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Der Lustmolch

Der Lustmolch

Titel: Der Lustmolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Zypressennadeln, um zu schlafen und seine Wunden heilen zu lassen. Irgendwo in seinem Hirn wurde, just in dem Augenblick, als er einschlief, ein Alarm in Form von Furcht ausgelöst. In den fünftausend Jahren seiner Existenz hatte er niemals Überlegungen über ein »Später« oder »Vorher« angestellt, sondern immer nur über das Jetzt. Seine DNS hatte sich selbsttätig neu organisiert und sich so an Veränderungen angepaßt, ohne die Lebenszyklen von Generationen abzuwarten - insofern war er ein einmaliger Organismus -, doch das Konzept von Zeit, von Erinnerung auf einer höheren als der zellulären Ebene, war eine neue Wandlung. Durch seinen Kontakt mit Molly entwickelte er ein Bewußtsein, und die Natur, pragmatischer Mechanismus, der sie nun mal ist, versuchte ihn zu warnen. Das Alptraumwesen war kurz davor, einen Alptraum zu haben.
    VAL
     
     
    Ist das ein Rendezvous? Val saß allein an einem Tisch im hinteren Bereich von H. P.'s Cafe. Sie hatte ein Glas des hiesigen Chardonnay bestellt und versuchte sich eine Meinung zu bilden, die ihre Empörung in angemessene Worte kleidete, doch unglücklicherweise war der Wein ganz gut. Sie trug ein leichtes Abend-Make-up und ein unauffälliges Kostüm aus Indigo-Rohseide in Kombination mit einer einreihigen Perlenkette, um auf diese Weise optisch nicht allzusehr mit ihrem Rendezvous zu kollidieren, von dem sie wußte, daß es in Jeans oder Khakihosen auftauchen würde. Ihr Rendezvous? Wenn das ein Rendezvous ist, wie tief bin ich dann gesunken, fragte sie sich selbst. Dieses billige Cafe in diesem billigen kleinen Nest. Herumsitzen und Warten auf einen Mann, der noch nie in seinem Leben einen Frack oder eine Rolex getragen hat, und sie freute sich auch noch drauf.
    Nein, es ist kein Rendezvous. Es ist einfach nur ein Abendessen. Ausnahmsweise mal nicht alleine essen. Auf Spritztour in den Slums der Heimatverbundenen und Gutnachbarlichen, das war's. Eine satirische Kunstperformance namens Folie Bourgois Brat'ühnere. Es ging ja noch an, hier bei einer Tasse Kaffee seine Fachzeitschriften zu lesen, aber ein Abendessen?
    Gabe Fenton kam zur Tür herein, und Val spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie sah, wie die Bedienung auf ihren Tisch zeigte. Dann tauchte Theo Crowe hinter ihm auf und folgte ihm durch das Restaurant, und Panik schoß ihr das Rückgrat hinauf. Dies war definitiv kein Rendezvous.
    Gabe lächelte, und die Fältchen um seine Augen verzogen sich, als würde er gleich lauthals loslachen. Er streckte ihr die Hand entgegen. »Hallo. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, daß ich Theo gebeten habe, uns Gesellschaft zu leisten.« Seine Haare waren gekämmt, ebenso sein Bart, und er trug ein ausgebleichtes, aber immerhin sauberes Cambrai-Hemd. Nicht gerade umwerfend, aber immerhin ein gutaussehender Bursche, wenn auch ein wenig hausbacken.
    »Aber nein«, sagte Val. »Bitte nehmen Sie doch Platz, Theo.«
    Theo nickte und zog noch einen Stuhl an den Tisch, der nur für zwei Personen gedeckt war. Die Bedienung kam angerauscht und trug noch ein weiteres Gedeck auf, bevor sich alle setzten. »Tut mir leid, daß ich so mit reinplatze, aber Gabe hat darauf bestanden«, sagte Theo.
    »Aber nicht doch. Leisten Sie uns Gesellschaft, Constable.«
    »Sagen Sie doch Theo, bitte.«
    »Also gut, dann Theo«, sagte Val und rang sich ein Lächeln ab. Was jetzt? Das letzte Mal, als sie mit diesem Mann gesprochen hatte, stand ihr Leben hinterher Kopf. Sie stellte fest, daß sie Gabe gegenüber Ressentiments aufbaute, wie sie normalerweise nur in Beziehungen auftreten, die schon eine lange Zeit dauern.
    Theo räusperte sich. »Ach, Doktor, können wir wieder die Geschichte mit der ärztlichen Schweigepflicht aufrollen?«
    Val nickte Gabe zu. »Das macht man gemeinhin im Rahmen einer Sitzung. Und nicht beim Abendessen.«
    »Okay, dann sagen Sie einfach gar nichts, aber Joseph Leander hat seine Frau ermordet.«
    Val sagte nicht: »Wow.« Beinahe zwar, aber dann doch nicht. »Und das wissen Sie aus welchem Grund?«
    »Aus dem Grund, weil er mir's gesagt hat«, erklärte Theo. »Er hat ihr einen Fingerhut-Tee verabreicht. Offensichtlich kann das zu Herzversagen führen und ist obendrein kaum nachweisbar. Danach hat er sie im Eßzimmer aufgehängt.«
    »Also haben Sie ihn verhaftet?«
    »Nein, ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Aber Sie haben einen Haftbefehl ausgestellt oder was immer sie in so einem Fall machen?«
    »Nein, ich bin

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