Der Maedchensammler
alles egal. Wenn Sie mich beobachten, dann höchstens aus Neugier. Sie werden mir nicht auf die Nerven gehen, denn Sie wollen Aldo nicht entwischen lassen, aber Sie werden sich nicht vor lauter Sorge um mich die Nägel abkauen.«
»Nein, das ist nicht meine Art.« Er lächelte schief. »Und, ja, ich bin neugierig auf alles, was Sie tun.« Er wandte sich ab.
»Wir sehen uns in einer Stunde. Nehmen Sie einen warmen Pullover mit.«
»Moment noch.« Als er sich umdrehte, fragte sie: »Wie kommt man in den Tunnel? Wo ist der Eingang?«
»Sie sitzen drauf.« Er deutete mit dem Kinn auf den Teppich, der den Steinboden unter ihrem Stuhl bedeckte.
»Es ist eine zwei Meter große Falltür, die Sontag offenbar brauchte, um größere Gegenstände herauszuschaffen. Eine Stahlleiter führt fünf Meter tief hinunter. Aber werden Sie nicht ungeduldig und starten Sie keinen Alleingang ohne mich.
Okay?«
Seine Befürchtung war überflüssig. Zu wissen, dass sie über dieser dunklen Leere saß, war zutiefst beunruhigend. Am liebsten wäre sie aufgestanden und herumgelaufen, doch sie zwang sich, sitzen zu bleiben. In einem beiläufigen Tonfall erwiderte sie: »Keine Sorge, ich werde auf Sie warten.«
16
Dunkelheit. Nur der Lichtstrahl aus Trevors Taschenlampe erhellte den finsteren Tunnel.
Die Kälte und die Feuchtigkeit krochen Jane in die Glieder, und das Atmen fiel ihr schwer.
Nacht ohne Luft.
Alles Einbildung. Wenn sie an Atemnot litt, dann lag das daran, dass sie Mühe hatte, mit Trevor Schritt zu halten. »Gehen wir als Erstes ins Vomitorium?«
»Nein, das wollte ich für den Rückweg aufheben. Ich dachte, das sei heute nicht das Wichtigste. Sie wollten doch das Theater sehen.«
Sie war viel zu aufgeregt, um sich auf Diskussionen einzulassen. »Gibt es hier unten Ratten?«
»Wahrscheinlich. Wo der Mensch sich nicht häuslich einrichtet, übernimmt die Natur.« Er drehte sich nach ihr um.
»Bleiben Sie dicht hinter mir. Ich möchte Sie nicht verlieren.«
»Aber Sie würden nicht zögern, mir einen Schrecken einzujagen.«
Er lachte. »Ich gebe zu, es würde mich reizen zu sehen, ob es mir gelingt.«
»Also mit der Aussicht auf Ratten könnten Sie mich nicht beeindrucken. An die hab ich mich bei einigen der Pflegefamilien gewöhnt, bei denen ich als Kind gelebt habe. Ich war nur neugierig.«
»In dem Waisenhaus, wo ich aufgewachsen bin, gab es auch Ratten.«
»In Johannesburg?«
»Richtig. Quinn hat offenbar gründlich in meiner finsteren Vergangenheit recherchiert.«
»So finster war die gar nicht. Zumindest fand ich das, was er herausgefunden hat, nicht weiter beunruhigend.«
»Sehr sauber war sie jedenfalls nicht. Vorsicht, da vorn ist eine Pfütze.«
»Warum ist es so feucht hier unten?«
»Risse, Spalten.« Er ging ein paar Schritte schweigend weiter.
»Sie haben mir mal erzählt, dass Sie von Tunneln träumen. Sieht es da so ähnlich aus wie hier?«
Sie antwortete nicht gleich. Sie hatte sich geschworen, ihm niemals etwas über diese Träume anzuvertrauen, aber jetzt, da sie allein mit ihm in der Dunkelheit war, fühlte sie sich ihm seltsam nahe. Und welche Rolle spielte es schon, was er über sie dachte? »Nein, anders. Nicht so feucht. Es war heiß und verraucht. Ich … Sie bekam keine Luft.«
»Der Vulkanausbruch?«
»Woher soll ich das wissen? Es war ein Traum. Sie rannte. Sie hatte Angst.« Sie überlegte. »Sie haben gesagt, Sie hätten von Cira geträumt.«
»O ja. Seit dem Tag, an dem wir die Schriftrollen entdeckt haben. Anfangs habe ich jede Nacht von ihr geträumt. Jetzt sind die Träume seltener.«
»Was kommt denn in diesen Träumen vor? Tunnel?
Vulkanausbrüche?«
»Nein.«
»Was denn?«
Er lachte. »Jane, ich bin ein Mann. Was glauben Sie wohl, wovon ich träume?«
»Ach, du lieber Himmel.«
»Sie haben mich gefragt. Ich würde Ihnen ja gern eine geheimnisvolle, romantische Geschichte erzählen, aber ich weiß, dass Sie lieber die Wahrheit hören.«
»Das hat sie nicht verdient.«
»Was soll ich dazu sagen? Es geht um Sex. Ich glaube nicht, dass es ihr etwas ausmachen würde zu wissen, dass sie in meinen Phantasien vorkommt. Cira kannte die Bedeutung von Sex. Sie hat sich dessen bedient, um zu überleben. Und die Vorstellung, dass sie mehr als zweitausend Jahre nach ihrem Tod noch so viel Macht über mich hat, hätte ihr sicherlich gefallen.«
»Ich glaube nicht, dass Sie … na ja, vielleicht haben Sie Recht, aber sie war mehr als nur ein Sexualobjekt.«
Plötzlich kam
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