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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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entsprechend präpariert hatte, hielt Sam ihn dicht an die im Stein eingravierte Sonne und achtete darauf, dass die Münzen sich jeweils in eine der sechs Strahlen einpassten, die von der zentralen Sonnenscheibe ausgingen. Er hatte schon befürchtet, dass dies ein recht kniffliges Unterfangen werden könnte, doch jede der Münzen fügte sich gehorsam in ihren Platz, sobald man sie auf eine Vertiefung lenkte. Diese ägyptischen Götter hatten wirklich einen Sinn fürs Praktische!
    »Gut – und jetzt?«, fragte er sich laut.
    Er hielt eine Hand über die glatte Rundung des Sonnensteins und berührte sie zögernd mit der Handfläche. Die Oberfläche des Steins fühlte sich leicht warm an, der Prozess schien langsam in Gang zu kommen! Er erhöhte leicht den Druck seiner Finger, während wie aus dem Nichts ein durchdringendes Brummen einsetzte und der Kellerboden anfing zu zittern. Dann war es plötzlich, als ob ein Lavastrahl aus der Erdmitte aufstieg und ihn mit einem glühend heißen Mantel überzog. Sam öffnete den Mund, um seinen Schmerz herauszuschreien, doch da war er schon weit fort.. .

 
4.
     Wieder zurück
     
    Samuel sackte auf dem Boden in sich zusammen. Er fühlte sich, als wäre er in eine Zentrifuge hineingerissen und dann bei höchster Drehzahl wieder herausgeschleudert worden. Seine Haut, seine Knochen, sein ganzes Wesen war nur noch eine einzige Brandwunde und sein Magen machte verzweifelte Versuche, durch seinen Mund zu entkommen. In kurzen, abgehackten Stößen nach Luft schnappend, gönnte er sich einige Atempausen, in denen er versuchte, wieder etwas Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Um ihn herum war alles schwarz, bis auf den warmen Schein des Goldreifs, der inmitten dieser Finsternis einen winzigen Lebensschimmer ausstrahlte. Das Schmuckstück musste sich vom Sonnenstein gelöst haben, denn es lag, noch immer mit den sechs Münzen bestückt, auf dem staubigen Boden. Demnach hatte Setni die Wahrheit gesagt: Der Goldreif ließ einen durch die Zeit reisen, ohne dabei eine einzige Münze zu verlieren! Blieb noch die Frage, warum der Zauber auch mit sechs anstelle der normalerweise benötigten sieben Münzen gewirkt hatte . . .
    Samuel ging auf alle viere und streckte die Hand nach dem Armreif aus. Bei seinem mühsamen Versuch sich aufzurichten, merkte er, dass der doppelte Herzschlag in seiner Brust nicht aufgehört hatte, im Gegenteil, neben dem schnellen Schlagen seines eigenen Herzens spürte er immer noch dieses andere, viel langsamere Pulsieren tief in seinem Inneren. Er ergriff das Schmuckstück, um das Halbdunkel ein wenig zu erhellen.
    »Na so was!«, entfuhr es ihm.
    Direkt vor sich sah er einen vergoldeten Sarkophag, der auf einem Steinquader ruhte. Am Fuße desselben war eine Sonne eingraviert, deren überlange Strahlen nach unten zeigten. Diese Version des Sonnensteins kannte er gut, nachdem er auf einer seiner ersten Reisen daraufgestoßen war: Er war nach Ägypten zurückgekehrt, in die Grabkammer des Hohepriesters Setni!
    Er nahm den Stadtplan von Rom aus der Vertiefung des Sonnensteins und trat ein paar Schritte zurück, während er den Goldreif immer noch als Lichtquelle benutzte. Kein Zweifel: Er befand sich in der letzten Ruhestätte des Hohepriesters des Amun! Auf den mit Blattgold verzierten Innenwänden waren dieselben heiligen Szenen dargestellt, in deren Mittelpunkt die von Setni so verehrte Gottheit stand: Thot, der Gott mit dem Ibiskopf, zugleich Herr der Magier und Jongleur der Stunden und Jahreszeiten. Auch das Grabmobiliar hinter ihm war identisch: die Barke aus gelblichem Holz, die für die Reise des Verstorbenen in die andere Welt vorgesehen war; die Sitzgelegenheiten, auf denen er sich vor seiner Reise ausruhen sollte, eine Lanze zu seiner Verteidigung, kleine Tierstatuen, damit er sich nicht so einsam fühlte, Tonkrüge mit Lebensmitteln, von denen er sich im Jenseits ernähren würde, und noch vieles mehr...
    Nur eine Sache schien anders zu sein: Beim letzten Mal hatte Sam diesen Ort durch den einzig möglichen Ausgang verlassen: eine Öffnung in der Decke, von der eine Strickletter herabhing. Diese Öffnung war, wie es schien, vor einiger Zeit verschlossen worden – nach der Beisetzung Setnis? -, dafür gab es in der rückwärtigen Wand einen großen Durchbruch. Das Werkzeug lag noch daneben . . . Grabräuber?
    Samuel untersuchte die Stelle: Ein enger Tunnel, angefüllt mit Bauschutt, verlor sich in der Dunkelheit. Schaufel und Spitzhacke lehnten an der

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