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Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Titel: Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Vermeulen
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gearbeitet habe.«
    »Hat die Arbeit dich dorthin geführt, oder war es eine Flucht?«
    Leonardo runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«
    »Wenn man einen Laden hat, bekommt man viel zu hören, Leonardo. Das haben wir dir doch schon einmal gesagt.«
    »Die Signoria hat mich wegen übler Verleumdungen eines Denunzianten verhaftet«, erklärte Leonardo brüsk.
    »Wir haben auch etwas über die Art der Bezichtigungen gehört.«
    »Müssen wir jetzt wirklich darüber reden?«
    »Frauen sind nun einmal neugierig, Leonardo. Zumal, wenn es um solche Dinge geht.«
    »Welche Dinge?«
    »Gefühlsdinge.«
    »Was hat ein Denunziant mit Gefühl zu tun?«
    »Du willst nicht darüber reden«, stellte Adda fest. Sie machte eine einladende Bewegung zur Tür hinter sich. »Möchtest du etwas trinken?«
    »Ich habe nicht so schrecklich viel Zeit.«
    »Ach ja, deine neue Werkstatt und dein Umzug und so.« Adda nickte ergeben. Dann wieder dieser eigenartige Blick. »Sind die jungen Mädchen in Pistoia so schön wie hier in Florenz?«
    »Schönheit findet man überall, Adda. Obwohl die Hässlichkeit meist überwiegt, genau wie die Dummheit. Aber ohne all das Hässliche würde die Schönheit natürlich nicht derart auffallen.« Leonardo schlug einen herausfordernden Ton an: »Ich hatte dort einen hübschen jungen Freund, Sohn eines Pächters. Eigens für ihn habe ich eine kleine Terrakottastatue von einem Engel gemacht.«
    »So, wie für uns das Gemälde, das wir bis heute nicht bewundern durften?«
    Leonardo blickte kurz verwirrt, weil er eine andere Reaktion erwartet hatte. »Du weißt, dass ich nicht zufrieden damit bin.«
    »Aber du wolltest das ändern.«
    »Ich bin noch nicht dazu gekommen.«
    Adda nickte langsam. »Ich mache mir, was unsere Wichtigkeit betrifft, keine Illusionen.«
    »Damit hat es nichts zu tun, Adda. Ein Bild von einem räudigen Hund kann genauso wichtig sein wie das von einem König.«
    »Vielen Dank!«
    »Du weißt ganz genau, was ich meine«, sagte Leonardo ein wenig ungeduldig.
    »Mit diesem Terrakotta-Engel warst du also zufrieden?«
    »Bis hin zu seinen krummen Zehen.«
    Das entlockte Adda ein kleines Schmunzeln, aber sie wurde sofort wieder ernst. »Dann wird sich dein Freund aber gefreut haben.«
    »So sehr, dass er jetzt bei mir arbeiten wird, er ist dieser einzige Schüler, von dem ich gerade sprach. Paolo kennt sich schon gut in der Marketerie aus, und danach besteht große Nachfrage.«
    »Was ist denn Marketerie?«
    »Intarsien, Einlegearbeiten aus Holz.«
    »Paolo heißt er also. Kennt er sich auch noch in anderen Dingen gut aus?«
    »Das wirst du dann schon über die einschlägigen Klatschkanäle zu hören bekommen, schätze ich«, konterte Leonardo spitz.
    »Ich bitte um Verzeihung, Meister da Vinci. Es war nur ein Scherz.«
    »Ja, natürlich…« Leonardo rieb sich kurz über die Stirn. Er hatte in den letzten Tagen nicht viel geschlafen, und das schlug sich allmählich auf seine Laune nieder. »Nur sind solche Scherze nicht mehr so lustig, wenn sie dich dafür ins Gefängnis werfen.«
    Das Glöckchen über der Ladentür bimmelte. Als Leonardo sich umdrehte, weil er hoffte, dass Magdalena gekommen sei, stand er Pietro Vannucci gegenüber. Er wandte sich wieder zu Adda um. »Ich wusste ja, dass heute nicht mein Tag ist, aber dass es so schlimm kommen würde!«, sagte er laut genug, dass der andere es hören konnte.
    Adda antwortete nicht darauf, sondern huschte hinter den Ladentisch, als suche sie dort Schutz.
    Vannucci blickte forschend von Leonardo zu ihr. »Ist er womöglich der Grund dafür, dass du meine Artigkeiten zurückweist? Dann setzt du, denke ich, aufs falsche Pferd, werte Adda.«
    »Meister da Vinci ist hier, um Töpfe zu kaufen«, entgegnete Adda von oben herab.
    »Das mag glauben, wer will. Ich habe sein Bild gesehen, auf dem du in ganzer Herrlichkeit prangst. Dazu wird er gewiss geraume Zeit in deiner Gesellschaft verbracht haben.«
    »Eine höchst angenehme Zeit«, sagte Leonardo. »Was von der Zeit, die ich gezwungenermaßen in deiner Nähe verbringen musste, Meister Vannucci, keineswegs behauptet werden kann.« Er maß den anderen von Kopf bis Fuß. »So, Adda weist also deine Artigkeiten zurück? Das beweist mir wieder einmal, dass ihre intellektuellen Fähigkeiten mindestens so hoch einzuschätzen sind wie ihre äußerliche Schönheit.«
    »Meine Herren, ich bitte Sie!«, seufzte Adda enerviert.
    Leonardo grinste mit einem Mal. »Diese anregenden kleinen Streitereien mit dir

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