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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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der grauen Mähne in zwanzig Metern Tiefe mit aufgeregt fuchtelnden Armen zu. »Nonno, siehst du mich? Ich bin hier, Nonno!«
    Den Umstehenden rief er zu:
    »Das da unten ist mein Großvater! Siehst du mich, Nonno? Warte, ich komme!«
    Laut schreiend drängte Sam sich durch die gaffende Menge geradewegs zu den Schweizergarden, die die Seile überwachten. Er baute sich vor zweien von ihnen auf, die gerade die Hände nach einem der Geretteten ausstreckten und ihm über die Mauer halfen.
    »Da unten, mein Großvater!«, schrie Sam außer sich und wollte nach dem Seil greifen. »Er ist genau da unten! Ich muss ihn retten! Nonno«, wiederholte er, »ich hol dich rauf! «
    Einer der Soldaten schob ihn beiseite, während der andere den Mann beglückwünschte, der sich erfolgreich in der Festung in Sicherheit gebracht hatte.
    »Der mit den grauen Haaren!«, fuhr Sam fort. »Das ist mein Großvater! Er ist alt, er hat einen kranken Arm, er wird es niemals allein schaffen ... Er wird sterben, wenn ich nicht hinunterklettere und ihm helfe!«
    Der zweite Soldat blickte nach unten.
    »Er ist vielleicht nicht mehr ganz jung, aber . . .«
    »Ich flehe Euch an, es ist seine einzige Chance! Die Spanier werden ihn mitnehmen!«
    Eine ältliche Dame mit schwarzem Hut schaltete sich ein »Ich wäre froh, wenn einer meiner Söhne bereit wäre, seinen Hals zu riskieren, um seine alte Mutter zu retten!«
    »Aber ja!«, stimmte eine andere ihr zu. »Es ist doch sehr schön, wenn jemand seinen Großvater retten will!«
    Der Schweizergardist sah schnell ein, dass es keinen Sinn hatte, lange zu diskutieren. Er gab nach und hob drohend den Zeigefinger.
    »Einverstanden, aber auf deine Verantwortung! Wenn du dir unbedingt den Hals brechen willst, ist das allein deine Sache! Und beeil dich, da unten warten noch mehr!«
    »Vielen Dank! Ich danke Euch!«, rief Sam. »Ich klettere nach unten und helfe ihm hinauf! Bin gleich wieder da!«
    Schnell ergriff er das Seil, bevor der Soldat Zeit hatte, seine Meinung zu ändern, prüfte kurz, ob das Buch unter seinem Hemd noch fest saß, und schwang sich dann über die Mauer, sobald die beiden Soldaten ihm ein Zeichen gaben. Langsam, sich mit den Füßen an der Mauer abstützend, ließ er sich an dem Seil nach unten gleiten und achtete dabei auf eine gleichmäßige Atmung, damit seine Muskeln sich nicht verkrampften. Beim Seilklettern in der Schule war er gar nicht so schlecht gewesen und die Aussicht, bald bei Alicia zu sein, verdoppelte seine Kräfte. Sein Abstieg dauerte nicht einmal eine halbe Minute und unter donnerndem Beifall setzte er seine Füße ins feuchte Gras. Es gab sogar Applaus für seine Flucht!
    Er rieb sich die brennenden Handflächen, suchte seine Sandalen zusammen, die er hatte fallen lassen, und fasste den Mann mit den grauen Haaren bei den Schultern.
    »Nonno«, rief er, »ich bin ja so froh, dass es dir gut geht!«
    »Ah . . . was . . .« Der Alte sah ihn mit großen Augen an, doch Sam ließ ihm keine Zeit zu protestieren.
    »Ich bin da, Nonno. Alles wird gut!«
    Er schlang ihm das Seil um den Bauch und machte einen dicken, festen Knoten, bevor er ihm das Ende des Seils durch die Beine schob und ihm in die Hand drückte.
    »Gut festhalten, Nonno! Du wirst sehen, du wirst nach oben schweben wie in einem Sessel!«
    Er gab seinem Schützling einen Kuss auf die Wange und schrie den Soldaten oben auf den Zinnen aus vollem Halse zu: »Ihr könnt ihn jetzt raufziehen! Aber seid vorsichtig mit meinem Großvater!«
    Das Seil spannte sich mit einem Ruck und der alte Mann schwebte nach oben, zwar immer noch verblüfft, aber froh, dass er jetzt schon an der Reihe war. Er war immer noch recht kräftig und schaffte es gut, sich mit den Füßen an der Mauer abzufangen. Oben angekommen, wurde er mit lautem Jubel in Empfang genommen und die Soldaten beeilten sich, ihn loszubinden, um das Seil schnell wieder zu seinem so mutigen Enkel hinunterzuwerfen.
    Doch Sam rannte bereits zu einer der auf der Uferböschung gestrandeten Barken . . .

 
16.
    Il Diavolo
     
    Zuerst ließ Samuel sich ein Stück in der Strömung treiben, lenkte nur mit dem Ruder hinten im Boot etwas nach, um nicht zu weit vom Ufer abzukommen. So schwamm er an den Befestigungsmauern des Borgo-Viertels entlang, die unter kräftigen Einschlägen und Erschütterungen erzitterten, bis die Wellen ihn an den kleinen Strand brachten, unweit der Stelle, an der der Sonnenstein vergraben war. Irgendwie schaffte er es anzulegen und zog das Boot

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