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Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Arbeiten. Seinem Akzent nach war er in Edinburgh aufgewachsen und hatte sich seitdem nicht allzu weit von den Mietskasernen entfernt.
    »Sie sind an einem Bild interessiert?« Westie verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein. »Ich hatte nicht angenommen, dass der Professor zu meinen größten Fans gehört.«
    »Ich erkenne durchaus, dass Sie Talent haben«, wandte Gissing mit einem schmallippigen Lächeln ein. »Und ich bin ein ausreichend großer ›Fan‹ von Ihnen, um dafür zu sorgen, dass Sie den Kurs mit Auszeichnung bestehen. Sie wissen, was das bedeuten würde – eine echte Chance, zum Postgraduate-Studium zugelassen zu werden.«
    »Ist das so was wie ein … Wie nennt man das noch mal?«
    »Teufelspakt?«, schlug Gissing vor. »Keine Spur.«
    »Aber ein gewisser materieller Anreiz wäre natürlich schon da«, erinnerte ihn der Unbekannte.
    »In meiner Eigenschaft als Direktor des College of Art«, fügte Gissing hinzu, »habe ich mir Ihre Akte angesehen, Westie. Jahr für Jahr haben Sie Gebührenerlass beantragt und sich um jedes verfügbare Stipendium beworben.«
    »Und bin in jedem einzelnen Fall abgelehnt worden«, erinnerte ihn der Student.
    »Also, auf wie viel belaufen sich Ihre Schulden beim College? Irgendwas im fünfstelligen Bereich, würde ich mal schätzen … Neuanfang, das Konto auf null gestellt – das wäre unser Angebot.«
    »Na ja, ich bin gern bereit, Ihnen ein paar meiner Arbeiten zu zeigen …«
    »Ich sehe mir gerade Ihre Arbeiten an, Mr. Westwater …«, sagte der gesprächige Unbekannte.
    »Jeder nennt mich Westie.«
    Der Mann nickte. »Ich bin ziemlich beeindruckt.« Er hatte das Stubbs’sche Pferd hochgenommen. Sein Fell glänzte wie eine frisch geschälte Kastanie. »Sie haben ein Auge für Farben. Außerdem wissen wir vom Professor, dass Ihnen, wenn’s ums Kopieren geht, keiner so leicht was vormacht. Aber wir möchten nicht von der Stange kaufen, Westie …«
    »Eine Auftragsarbeit?« Westie machte inzwischen fast Luftsprünge, obwohl ihm immer noch nicht recht wohl bei der Sache war. Warum sagte der andere Unbekannte nichts? Er checkte bloß immer wieder sein Handy nach eingegangenen Textnachrichten.
    »Eine geheime Auftragsarbeit«, korrigierte ihn Gissing. »Sie stellen keine Fragen.«
    Jetzt sah der gesprächige Unbekannte den Professor an. »Die Sache ist nur die, Robert – ich sehe Westie an, dass er kein Dummkopf ist –, er ist argwöhnisch, und das zu Recht. Ihm gegenüber können wir das Projekt kaum geheim halten, oder? Früher oder später kann er es sich ja doch zusammenreimen.« Er kam jetzt, den Stubbs noch immer in der Hand, auf Westie zu und blieb eine halbe Armlänge vor ihm stehen. Doch als er sprach, schien sein Adressat nach wie vor Gissing zu sein. »Es geht nicht anders, Westie muss eingeweiht werden, und das bedeutet, dass wir ihm vertrauen müssen.« Er lächelte den jungen Mann an. »Der Professor meint, Sie hätten eine anarchische Ader – es macht Ihnen Spaß, sich über das Kunstestablishment lustig zu machen. Stimmt’s?«
    Westie wusste nicht, welche Antwort ihm mehr einbringen würde, also zuckte er lediglich die Achseln. Der Mann, der noch nichts gesagt hatte, gab ein Bühnenräuspern von sich. Er war mit seinem Handy fertig und hielt jetzt eine gebrauchte Schablone in der Hand, die er unter dem Sofa hervorgezogen hatte.
    »Die habe ich in der Stadt gesehen«, sagte er mit einem Edinburgher Upperclass-Akzent und einer leisen Stimme, als hätte er Angst, ausgeschimpft zu werden.
    Der andere Unbekannte betrachtete die Schablone und lächelte breit. »Sie möchten der nächste Banksy werden?«
    »Es gab einen Artikel in der Zeitung«, erläuterte der zweite Unbekannte. »Die Polizei schien sehr daran interessiert zu sein, mit dem verantwortlichen Künstler ein paar Takte zu plaudern …«
    »Das ist die establishmentfeindliche Haltung, von der ich vorhin gesprochen hatte.« Der erste Unbekannte wandte sich wieder Westie zu und wartete darauf, dass der etwas sagte. Diesmal beschloss Westie mitzuspielen.
    »Ich soll Ihnen also ein Bild kopieren?«, platzte es aus ihm heraus.
    »Ein halbes Dutzend, um genau zu sein«, korrigierte ihn Gissing. »Allesamt aus der Sammlung der National Gallery.«
    »Und keiner soll was von der Sache erfahren …« Westies Augen wurden immer größer. War er zugedröhnt und bildete sich das Ganze nur ein? »Die sind gestohlen worden, ist es das? Und das Museum will nicht, dass die Öffentlichkeit was davon erfährt

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