Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
Vom Netzwerk:
ungerührt! Weißt du, was ich glaube? Ich schlafe immer noch. Ich träume! Ich hab's mit dem Alkohol und den Medikamenten etwas übertrieben heute Abend und ... Ich muss wie ein Stein am Schreibtisch eingeschlafen sein. Du, du bist in meinem Traum. Du bist ... du bist die Verkörperung meines Gewissens, genau, meines schlechten Gewissens!«
    Chamberlain schien mehr und mehr in Rage zu geraten. Sam eines Augenlid zuckte wild. Wie auch immer es um seinen Geisteszustand bestellt war, er war fähig, das ganze Lager in Aufruhr zu versetzen, und Sam tat sicher gut daran, so schnell wie möglich zu verschwinden. Aber nicht ohne dieses blaue Buch . . .
    »Das blaue Buch da, mit der 13, gib es mir«, verlangte er.
    Der Archäologe streckte den Arm aus und reichte ihm das Buch mit einem breiten Lächeln.
    »Natürlich, die Abhandlung!«, spottete er. »Du hast ins Schwarze getroffen! Ist es nicht die Quelle all unserer Hoffnung und all unserer Leiden?«
    Samuel nahm den Band und drückte ihn fest an sich. Aus der Nähe betrachtet erschien das Buch, trotz der Flecke und der zerfledderten Ränder, nicht besonders alt zu sein. Sicher, die goldene 13 hatte unverkennbar orientalisch anmutende Züge wie aus dem Mittelalter, das beschichtete Papier, auf dem es gedruckt war hingegen, war alles andere als antik.
    »Es ist eine Kopie, nicht wahr?«, folgerte Sam.
    »Eine Kopie«, Chamberlain lachte laut auf. »Das kann man wohl sagen und das genau ist das Problem!«
    Samuel traf es wie ein Hieb. Wenn es sich nicht um das Original handelte, nützte es nichts, das Buch zu Hauptmann Diavilo zu bringen, damit er Alicia freigab. Er musste also wieder ganz von vorne anfangen.
    Willkürlich blätterte er durch die Seiten: die Federzeichnung einer Statue auf den Osterinseln, an ihrem Fuß ein Sonnenstein und die schematische Darstellung einer Sonne, bei der zwei Strahlen fehlten. Auf der nächsten Seite sah man eine furchterregende Fledermaus mit Kindskopf, darunter hatte jemand in schwarzer Tinte notiert: die mit einem Fluch belegte Höhle des Wadis Al-Mehdi, eine Stunde Fußmarsch nordöstlich von Ispahan. Etwas weiter gab es ein Rezept mit Zutaten wie Arsen, Kampfer und Kupfersulfat. Eine alchemistische Formel? Am Rand standen ein paar in Rot hingekritzelte Kommentare, doch Sam konnte sie beim besten Willen nicht entziffern. Er blätterte noch ein, zwei Seiten weiter. Diese Zeichnungen, diese Figuren ... Er hatte schon einmal in diesem Buch geblättert! in Brügge, erinnerte er sich, als er in das Labor des Alchimisten eingedrungen war! Aus diesem Zauberbuch stammte auch die besagte Formel über die Funktionsweise des Sonnensteins: »Derjenige, der die sieben Münzen vertrugt, wird Meister der Sonne sein. Wenn er die sechs Strahlen zum Leuchten bringt, wird sein Herz zum Schlüssel der Zeit. Dann wird er die unsterbliche Wärme kennen.«
    »Die Abhandlung von den dreizehn Kräften der Magie«, murmelte er. »Die sich im Besitz des Alchemisten Klugg befand . . .«
    »Klugg«, rief Chamberlain triumphierend, »da haben wir's wieder! Was man auch tut, und sei es im Traum, immer kommt man auf ihn zurück! Nun«, wollte er wissen, »wenn du mein Unterbewusstsein bist, hast du vielleicht eine Idee, wie wir unser Problem lösen können?«
    »Unser Problem?«
    »Die letzten Seiten, das weißt du doch, die, die fehlen!«
    Ohne seine Waffe aus der Hand zu legen, arbeitete Sam sich bis zum Ende des Buches vor, wo mehrere Seiten fehlten.
    »Wer hat sie herausgerissen?«, fragte er.
    »Sie sind zur Zeit der Eroberung der Heiligen Stadt aus dem Original entfernt worden. Diese Kopie hält sich gewissenhaft an die Vorlage.«
    »Die Eroberung der Heiligen Stadt?«, hauchte Sam ungläubig.
    »Du willst mich wohl testen? Ich konsumiere vielleicht etwas zu viel Alkohol und Beruhigungsmittel, aber mein Gedächtnis habe ich deswegen nicht verloren! Die Plünderung Roms im Jahre 1527 ... Die Truppen von Kaiser Karl V., die in der ganzen Stadt ausschwärmten . . . die Kirchen anzündeten und vor nichts zurückschreckten! Ich kenne das alles auswendig! Genau zu dieser Zeit wurde die Abhandlung verstümmelt und seitdem sind diese entscheidenden Seiten verschwunden!« Samuel versuchte, so gut es ging, seine Überraschung zu verbergen. 1527, Rom, die Plünderung ... Er klemmte das Zauberbuch unter den Arm, mit dem er auch die Waffe hielt, und kramte in seiner Tasche nach den Münzen. Mit dem Daumen ertastete er die goldene Münze, die der Tätowierte ihm geschickt

Weitere Kostenlose Bücher