Der Magier von Fairhaven
der Fluss Gallos, den die Spidlarer nach ihrem eigenen Land Spidlar nannten, ein reißender Strom.
Ein Jahr, nachdem er gesagt hatte, nach Axalt werde er keine weitere Stadt mehr zerstören, hatte Jeslek genau dies getan. Er hatte eine Woge von Chaos wachsen lassen und Elparta zerstört – oder wenigstens einen Teil der Stadt, denn das Glas zeigte, dass einige Gebäude noch standen.
Warum? Weil der Schwarze Anführer gut genug war, um ein Weißes Heer mit nur einem Bruchteil von Männern und Gerätschaften aufzuhalten?
Er rieb sich die Stirn und stellte sich mit dem Rücken vor den wärmenden Kamin. Das Bild im Spähglas brach in sich zusammen.
Was war wirklich auf dem Feldzug gegen Elparta geschehen? Cerryl war klar, dass er viel zu viele Dinge nicht wusste. Vielleicht sogar Dinge, die du am liebsten nie erfahren würdest.
»Genau«, murmelte er bei sich und starrte das leere Glas an. »Ganz genau.«
Dann nahm er Tinte, Federkiel und Pergament zur Hand. Was auch immer in Elparta geschehen war, er musste Jeslek davon unterrichten, dass seine Leute frischen Proviant brauchten.
Er blickte kurz in Richtung Westen und setzte sich dann an den Tisch.
XXVI
D er Duft von bratendem Schweinefleisch mischte sich in den feuchten Dunst, der seit mehr als einem Achttag über dem Dorf und der Umgebung lag. Cerryl ging lächelnd von der Hütte zu den Kochfeuern; sein Blick fiel auf die niedrig hängenden Wolken, die sich von den Osthörnern herunter nach Westen wälzten. Der Patrouillenritt am Morgen war wie immer in der letzten Zeit ein kaltes und feuchtes Unternehmen gewesen.
Er rieb sich die Stirn, um die Kopfschmerzen zu vertreiben, die er sich jedes Mal einhandelte, wenn er zu lange mit dem Glas arbeitete. Trotz aller Bemühungen hatte er bisher weder neue Proviantlieferungen oder Rekruten noch spidlarische Streitkräfte in der Nähe der Straße zwischen Axalt und Elparta gesehen.
Würde der ganze Herbst so feucht und regnerisch bleiben? Das wird eine schlechte Ernte … falls hier überhaupt etwas geerntet wird. Oder wird es früh schneien? Cerryl schauderte bei diesem Gedanken und tastete unwillkürlich nach den Jackenknöpfen. Nach zwei Jahreszeiten im Feld war seine Jacke eher fleckig braun als weiß.
»Wir haben gleich drei gefunden, eine Bache, einen alten Eber und ein Ferkel«, verkündete Ferek mit breitem Grinsen, als Cerryl sich ihm näherte.
»Das kann ich riechen.«
»Die junge Bache haben wir laufen lassen. Sie braucht noch eine Weile, bis sie schlachtreif ist, und die Männer haben vorerst genug Verpflegung.« Der ältere Unteroffizier deutete zum Himmel. »Wollt Ihr heute Nachmittag auch wieder eine Streife ausschicken?«
»Nur bis zu den Hütten im Osten. Dort sind ein paar Leute zurückgekehrt.«
»Dürfen die Männer erst Essen fassen?«, fragte Ferek. »Das Fleisch wird ihnen gut tun.« Er grinste. »Kieral hat hier auf einem Feld Kartoffeln im Gewicht von beinahe einem Stein gefunden. Wir hatten sie bisher übersehen.«
»Das reicht leider nur für ein paar Mahlzeiten«, meinte Hiser.
»Man muss eben nehmen, was man kriegen kann.« Ferek nickte beipflichtend.
»Meine Nachricht sollte morgen beim Erzmagier eintreffen.« Hoffe ich. »Es reicht, wenn die Patrouille am Spätnachmittag aufbricht.«
Die drei schauten auf, als sie Hufschläge hörten. Drei Lanzenreiter ritten zur Koppel und den Kochfeuern. Der Anführer der drei trug die Schärpe eines Boten.
»Eine Nachricht für Magier Cerryl vom Erzmagier«, keuchte der schlanke junge Lanzenreiter, indem er Cerryl eine Schriftrolle überreichte.
Während er das Dokument aufrollte, bemerkte Cerryl abwesend, dass unter den drei Lanzenreitern auch eine ältere Frau mit hartem Gesichtsausdruck war. »Danke. Ihr könnt inzwischen absitzen. Wir haben ein kräftiges Essen gekocht, das Euch nach dem kalten Ritt sicher willkommen ist.«
»Danke«, antwortete der Bote.
Die beiden anderen nickten wortlos und stiegen ab.
Cerryl entfernte sich ein Stück vom Kochfeuer, auf dem zwei Kessel mit Kartoffeln kochten. Die beiden Schweine wurden auf selbstgebauten Gestellen über zwei weiteren Feuern gebraten.
Nachdem er das Siegel erbrochen hatte, begann er zu lesen.
Seid gegrüßt, Cerryl.
Es wird Euch sicher nicht überraschen, dass ich Euch nun in Elparta brauche, Euch und Eure ganz besonderen Fähigkeiten. Jetzt, da Fairhaven Elparta und den Fluss Gallos beherrscht, wie Ihr sicher schon mithilfe Eures Glases herausgefunden habt, ist
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