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Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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anderes tat, als Aufsätze zu schreiben und langweilige Vorlesungen zu halten. Und trotzdem waren es Leute wie er, die über Westies Zukunft als Künstler entschieden. Westie, der Sohn eines Postboten und einer Verkäuferin, hatte manchmal das Gefühl, dass eine Verschwörung alle kreativen Kräfte der Unterschicht zu unterdrücken versuchte.
    Nachdem er mit dem Joint fertig war, machte Westie, die Arme vor der Brust verschränkt, einen kleinen Rundgang durch das Zimmer. Alice ließ sich nicht mehr oft hier drin blicken. Sie hielt sich nur noch in Küche und Schlafzimmer auf. Der Dreck regte sie auf, aber sie traute sich nicht aufzuräumen, da sie befürchtete, ihn in seinem kreativen Impetus zu beeinträchtigen. Wie sie einmal erklärt hatte, war sie auf dem College mit einem Dichter befreundet gewesen, dessen WG-Genossen einmal – in der Absicht, ihn zu überraschen – einen Frühjahrsputz in seinem Zimmer veranstaltet hatten. Er hatte versucht, dankbare Miene zum bösen Spiel zu machen, konnte aber danach wochenlang keinen Vers mehr zustande bringen. Westie hatte sich das durch den Kopf gehen lassen und anschließend gefragt, wie »befreundet« sie und er denn gewesen seien.
    Schnitt auf einen weiteren unehelichen Krach.
    Als es an der Tür klingelte, wurde ihm bewusst, dass er mehrere Minuten lang, den Blick starr auf den vor dem Fenster vorüberfließenden Verkehr gerichtet, praktisch mit offenen Augen geschlafen hatte. Ins Bett gehen wäre eine mögliche Lösung gewesen, aber Alice würde bestimmt erwarten, dass er an dem Tag etwas zustande gebracht hatte. Es klingelte noch einmal, und er überlegte sich, wer es sein könnte. Schuldete er jemandem Geld? Oder vielleicht Alices Eltern, die ein Wörtchen unter vier Augen mit ihm reden, ihm vielleicht ein paar Scheine zustecken wollten, damit er sich verkrümelte? Jemand mit einer wohltätigen Sammelbüchse oder dem dringenden Bedürfnis, seine politischen Ansichten zu eruieren … Das Letzte, was er gebrauchen konnte, waren diese ständigen Unterbrechungen. Er sollte eigentlich arbeiten … letzte Hand an die Bilder legen … Trödellager und Trödelläden nach billigen vergoldeten Rahmen für seinen Stubbs, seinen Constable, seinen Raeburn abklappern …
    Stattdessen, siehe da, stand einer von den Spießern auf der Matte, deren Noten am meisten zählten: Professor Robert Gissing höchstselbst und um Verzeihung für die Störung bittend.
    »Ich habe in den Ateliers nach Ihnen gesucht, dann in Ihrer Ausstellungsecke …«
    »Die meisten meiner Bilder sind hier, ich arbeite in der Regel nachts daran.«
    »Ah, deswegen das verschlafene Gesicht!« Gissing lächelte. »Wäre es Ihnen recht, Mr. Westwater, wenn wir für einen Augenblick reinkämen? Keine Sorge, wir werden Sie nicht lange aufhalten.«
    »Wir«, weil noch zwei weitere Männer vor der Tür standen. Gissing stellte sie als »zwei Freunde« vor, nannte aber keine Namen, und die Gesichter sagten Westie nichts. Händler vielleicht, oder möglicherweise Sammler, die Vorausgebote auf das Material seiner Abschlussausstellung abgeben wollten? Er hielt es zwar nicht für wahrscheinlich, führte sie aber trotzdem ins Wohnzimmer. Gissing hatte die Regie übernommen und bedeutete allen mit einer Geste, Platz zu nehmen. Einer der »Freunde« machte Anstalten, das Laken vom Sofa zu ziehen.
    »Das würde ich an Ihrer Stelle sein lassen«, warnte ihn Westie. »Ich hab das Ding aus dem Müll gefischt … ein paar interessante Flecken.«
    »Und Terpentinduft«, meinte der Besucher.
    »Um die interessanteren Gerüche zu übertönen.«
    Gissing schnüffelte demonstrativ. »Was ich rieche, ist kein Terpentin, Mr. Westwater, es erinnert mich eher an unsere gute alte Freundin Cannabis sativa.«
    »Schuldig im Sinne der Anklage«, entgegnete Westie. »Hilft mir, das Gehirn in Gang zu bringen.«
    Die drei Besucher nickten, dann senkte sich Schweigen über den Raum. Westie unterbrach es mit einem Räuspern. »Ich würde Ihnen ja Tee oder so was anbieten«, entschuldigte er sich, »nur sitzen wir milchmäßig momentan auf dem Trockenen.«
    Gissing winkte ab, rieb sich die Hände und richtete seinen Blick auf den schicker Aussehenden der zwei Unbekannten. Der war es auch, der schließlich das Wort ergriff.
    »Folgendes«, begann er. »Wir würden Ihnen gern die Möglichkeit geben, sich ein neues Sofa anzuschaffen – und vielleicht noch das eine oder andere dazu.« Er hatte sich nicht gesetzt und betrachtete ein paar von Westies

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