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Der Maedchensammler

Der Maedchensammler

Titel: Der Maedchensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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leid. Ich hab nicht nachgedacht.« Sie drehte sich um und stieg die Treppe hinauf. »Ich gehe einfach wieder ins Bett.
    Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Während sie die Fliegengittertür öffnete, schaute sie ihm nach, wie er zum Streifenwagen zurückging. Sie musste noch ein Weilchen warten, ehe sie sich davonschlich.
    Als die Tür sich hinter ihr schloss, hörte sie Toby wieder heulen.
    »Nein«, flüsterte sie und schloss die Augen. »Du verdammter Scheißkerl, lass ihn in Ruhe. Ich komme ja schon.«

    Das Geheul durchschnitt die Nacht wie ein Messer.
    Bartlett zuckte zusammen. »Himmel, was war das denn? Ein Wolf?«
    Trevor fluchte vor sich hin. »Dieser Mistkerl.« Er löste sich von dem Baum, an dem er gelehnt hatte. »Er hat ihren Hund.«
    »Was?«
    »Darauf würde ich wetten. Das ist ihr Hund, Toby. Ich habe schon drei Nächte hier verbracht, und ich habe diesen Hund noch nicht ein Mal heulen hören.«
    »Das bedeutet doch nicht – Wo willst du hin?«
    »Ich werde dem Geräusch nachgehen«, erwiderte Trevor knapp, während er im Wald verschwand. »Genauso, wie sie es tun wird.«
    »Soll ich mitkommen?«
    »Nein, verdammt. Geh zum Wagen und warte, bis ich dich anrufe. Du machst zu viel Krach im Wald. Wenn Aldo dich durchs Gebüsch trampeln hört, wird er den Hund töten, und dann wird Jane MacGuire uns allen beiden die Kehle durchschneiden. Sie liebt diesen Köter.«
    Der Hund heulte erneut.
    »Das könnte der Durchbruch sein«, rief Bartlett ihm nach.
    »Wenn du den Hund vor dem Mädchen findest, kannst du vielleicht auch Aldo erwischen.«

    »Das weiß ich selbst.« Und wenn er zu spät kam, würde Jane MacGuire entweder von Aldo abgeschlachtet oder gefangen genommen. Von wegen Durchbruch. Wäre es nach ihm gegangen, wäre die Sache anders gelaufen.
    Tja, seitdem diese makabre Scharade ihren Anfang genommen hatte, war ihm selten die Entscheidung darüber zugefallen, wie es zu laufen hatte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als mit den Karten zu spielen, die ihm zugeteilt worden waren. Nicht an das Mädchen denken. Sie einfach vergessen. Seit Brighton war er Aldo noch nie so dicht auf den Fersen gewesen. Nur an das denken, was er mit ihm tun würde, sobald er ihn in die Finger bekam.

    Toby heulte erneut.
    Sie war auf dem richtigen Weg.

Tobys letztes Aufheulen war aus viel größerer Nähe gekommen.
    Sie blieb stehen und wartete mit geschlossenen Augen darauf, dass er wieder heulte.
    Wenn sie ihn lokalisieren konnte, würde sie der Situation nicht mehr so hilflos ausgeliefert sein. Diesen Wald kannte sie wie ihre Westentasche. Zusammen mit Toby hatte sie in den letzten Jahren jeden Quadratzentimeter hier erkundet. Sobald sie herausgefunden hatte, wo Toby sich aufhielt, würde sie die Stelle genau vor sich sehen und sich nähern können, ohne in Aldos Falle zu tappen.
    »Komm schon, Toby«, flüsterte sie. »Sag mir, wo du bist.«
    Er heulte wieder.
    Im Süden. Mindestens hundert Meter von ihr entfernt. Sie musste sich konzentrieren. Nicht darüber nachdenken, was Aldo mit ihm anstellte, dass er so heulte. Er lebte noch. Und sie musste dafür sorgen, dass er am Leben blieb. Hundert Meter nach Süden. Dort gab es nichts außer einer von Kiefern umstandenen Lichtung.

    Wo konnte er Toby besser gefangen halten als auf einer offenen Lichtung? Um zu ihm zu gelangen, würde sie durch das Kiefernwäldchen gehen müssen, wo Aldo garantiert auf sie wartete. Bei dem Gedanken schloss ihre Hand sich unwillkürlich um das Fleischmesser, das sie aus der Küchenschublade genommen hatte. Würde sie es benutzen? Die Vorstellung, einen Menschen mit einem Messer anzugreifen, ließ sie erschauern.
    Aber dieser Scheißkerl würde dabei mit keiner Wimper zucken. Er hatte schon mehrmals getötet, und nun wollte er auch sie töten.
    Und er tat Toby weh.
    Ja, verdammt, sie würde das Messer benutzen.
    Okay, gab es noch einen anderen Weg, den sie nehmen konnte, um Aldo auszuweichen?
    Nur wenn sie einen Bogen schlug und durch den See bis zu der einzigen Stelle schwamm, wo die Kiefern eher spärlich wuchsen. Wenn sie aus dieser Richtung kam, würde sie jeden Angreifer sehen, der ihr auflauerte, und wenn sie vorsichtig war, würde er sie nicht entdecken, sobald sie ans Ufer kroch.
    Gab es eine andere Möglichkeit?
    Toby heulte wieder.
    Falls es eine andere Möglichkeit gab, blieb ihr keine Zeit, sie herauszufinden. Sie musste Toby zu Hilfe eilen.
    Sie lief zum Seeufer, zog ihre Schuhe aus und watete ins kalte Wasser.

    »Jane!«
    Eve

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