Der magische Reiter reiter1
flüchtigen, warnenden Blick zu, verbeugte sich und verließ den Thronsaal. Der Terrier wollte ihr nach draußen folgen.
»Spürer!«, sagte der König barsch, und der Hund blieb widerstrebend und mit wedelndem Schwanz stehen und starrte eine Weile auf die Tür, durch die die Anführerin der Grünen Reiter verschwunden war, dann rollte er sich vor Zacharias’ Füßen zusammen.
Weshalb hatte Hauptmann Mebstone sie so warnend angesehen? Und was war das für ein seltsamer Ausdruck in den Augen des Königs … Langeweile? Erwartung? Sie zappelte vor Nervosität und richtete den Blick zu Boden.
»Clan G’ladheon?«, fragte er unvermittelt. Karigans Herzschlag stockte. »Ein gekaufter Clanstitel, wenn ich richtig unterrichtet bin.«
Karigan schoss das Blut in die Wangen. »Ein Clanstitel, den Eure Großmutter bestätigt hat.« Fast hätte sie sich auf die Zunge gebissen. Das sah ihr wieder einmal ähnlich, mit etwas herauszuplatzen, ohne vorher nachzudenken.
Zacharias blinzelte wie ein schläfriger Löwe. »Hauptmann
Mebstone hat mir von deiner Reise erzählt. Und natürlich waren meine Ratsherren und ich Zeuge deines ungewöhnlichen Auftritts.« Er machte eine Pause und strich sich über den Bart. »Aber das ist im Moment unwichtig. Spielst du Intrige, Karigan G’ladheon?«
»Ich, äh …« Der Themenwechsel brachte sie ins Stottern. Was meinte er damit, ihre Reise sei unwichtig? »Ja, ich habe schon Intrige gespielt.«
»Gut.«
Der König klatschte in die Hände, um einen Diener herbeizurufen. Karigan wurde ein Stuhl gebracht, dann stellte man einen Tisch zwischen sie und obendrauf das Spiel.
»Ohne einen Dritten macht es nicht so viel Spaß«, sagte der König. »Vielleicht hätte ich Hauptmann Mebstone hierbehalten sollen, aber es geht auch so. Ich habe schon lange nicht mehr gespielt.«
»Aber …«
»Die grünen oder die blauen Figuren?«
»Die grünen, aber …«
Der König kicherte erfreut. »Ausgezeichnet.«
Da begriff Karigan, welche Farbe sie sich ausgesucht hatte, und stöhnte auf. Weshalb wollte der König mit ihr spielen? Weshalb war ihre Reise unwichtig? Er stieg sogar von seinem Thron herunter, setzte sich auf die unterste Stufe des Podests und stellte die Figuren für zwei Spieler auf. Es waren kleine Holzfiguren. Karigan hatte angenommen, dass der König ein Spiel aus Silber, Gold und Juwelen besäße, doch seine Ausführung war weitaus schlichter, als sie es sich jemals vorgestellt hätte.
»Nun würfle, und wir werden sehen, wer sich der besseren Strategie bedient.«
Im Verlauf des Spiels erwachte der schlafende Löwe zum Leben. Es gelang dem König, jedem Zug, den Karigan machte, zu begegnen. Ihre Figuren wurden zurückgetrieben, gefangengenommen und »getötet«. Er lockte ihre Spione in tödliche Fallen und stachelte ihre Ritter zu Kämpfen an, die sie unmöglich gewinnen konnten.
Zacharias’ Ahnen starrten von ihren Fresken an der Decke auf Karigan herab. Bei Zacharias’ verwegenen Attacken ballte sie die Fäuste und öffnete sie wieder, als alle ihre Ritter von gemeinen Fußsoldaten außer Gefecht gesetzt wurden. Sie schrie in Gedanken auf, dass der König so etwas jetzt nicht tun sollte, dass er verrückt sein musste, Spiele spielen zu wollen, statt von ihrer Reise zu erfahren. Und doch saßen sie da, er auf der Podeststufe, sie auf dem Stuhl, beide Spiegelbilder ihres Gegenübers, wie sie sich so auf das Spiel konzentrierten, während das Sonnenlicht in immer längeren Bahnen in den Thronsaal drang.
Nach zwei Stunden saß Karigan ermattet auf ihrem Stuhl. Zacharias schnippte mit dem Zeigefinger ihren König vom Brett und blickte sie stirnrunzelnd an. »Du hast mir doch gesagt, du hättest schon Intrige gespielt.«
»Habe ich auch.«
»Das war eines der nachlässigsten Spiele, die ich je erlebt habe. Du hattest Boten. Grüne Reiter bedienen sich besonderer Fähigkeiten. Weshalb hast du deinen Boten keine besonderen Fähigkeiten verliehen?«
»Es ist ein Spiel. Man kann den Figuren nicht einfach besondere Fähigkeiten geben. Ich meine, die Regeln …«
»Hör mich an, Karigan G’ladheon.« Der König beugte sich vor, sein Gesicht nur eine Handbreit von ihrem entfernt. »Man kann nicht Intrige spielen und zu gewinnen hoffen,
wenn man sich an die Regeln hält. Setz ein, was immer dir zur Verfügung steht. Täte ich das nicht«, setzte er im Flüsterton hinzu, »hätte man schon vor langer Zeit mein Porträt an die Decke gemalt. Siehst du die freie Stelle dort neben dem
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