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Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Opas saßen am Tresen und hatten nicht die geringste Notiz von Mike genommen, als er die Getränke und Snacks bestellte. Gissing hatte den von der Tür am weitesten entfernten Tisch für sie ausgesucht. Er rümpfte die Nase über die Chips und beschränkte sich darauf, abwechselnd am Malt zu nippen und sich große Schlucke Indian Pale Ale einzuverleiben.
    »Vettriano ist nicht unumstritten«, bemerkte er, während er sich Schaum vom Mund wischte.
    »Aber populär«, konterte Mike, der ganz genau wusste, wie der Professor zu diesem bestimmten Thema stand. Gissing entschied sich, nicht darauf einzugehen.
    »Und, womit will sich unser Gangsterfreund stattdessen begnügen?«
    »Einem Utterson.«
    »Abenddämmerung im Rannoch Moor?«
    »Genau. Westie meinte, er würde keine Schwierigkeiten damit haben.«
    »Sie haben Calloway eine Reproduktion gezeigt?« »Ja.«
    »Und es hat ihm gefallen?«
    »Er fragte, was es wert sei.«
    Gissing verdrehte die Augen. »Na, wenn wir dadurch die Menschheit davon befreien …« Er trank einen weiteren Schluck Bier, und Mike fiel auf, wie nervös der Professor war, während er selbst von Stunde zu Stunde ruhiger wurde. Er hatte sich von einem Internet-Routenplaner den besten Weg zum Lagerhaus ausgedruckt und mit Chib vereinbart, wo er die zusätzlichen Männer aufsammeln und wieder absetzen würde. Chibs Mannschaft würde ihre Waffen mitnehmen und irgendwo entsorgen. Als er jetzt Gissing so betrachtete, dankte er dem Himmel, dass der alte Knabe nicht zu dem Trupp gehörte, der mit Kanonen im Anschlag das Lagerhaus stürmte: Die Hand, die nach dem Whiskyglas griff, zitterte.
    »Wird schon alles gut gehen«, versicherte ihm Mike.
    »Mein lieber Freund, natürlich wird es das. Sie glauben doch nicht etwa, ich würde daran zweifeln?«
    »Es könnte schließlich immer noch eine ganze Menge schiefgehen.«
    »Sie kriegen das schon geregelt, Mike.« Der Professor lächelte müde. »Das Ganze scheint Ihnen allmählich Spaß zu machen.«
    »Vielleicht ein bisschen«, räumte Mike ein. »Aber vergessen Sie nicht – es war Ihre Idee.«
    »Trotzdem werde ich nicht traurig sein, wenn wir das alles hinter uns haben, während ich den Verdacht nicht loswerde, dass Sie es dann irgendwie vermissen.«
    »Hauptsache, wir landen nicht im Knast. Herrgott, stellen Sie sich das bloß vor – mit Chib Calloway als verärgertem Zellengenossen …«
    Gissing hob abwehrend eine Hand. »Das wollen wir uns nicht mal im Traum vorstellen.«
    Sie quittierten das beide mit einem Lächeln und konzentrierten sich wieder auf ihre Getränke. Nur noch einen Tag. Morgen würde Mike sich ständig mit etwas beschäftigen müssen, damit er nicht anfing, sich Sorgen zu machen. Sie waren den Plan immer wieder durchgegangen, hatten ihn Minute für Minute durchgespielt. Allan hatte jedes Detail genauestens unter die Lupe genommen. Sie wussten, was sie zu tun hatten und wie viel Zeit ihnen dafür zur Verfügung stand. Aber es gab Faktoren, die sie nicht beeinflussen konnten. Mike fragte sich, ob das der Grund für seine Gelassenheit war: ein Fall von qué será, será. Als Geschäftsmann hatte er großen Wert darauf gelegt, immer alles im Griff zu haben, zu wissen, was als Nächstes passieren würde, über den exakten Gang der Ereignisse bestimmen zu können. Aber als er diese Browning in die Hand genommen hatte, war es ihm durch und durch gegangen. Ihr Gewicht, die gefrästen Details … Die Waffe war ein Kunstwerk für sich. Als Junge hatte er gern mit Pistolen gespielt; er besaß eine riesige Sammlung von Plastiksoldaten, -cowboys und -indianern. Man brauchte ihm damals nur eine Banane zu geben, und er legte damit auf das nächste Ziel an. Eine Tante hatte ihm aus Australien einen Bumerang mitgebracht – das Gleiche: anlegen, mit zugekniffenem Auge zielen und dann mit dem Mund die Explosion und das Sausen des Geschosses produzieren.
    Er erinnerte sich, wie Chib mit einer nicht existierenden Pistole vom Fond eines 5er BMW aus auf ihn gezielt und in der Autowerkstatt die Schrotflinte auf ihn angelegt hatte. Als er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte, spürte er die Browning im Kreuz. Es war unvernünftig, mit dem Ding herumzulaufen – was, wenn jemand es sah und ihn anzeigte? –, aber er hatte es einfach tun müssen. Er konnte die Pistole nur noch bis Samstagnachmittag behalten. Er dachte an das indische Restaurant zurück und fragte sich, wie diese betrunkenen Bürohengste wohl reagiert haben würden, wenn er ihnen ein Schießeisen

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