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Der Mahlstrom: Roman (German Edition)

Der Mahlstrom: Roman (German Edition)

Titel: Der Mahlstrom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frode Granhus
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neu. »Ellen Steens Stelle?«
    »Steen? Uff, ja, die Frau, die da so schwer verletzt wurde. Schade, dass es auf die Art was geworden ist, aber darüber sollte sich Karianne keine Gedanken machen. Wenn sie den Job nicht genommen hätte, hätte es jemand anders gemacht.«
    »Trotzdem. Fühlt sich schon ein bisschen komisch an.«
    »Ja, natürlich, keiner wünscht sich, auf Kosten anderer glücklich zu werden, aber sie muss einfach so denken, dass diese Frau irgendwann zurückkommt, und dann freut sie sich sicher auch, dass jemand in der Zwischenzeit ihre Aufgaben erfüllt hat.«
    »Stimmt.«
    Der Alte blickte träumerisch vor sich hin. »Hast du Lust auf einen Kaffee?«
    »Nein, danke.« Niklas legte sich die Hand auf den Bauch und zog eine Grimasse. »Ich möchte nur ein bisschen mit dir reden.«
    »Es ist mir immer ein Vergnügen. Vor allem, wenn du mit so guten Neuigkeiten zu mir kommst wie heute.«
    »Dein Name ist übrigens in Verbindung mit einer etwas … sagen wir mal, mit einer außergewöhnlichen Sache aufgetaucht.«
    »Ach ja?«
    »Es ging da um einen Jahre zurückliegenden Todesfall, eine hochschwangere Frau, die mit dem Rad von der Straße abkam und gegen eine Felswand fuhr.«
    Ein paar wenige dünne Adern waren alles, was auf diesen hohlen Wangen von Leben zeugte, doch jetzt bekam die gelblich fahle Haut plötzlich Farbe. »Was ist mit ihr?« Seine Stimme war auf einmal eine andere. Der wahre Reinhard.
    »Du hast sie damals gefunden.«
    »Und?«
    »Nichts ›und‹. Mein Kollege sagt immer, dass die Welt klein ist. Ich musste ihm zustimmen, als ich hörte, dass mein eigener Schwiegervater diese Frau gefunden hat.« Er zuckte mit den Schultern, um den unterschwelligen Andeutungen die Schärfe zu nehmen. »Kannst du dich noch erinnern, was damals passierte?«
    Reinhand musterte ihn, bevor er antwortete: »Ich fuhr vorbei, weil ich gerade auf dem Weg ins Krankenhaus war. Karianne …« Er machte eine Handbewegung, zu diesem Thema gab es ja nicht mehr viel zu erklären. »Ich sah das Hinterrad aus dem Graben ragen, und erst dachte ich, die Frau sei tot. Sie war ganz voller Blut, und ich konnte auch keinen Puls fühlen. Natürlich hatte sie noch Puls, aber ich hab so gezittert … ich hatte so lange mit schweren Krankheiten in meiner unmittelbaren Nähe leben müssen. Aber schließlich bekam ich sie ins Auto gehievt. Erst da entdeckte ich, dass sie schwanger war, und das machte die Situation nicht unbedingt einfacher.«
    Niklas musterte den Mann – den er zu kennen meinte, der ihm aber in diesem Moment völlig fremd war. Während seiner Erzählung wirkte Reinhard sehr bewegt, was er ja vielleicht auch war. Aber nicht wegen der toten Frau.
    »Hast du es ihr erzählt?«
    Sein Schwiegervater rührte sich nicht, doch Niklas sah ganz deutlich, wie sich alle Muskeln in ihm spannten. »Warum kommst du jetzt mit dieser Geschichte?«, fragte er schließlich. Er flüsterte, doch seine Stimme bebte trotzdem vor Zorn. »Jetzt, wo endlich alles gut für sie wird. Karianne hat genug Kummer gehabt. Das verdient sie nicht.«
    »Ich komme mit dieser Geschichte, weil ich glaube, dass deine Vaterliebe mit dir durchgegangen ist.«
    Der Schreck wirkte aufrichtig. »Was willst du damit sagen?«
    »Nur das, was ich weiß: dass du alles getan hast, um ihr zu helfen, und die Ehre sei dir auch unbenommen. Ich deute an, dass du weiterhin alles getan hast, um für Kariannes Wohlergehen zu sorgen, nachdem sie schon eine neue Niere bekommen hatte.«
    Reinhard schüttelte erschöpft den Kopf.
    »In manchen Warteschlangen hat sich schon mal jemand vorgedrängelt.«
    »Mein Gott, Niklas, verwende das nicht gegen mich. Nicht jetzt. Ich bereue nichts. Ich bin stolz auf das, was ich getan habe.«
    Seine Worte klangen kalt.
    »Du bist gar nicht krank, stimmt’s?«
    »Was? Was redest du da eigentlich, Niklas? Was willst du mir unterstellen?«
    »Ich glaube, dass du alles getan hast, was in deiner Macht stand, um sie wieder heimzuholen, und ebenso viel, um sie zum Bleiben zu bewegen. Ich glaube, dass die Broschüren und die Inserate von dir kamen, und da das nicht genug Heimweh erzeugt hat, glaube ich, dass du deine Krankheit inszeniert hast.«
    »Um Himmels willen, Niklas …«
    »Und ich glaube, dass deine Krankheit sich schrittweise bessert, nun, wo es so aussieht, als würden wir bleiben.«
    »Niklas, das …«
    »Hast du Karianne erzählt, von wem sie ihre Niere bekommen hat? Hast du ihr erzählt, dass du selbst über die Organspenderin

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