Der magische Zirkel - Der Verrat
von einem eigenen Licht umgeben und sie war unbeschreiblich schön.
Laurel flüsterte Cassie leise ins Ohr: »S ie macht sich nicht darüber lustig, musst du wissen. Halloween ist der höchste Feiertag unseres Hexenjahres. Sie ehrt ihn auf diese W eise.«
»O h«, murmelte Cassie, und ihr Blick glitt zu Faye.
Faye stellte wohl eine Hexe dar. Die A rt, vor der Jungen sich fürchteten und die sie gleichzeitig unwiderstehlich fanden. Sie hatte ein ärmelloses schwarzes Kleid angezogen, das wie eine Parodie auf Dianas weißes Gewand wirkte. Es war an beiden Seiten hüfthoch geschlitzt und so eng geschnitten, dass es jede Kurve ihres Körpers betonte. Der Stoff schimmerte seidig, wenn sie sich bewegte.
Heute A bend werden ein paar Herzen gebrochen werden, dachte Cassie.
Es klingelte an der Tür. Die Mädchen liefen mit wehenden Gewändern nach unten, um den Jungen aufzumachen. Der Zirkel wollte gemeinsam zur Party gehen und sie auch geschlossen um halb zwölf wieder verlassen.
Nick war zwar Cassies Begleiter, aber im ersten Moment hatte sie nur A ugen für A dam. Er war einfach umwerfend. Sein Gesicht wurde von einer Maske aus Eichenblättern und Eicheln bedeckt und in seinem wirren weinroten Haar trug er ein Geflecht aus Zweigen und Blättern.
»E r verkörpert Herne. Einen Naturgott, ähnlich wie Pan. Er ist auch der Gott der Tiere. Deshalb hat er Raj mitgebracht«, sagte Melanie.
Raj war nicht zu übersehen. Er versuchte, mit der Schnauze nach vorn zu stoßen, um Cassie zu begrüßen. A dam– oder Herne: Es verwirrte Cassie, wie natürlich er in seinem Kostüm aussah– hielt den Hund zurück.
Die anderen Mädchen lachten über die Kostüme der Jungen. »S ean«, rief Laurel. »D u bist dürr genug, ohne alle deine Knochen zu zeigen.« Er war als Skelett verkleidet.
Chris und Doug hatten sich seltsame Zeichen ins Gesicht gemalt, schwarze und rote Dreiecke, gelbe Blitze. Ihr langes hellblondes Haar war noch strubbeliger als sonst. »W ir sind Zax«, riefen sie stolz. Und wie im Chor fragten alle: »W er?«
»Z ax, der Magier«, antwortete Chris. »E r kann Blitze aus seinen Fingerspitzen zucken lassen.«
»D as ist eine Figur aus einer Science-Fiction-Serie, die sie mal gesehen haben«, erklärte Suzan schließlich.
Fayes dunkle Stimme unterbrach sie. »U nd was stellst du dar, Nick? Man in Black?«
Cassie sah Nick zum ersten Mal an. Er trug kein Kostüm, nur schwarze Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover. Er sah wahnsinnig gut aus und absolut cool.
»I ch begleite sie zum Ball«, erwiderte er ruhig und hielt Cassie die Hand hin, ohne Faye eines weiteren Blickes zu würdigen.
Faye hat keinen Grund, sauer zu sein, dachte Cassie, als sie zu den parkenden A utos gingen. Sie will ihn nicht mehr. A lso kann es ihr auch egal sein, mit wem er ausgeht. Trotzdem hatte sie ein ungutes Gefühl, als Nick sie zum A uto der A rmstrongs führte. Deborah und Laurel stiegen hinten ein.
In den V orgärten ringsum grinsten die beleuchteten Fratzen der Kürbislaternen, in deren leeren A ugenhöhlen Flammen tanzten. Die Nacht war kristallklar und mondhell.
»E ine verwunschene Nacht«, sagte Laurel vom Rücksitz her. »H eute versammeln sich die Geister vor den Fenstern und Türen und spähen hinein. W ir stellen immer eine weiße Kerze aufs Fensterbrett, um ihnen den W eg zu weisen.«
»O der einen Teller mit Essen vor die Haustür, damit sie nicht versuchen, ins Haus zu kommen«, fügte Deborah mit gespenstisch hohler Stimme hinzu.
Cassie lachte, aber es klang etwas gezwungen. Sie wollte nicht, dass Geister durch ihr Fenster sahen. Und was die Sache betraf, von der Laurel vor zwei W ochen erzählt hatte, dass die verstorbenen V erwandten die Lebenden besuchen würden– das wollte sie erst recht nicht. Sie kannte keinen ihrer toten V erwandten, außer ihrem V ater, und der war vermutlich gar nicht wirklich tot. Nein, alles in allem betrachtet, ließ sie die Toten lieber ruhen.
Aber der Zirkel hatte heute Nacht genau das Gegenteil vor.
Die Decke der Turnhalle war mit Eulen, Fledermäusen und Hexen dekoriert, die an prallen gelben Monden vorbeiflogen. Schwarzes und orangefarbenes Krepppapier war um die Eisenträger gewunden und hing in Streifen von den Basketballkörben herunter. A n den W änden tummelten sich tanzende Skelette, fauchende Katzen mit gewölbtem Rücken und lachende Geister.
Es war alles nur lustig und harmlos. Die normalen Schüler, die gekommen waren, um zu tanzen, sich zu verkleiden und von
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