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Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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geprügelt und war unterlegen. Für den Rest seiner schulischen Laufbahn hatte Mike ausgefeilteste Rachepläne geschmiedet – ohne sie je in die Tat umzusetzen.
    In den Welten, in denen er sich jetzt bewegte, brauchte man nicht auf seine Deckung zu achten. Die Leute waren höflich und zivilisiert. Mike bezweifelte, dass Allan, trotz seiner markigen Sprüche im Shining Star, jemals in eine Prügelei verwickelt gewesen war; jedenfalls nicht mehr als Erwachsener. Während er in Richtung Murrayfield schlenderte, dachte er an seine Studienzeit. Damals war er in ein paar Kneipenschlägereien geraten. Ein anderes Mal hatte er sich wegen eines Mädchens mit einem potenziellen Mitbewerber in die Haare gekriegt … Herrgott, er wusste nicht einmal mehr, wie sie geheißen hatte! Dann war da noch die Nacht, in der er mit Freunden auf dem Weg zu seiner Bude gewesen war und ein paar Betrunkene einen Metallmülleimer nach ihnen geworfen hatten. Die anschließende Prügelei würde er niemals vergessen. Sie hatte sich von der Straße in ein anliegendes Mietshaus verlagert und dann durch die Hintertür wieder hinaus in einen Garten, bis eine Frau aus ihrem Fenster brüllte, sie würde die Polizei rufen. Mike war mit aufgeschürften Knöcheln und einem blauen Auge davongekommen. Sein Gegner war zu Boden gegangen und liegen geblieben.
    Er fragte sich, wie Chib Calloway an seiner Stelle im Restaurant reagiert hätte. Aber andererseits hatte Calloway immer seine Hilfstruppen dabei – die zwei Männer in der Bar saßen nicht etwa zum Plaudern herum. Einer von Mikes Kollegen hatte einmal gewitzelt, er solle sich vielleicht Gedanken über einen Leibwächter machen, »jetzt, wo du so bekanntermaßen reich bist«. Er hatte auf eine Art Hitparade angespielt, die am Sonntag zuvor in einer Zeitung erschienen war und die ihn als einen der »Fünf begehrenswertesten Junggesellen« Schottlands bezeichnete.
    »Kein Mensch braucht in Edinburgh einen Leibwächter«, hatte Mike geantwortet.
    Und doch, als er bei einem Bankautomaten stehen blieb, um sich etwas Geld zu holen, sah er sich um und peilte kurz die Lage. Ein Bettler saß, an das Schaufenster des Geschäfts neben der Bank gelehnt, mit hängendem Kopf da. Er sah durchgefroren und einsam aus. Allan hatte Mike einmal vorgeworfen, er sei »ein Einzelgänger«; Mike konnte ihm nicht widersprechen, es bedeutete aber nicht, dass er einsam war. Er ließ eine Pfundmünze in den Becher des Bettlers fallen und machte sich auf den Weg nach Hause. Er dachte an die Worte des Professors – diese armen eingesperrten Kunstwerke – und dann an das, was Allan gesagt hatte: Du solltest dir schnappen, was du kriegen kannst … Die Tür eines Pubs schwang auf und entließ einen Trinker in die Nacht. Mike wich dem torkelnden Mann aus und ging weiter.
    Schließt sich eine Tür, geht eine andere auf …
     
    3
     
    Bislang war es für Chib Calloway wieder mal ein mieser Tag gewesen.
    Das Problem mit einer Überwachung war, dass man selbst wenn man wusste, dass man beobachtet wurde, nicht immer wusste, von wem. Chib schuldete jemandem ein bisschen Geld … okay, eine Stange Geld. Dazu kamen noch ein paar Schulden anderer Art, und so hatte er in letzter Zeit den Kopf unten gehalten, war, wenn es klingelte, immer nur an zwei von seinem Dutzend Handys drangegangen – an die, deren Nummer nur Verwandte und engste Vertraute kannten. Er hatte für Mittag zwei Verabredungen gehabt, aber beide abgesagt, sich telefonisch entschuldigt, ohne einen Grund anzugeben. Käme heraus, dass er beschattet wurde, wäre sein Ruf noch weiter in den Keller gegangen. Also hatte er stattdessen ein paar Tassen Kaffee im Tre Cento auf der George Street getrunken – ein ziemlich schicker Laden, früher mal eine Bank. Viele Banken waren in Edinburgh zu Bars oder Restaurants umfunktioniert worden. Seit es überall Bankautomaten gab, brauchte man keine Banken mehr. Mit den Automaten waren natürlich auch eine Vielzahl entsprechender Maschen aufgekommen: Kartennummern wurden kopiert, die Karten selbst mit Hilfe von Rohlingen geklont; an den Automaten wurden Lesegeräte angebracht, die alle nötigen Informationen auf einen Mikrochip übertragen konnten … Es gab Tankstellen, an denen man nicht mit Karte zu bezahlen wagte, weil sie die persönlichen Daten weiterverkauften. Bei so was war Chib vorsichtig. Die Gangs mit dem Automaten-Knowhow schienen alle aus dem Osten zu kommen – Albanien, Kroatien, Ungarn. Als Chib mit dem Gedanken spielte,

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