Richtung Fernseher.
»Super. Ich wußte ja gar nicht . Ich war einfach so müde ...«
Molly nickte. »Ich brauche nicht lange. Ich wollte mir nur ein paar saubere Sachen holen. Du kannst ruhig hierbleiben.«
Theo wußte nicht, was er tun sollte. Es schien nicht gerade der angemessene Moment, um sich eine der Pistolen auf dem Couchtisch zu schnappen. Die ganze Situation erschien ihm eher peinlich als bedrohlich.
»Danke«, sagte er.
»Es ist der letzte, Theo. Nach ihm gibt's keine mehr von seiner Sorte. Seine Zeit ist vorbei. Ich denke, das ist es, was wir gemeinsam haben. Du weißt ja, wie es ist, wenn man außer einer glorreichen Vergangenheit nichts hat, oder?«
»Ich hab, glaube ich, noch nicht mal das.«
»Das ist einfacher, denn da kann's ja nur bergauf gehen und nicht bergab. So ein Abstieg ist eine finstere Angelegenheit.«
»Wieso? Warum? Wie? Was ist er?«
»Kann ich nicht genau sagen. Ein Drache vielleicht. Wer weiß?« Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen und seufzte. »Aber irgendwie weiß ich, was er denkt. Das liegt vermutlich daran, daß ich verrückt bin. Wer hätte je gedacht, daß mir das mal was nützen würde, hm?«
»Red nicht so über dich, du bist gesünder im Kopf als ich.«
Molly lachte, und Theo sah, wie ihr Filmstargebiß im Licht des Fernsehers leuchtete. »Du bist ein Neurotiker, Theo. Ein Neurotiker ist jemand, der denkt, mit ihm stimmt was nicht, aber alle anderen denken, er ist normal; ein Psychiater denkt, er ist normal, aber alle anderen denken, irgendwas stimmt nicht mit ihm. Mach mal 'ne Umfrage bei den Leuten von hier, ich bin sicher, ich lande in der zweiten Kategorie, glaubst du nicht auch?«
»Molly, was du da machst, ist gefährlich. Du spielst mit dem Feuer.«
»Er wird mir nichts tun.«
»Es ist nicht nur das, Molly. Du kannst schon dafür ins Gefängnis wandern, weil du mit 'nem Maschinengewehr rumläufst. Es werden Leute umgebracht, stimmt's?«
»Kann man so sagen.«
»Das ist es, was mit Joseph Leander und den Typen passiert ist, die in der Drogenküche gearbeitet haben, stimmt's? Dein Kumpel hat sie gefressen.«
»Die wollten dir was antun, und Steve hatte Hunger. Ich fand, das paßte ganz prima.«
»Molly, das ist Mord!«
»Theo, ich bin verrückt. Was kann man mit mir schon machen?«
Theo zuckte mit den Achseln und ließ sich wieder auf die Couch zurücksinken. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Im Augenblick gibt's ohnehin nichts, was du tun kannst. Also ruh dich erst mal aus.«
Theo ließ den Kopf in die Hände sinken. Sein Handy, das noch immer in seiner Hemdtasche steckte, begann zu klingeln. »Jetzt könnte ich wirklich einen Zug aus der Pfeife vertragen.«
»Im Schrank über der Spüle stehen noch ein paar Vernunft schlümpfe - Neuroleptika und Antipsychotika, die Dr. Val mir gegeben hat. Bei mir haben sie Wunder vollbracht.«
»Wie man sieht.«
»Dein Telefon klingelt.«
Theo zog das Telefon aus seiner Tasche, klappte es auf und drückte den Sprechknopf, um zu sehen, welche Nummer auf dem Display erschien. Es war Sheriff Burtons Handy-Nummer. Mit einem Knopfdruck unterbrach Theo die Verbindung.
»Ich bin volle Kanne am Arsch«, sagte Theo.
Molly nahm Theos .357 Magnum vom Tisch, richtete
Weitere Kostenlose Bücher