Der Mahlstrom: Roman (German Edition)
Zusammenhang zwischen Ellen Steens Job und Kariannes Kompetenzen reiner Zufall? Karianne stand ja nicht mal an oberster Stelle der Warteliste, was die Theorie deutlich schwächte. Oder war es möglich, dass sie ihm das verschwiegen hatte? Wusste nur Reinhard Bescheid?
Er wählte Linds Nummer und spürte sein Herz pochen, während er darauf wartete, dass sein Kollege abnahm.
»Niklas? Geht’s dir besser?«
»So weit ja. Mir ist da noch was eingefallen.«
»Aha, das Gehirn arbeitet also, auch wenn der Magen Mätzchen macht.«
»Weißt du, ob Ellen Steen und Sara Halvorsen als Organspender gemeldet waren?«
Am anderen Ende der Leitung wurde es still. »Als Organspender? Kann ich mir nicht vorstellen, aber ich habe auch nichts davon gehört. Worüber denkst du da gerade nach?«
»Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht …«
»Hey, Niklas. Man teilt alle Ideen mit seinem Partner, weißt du.«
»Bald. Bis später.«
Er legte auf, wählte die Nummer des Krankenhauses und fragte nach dem Arzt, der bei Ellen Steens Einlieferung Dienst gehabt hatte. Zwei Minuten später war Dr. Bergstuen in der Leitung.
»Es geht um Ellen Steen«, sagte er und gab dem Arzt ein paar Sekunden, um geistig zurückzuspulen. »Haben Sie überprüft, ob sie als Organspender gemeldet ist?«
Der Arzt schien sich über die Frage zu wundern. »Im Todesfall machen wir das routinemäßig. In Ellen Steens Fall war das aber nie aktuell.«
»Und Sara Halvorsen?«
»In meiner Laufbahn als Arzt habe ich es nur ein einziges Mal erlebt, dass ein Patient einen Organspenderausweis hatte. Und das ist bestimmt zehn Jahre her. Nein, Sara Halvorsen hat keine Organe gespendet.«
Also musste es so sein, wie er zuerst gedacht hatte: Reinhard hatte kalt und zynisch beide aus dem Weg geräumt, damit Karianne hierblieb. Er konnte es ihr nicht länger verheimlichen. Er musste ihr sagen, dass ihr Vater ein kranker Mörder war.
Eine halbe Stunde später kam sie zurück und fand ihn im Wohnzimmer.
»Na, du großer Grübler?« Sie lachte neckend.
Er lächelte zurück, erwiderte den Scherz jedoch nicht.
»Geht’s dir gut?«
Er zuckte mit den Schultern.
Sie stellte die Einkaufstüte ab und kniete sich vor ihn. »Das setzt dir ganz schön zu, oder?«
»Karianne …« Er legte seine Hand auf die ihre und sah die Angst in ihren Augen aufflackern. »Es geht nicht um die Operation.«
»Sondern?«
»Um dich.«
»Um mich?«
»Ja, Karianne. Es geht von A bis Z um dich.«
Sie runzelte die Stirn. »Soll heißen, im Moment dreht sich alles nur um meine Person?«
»Das ist so und war so.«
»Das versteh ich nicht, Niklas.« Jetzt war ihr Ton schon schärfer.
»Der Mord an Sara Halvorsen, der Überfall auf Ellen Steen – da beginnen sich Zusammenhänge abzuzeichnen … die ich zuerst versucht habe zu ignorieren und zu leugnen, aber das geht jetzt einfach nicht mehr.«
»Du weißt also, wer der Täter ist?«
Er nickte.
»Aber warum bist du dann so niedergeschlagen? … Es ist jemand, den wir kennen, stimmt’s?«
Er nickte wieder.
»Oh Gott, ich will es gar nicht wissen … Wer ist es, Niklas?«
»Dein Vater.«
Kein bestürzter Blick, kein Schock. Ihr Gesichtsausdruck blieb unverändert. Sie wartete darauf, dass er es zurücknahm. Als das nicht geschah, begann sie den Kopf zu schütteln. »Nein, nicht Papa. Nicht Papa.«
»Karianne?«
»Nicht Papa.«
»Karianne?«
»Nicht er.« Sie riss ihre Hand zurück, als könnte sie es nach dieser ungeheuerlichen Behauptung nicht mehr ertragen, ihn zu berühren.
»Ich glaube, er hatte einen gewissen Punkt erreicht.«
»Einen gewissen Punkt? Was um Himmels willen soll das, Niklas? Warum sollte Papa Ellen Steen oder Sara Halvorsen etwas antun wollen?«
Er schüttelte den Kopf. »Das ist bloß die Fortsetzung. Angefangen hat es schon viel früher.«
Sie starrte ihn mit einem Blick an, der ihn anflehte aufzuhören. »Linea?«
»Karianne … wenn ich dir jetzt sage, dass ich zu fünfundneunzig Prozent sicher bin, aber deine Hilfe brauche, um die letzten fünf Prozent herauszufinden … die ihn entweder freisprechen oder den letzten Zweifel beseitigen …«
Sie stieß sich vom Sessel ab und stand auf. »Du bist nicht du selbst, Niklas. Ich glaube, diese … Organspende …« Sie fasste sich an die Stelle unterhalb der Rippen, wo eine kranke Niere im Todeskampf lag. »Du brauchst nicht … ich will deine verdammte Niere nicht haben.« Sie brach in Tränen aus und schluchzte wild und verzweifelt.
Er setzte sich neben
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