Der Magier von Fairhaven
Hütte etwas neuer. Das Glas hatte ihm wie bei allen anderen Versuchen während des letzten Achttages nichts von Wichtigkeit gezeigt.
Er massierte sich die Stirn, schloss die Augen und roch, was der warme Wind schon am frühen Morgen durch die offene Tür hereinwehte: vor allem Dung und den Rauch von den Kochfeuern. In den Rauch mischte sich der Geruch von bratendem Lamm – immer gab es gebratenes Lamm. Cerryl vermisste sogar schon den harten Käse, der inzwischen aufgebraucht war.
Keine Spur von den Spidlarern … warum nicht? Nachdem er die blauen Lanzenreiter fast eine ganze Jahreszeit lang gehetzt hatte, ließen sie sich auf einmal nicht mehr blicken. Eine einzige Schlacht – und alles war ausgelöscht, was sie in den Südosten Spidlars schicken konnten? Oder stellten sie gerade eine neue, erheblich größere Streitmacht zusammen? An Cerryls Fähigkeiten mit dem Spähglas lag es sicher nicht, denn er konnte ohne weiteres Leyladins Bild oder das Abbild des rothaarigen Schmieds Dorrin in Diev heraufbeschwören.
Cerryl öffnete die Augen. Die leichten Kopfschmerzen schienen überhaupt nicht mehr zu verschwinden. Dann richtete er sich auf und streckte sich.
Er sollte eine Botschaft an Jeslek schicken, die derzeitige Lage beschreiben und fragen, ob der Erzmagier Cerryl und seine Lanzenreiter anderswo brauchte. Er ging langsam zur Tür der Hütte und über den von Hufen festgetrampelten Lehm zu den Kochfeuern. Die harten Brötchen, die er im Morgengrauen gegessen hatte, reichten nicht aus. Er brauchte etwas anderes zu essen und würde wohl oder übel das streng schmeckende Lamm herunterschlingen müssen.
»Etwas Lamm, Ser?«, fragte der Lanzenreiter, der zum Kochdienst eingeteilt war.
»Ja, danke.« Cerryl nahm sich ein vor Fett triefendes Stück und beugte sich beim Abbeißen vor, damit ihm das Fett nicht auf die weiße Kleidung kleckerte.
»Sind irgendwo neue Spidlarer aufgetaucht?« Der breitschultrige Hiser trat zu dem schlanken Weißen Magier.
Ferek, der auf der anderen Seite des Kochfeuers an einem Stück dunklem Fleisch nagte, sah Cerryl ebenfalls fragend an.
»Es sind keine in der Nähe. Sie haben sich bei Elparta oder flussabwärts in Kleth gesammelt.«
»Das ist seltsam«, murmelte Ferek. »Wir sind doch einfacher auszuschalten als der Erzmagier mit all seinen certischen Rekruten.«
»In Elparta sind nicht viele Gegner«, widersprach Cerryl.
»Dann verstehe ich wiederum nicht, warum der Erzmagier die Stadt nicht längst eingenommen hat.«
»Ich vermute, er will sie nicht dem Erdboden gleichmachen«, meinte Cerryl.
»In Axalt hat er das doch auch getan«, warf Ferek mit heiserem Lachen ein.
»Vielleicht gibt es einen besonderen Grund«, erwiderte Hiser. »Wenn wir den Fluss und die Piere haben, wird es leichter für uns.«
Cerryl biss noch einmal vom Lamm ab und fragte sich, ob die Dinge wirklich so einfach standen. Oder hatte der Schwarze Anführer sich als besser und findiger erwiesen, als Jeslek vermutet hatte?
»So bald wird er Elparta nicht einnehmen. Wir werden den ganzen Winter über hier lagern und noch eine Weile darüber hinaus«, meinte Ferek trocken. »Wir bekommen auch nicht viele Lanzenreiter und Rekruten aus Hydlen.«
»Den Leuten in Hydolar ist nur ihr eigenes Land und ihr Geld wichtig«, sagte Hiser. »Und die Frauen der anderen«, fügte er lachend hinzu.
»Allesamt Halsabschneider, das sind sie«, erklärte Ferek. »Abgesehen von denen, die ihre Säue ihren Frauen vorziehen.«
Cerryl schüttelte leicht den Kopf. Ein langer, heißer Sommer näherte sich dem Ende und ging in einen ebenso langen Herbst und Winter über. Die Vorräte wurden knapp, die Stimmung der Leute zusehends schlechter.
XXII
C erryl stand in der Tür der Hütte, deren einziger Raum zugleich als Besprechungszimmer, Schlafkammer und Unterschlupf vor dem Regen diente. Im Zwielicht las er noch einmal Jesleks Schriftrolle, die ihm ein Bote am Nachmittag überbracht hatte.
Anscheinend sind keine spidlarischen Streitkräfte in der Nähe der Straße und Gebiete, die Ihr für Fairhaven besetzt haltet … Doch wenn die Schwarze Insel im Spiel ist, muss man mit jeder Hinterlist rechnen … wir dürfen uns nicht täuschen lassen …
Eure Fähigkeiten und Eure Anwesenheit sind für die Einnahme Elpartas nicht erforderlich. Es wäre dumm, wenn die Gilde alle ihre Brüder in Spidlar in der Nähe von Elparta in Gefahr brächte, wenn es nicht unbedingt nötig ist …
Ich bin überzeugt, dass es nicht
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