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Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Prolosiedlung am westlichen Stadtrand zu wohnen, nur ein paar Kilometer von dort, wo er aufgewachsen war. Über Geschmack, hatte Ransome den Eindruck, ließ sich wirklich nicht streiten.
    Der Detective nahm nicht an, dass Chib sich länger im Museum aufhalten würde – bei jemandem wie ihm musste Kunst wie Kryptonit wirken. Er würde entweder durch den Haupteingang oder durch die Tür in den Gardens herauskommen. Ransome wusste, dass er eine Entscheidung treffen musste. Aber andererseits … was spielte das bei Licht betrachtet schon für eine Rolle? Die Treffen, die Chib vereinbart hatte – diejenigen jedenfalls, von denen Ransome wusste –, waren abgesagt worden. Beweise würde es keine geben, nur Ransome hatte etliche weitere Stunden seines Lebens vergeudet. Ransome war Anfang dreißig, hatte Ehrgeiz und ein Gespür für Chancen. Chib Calloway wäre eine Trophäe gewesen, gar keine Frage. Vielleicht keine ganz so glänzende wie noch vor vier, fünf Jahren, aber damals war Ransome nur ein kleiner Detective Constable gewesen und hätte niemals eine Langzeitüberwachung anordnen (oder auch nur seinen Vorgesetzten vorschlagen) können. Jetzt aber verfügte er über Insiderinformationen, und die konnten den Unterschied zwischen Misserfolg und Erfolg bedeuten. Einer von Ransomes ersten CID-Fällen war ein Schlag gegen Calloway gewesen, aber in der Verhandlung hatte der kostspielige Anwalt des Gangsters das Beweismaterial zerpflückt – auf Kosten des jüngsten Mitglieds des Ermittlerteams.
    Detective Constable Ransome … Sind Sie sicher, dass das Ihr korrekter Dienstgrad ist? Ich habe nämlich schon einfache Constables kennengelernt, die größere kriminalistische Fähigkeiten bewiesen … Der Advokat selbstgefällig und rotbackig unter seiner Perücke und Chib Calloway wiehernd auf der Anklagebank, mit tadelndem Finger wedelnd, während sich der junge Detective aus dem Zeugenstand schlich. Anschließend hatte der Teamleiter versucht, ihm klarzumachen, dass das keine Rolle spielte. Aber das hatte es. All die Jahre lang.
    Die Zeit schien ihm reif zu sein … genau hier, genau jetzt. Alles, was er wusste, alles, was er vermutete, deutete auf ein bevorstehendes Ereignis hin: Chib Calloways Leben stand kurz davor, in sich zusammenzustürzen.
    Es konnte ohne Weiteres ein schmutziges Ende werden, konnte ohne jede Mitwirkung von Ransome eintreten – aber das schloss nicht aus, dass er dabei sein und es genüsslich miterleben könnte.
    Ebenso wenig schloss es die Möglichkeit aus, dass er die Lorbeeren dafür erntete.
     
    * * *
     
    Chib Calloway wartete ein paar Minuten lang im Foyer, aber die einzigen Leute, die nach ihm hereinkamen, waren ein Mann und eine Frau mittleren Alters mit australischem Akzent und ledriger Haut. Er gab vor, die Grundrisse der verschiedenen Stockwerke des Gebäudes zu studieren, und schürzte anschließend die Lippen, wie um den Wärtern zu signalisieren, dass er die Raumaufteilung soweit billigte. Dann atmete Chib tief ein und ging hinein.
    Im Museum war es still. Stille, verflucht große Räume, in denen jedes Husten und Flüstern hallte. Er sah die Aussies wieder, dazu ein paar Studenten aus Übersee mit einem Führer. Hätte man nie für Einheimische halten können – zu braun gebrannt, zu modebewusst. Sie schlurften gemächlich, fast lautlos an den riesigen Ölschinken vorbei und machten gelangweilte Gesichter. Gar nicht mal so viele Wärter hier drin. Chib schaute sich nach den Überwachungskameras um. Sie befanden sich genau da, wo er sie erwartet hatte. Aber keine Kabel, die hinter den Bildern herunterhingen, also keine Alarmanlage. Ein paar von den Dingern schienen an der Wand festgeschraubt zu sein, aber längst nicht alle. Und selbst wenn – dreißig Sekunden mit einem Teppichmesser, und man hätte das, wofür man gekommen war … den größten Teil davon jedenfalls. Die Leinwand, wenn schon nicht den Rahmen. Ein halbes Dutzend Rentner in Uniform – überhaupt kein Problem.
    Chib setzte sich auf eine Polsterbank, die in der Mitte eines der Säle stand, und spürte, wie seine Herzfrequenz allmählich zurückging. Er tat so, als interessierte er sich für das Bild, das ihm gegenüber aufgehängt war, eine Landschaft mit Bergen, Tempeln und Sonnenstrahlen. Im Vordergrund standen ein paar Gestalten in fließenden weißen Gewändern herum. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was das Ganze darstellen sollte. Einer der ausländischen Studenten versperrte ihm für einen Moment die

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