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Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Titel: Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Vermeulen
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riss ihn aus seinen Studien. Meister da Vinci möge bitte unverzüglich in den Corte Ducale kommen. Il Moro erwarte ihn.
    Wie gewöhnlich vertat der Regent keine Zeit mit Präliminarien, sondern stellte Leonardo sogleich dem Mann vor, mit dem er sich gerade unterhalten hatte: Ambrogio de Predis.
    Die Brüder de Predis hatten, auch durch Zutun Il Moros , einen großen Auftrag der reichen Bruderschaft von der Unbefleckten Empfängnis erhalten. Angesichts des Umfangs der Arbeiten und der geforderten Qualität benötigten sie die Unterstützung eines meisterhaften Malers.
    Es gehe um ein Altarbild für die Kapelle der Bruderschaft in der San Francesco il Grande, der größten Kirche Mailands nach dem Dom, erklärte Ambrogio de Predis. Genauer gesagt um drei Tafeln, eine große und zwei kleinere. Auf der großen Mitteltafel solle eine Madonna mit Kind dargestellt werden, umringt von Engeln und zwei Propheten. Die Seitentafeln sollten singende und musizierende Engel zeigen. Das Ganze sollte in bereits vorhandene Rahmen eingepasst werden, die Ambrogios Bruder Evangelista aufarbeiten und verschönern würde.
    »Die Auftraggeber möchten, dass du die Mitteltafel übernimmst«, unterbrach Ludovico Sforza de Predis’ Erläuterungen. »Sie legen Wert auf deinen florentinischen Stil, und sie wollten den Besten, der zu bekommen ist.«
    Verwundert fragte Leonardo: »Haben sie denn schon Arbeiten von mir gesehen? Ich fühle mich natürlich sehr geehrt, aber ich weiß nicht, ob…«
    »Mein Wort genügt ihnen«, fiel ihm Sforza ungeduldig ins Wort. »Wann kannst du anfangen?«
    »Nun, ich habe keine Alternative«, erwiderte Leonardo. »Angesichts meiner prekären finanziellen Lage.«
    Sforza reagierte nicht auf seine kleine Spitze. Er ging wohl davon aus, dass andere genauso wie er selbst nur in ihre Schatztruhe zu greifen brauchten, wenn sie etwas benötigten, und jedermann vor allem zum eigenen Vergnügen oder aus Langeweile arbeitete.
    De Predis sagte: »Jeder Maler bekommt einen Vorschuss von hundert Lire und dann, sofern die Arbeit zur Zufriedenheit vorangeht, ein monatliches Honorar von vierzig Lire. Ein Notar wird den Vertrag aufsetzen.«
    »Den Rest überlasse ich euch«, sagte Sforza. »Ich werde anderswo erwartet.« Und damit war er auch schon verschwunden.
    »Die Bezahlung ist gut«, sagte de Predis. »Zudem könnte sich über die Bruderschaft, der viele Kunstliebhaber angehören, für dich ein breites Netz an nützlichen Kontakten auftun.«
    » Dimmi , wie bist du auf mich gekommen?«
    »Durch Il Moro . Ist das denn so wichtig?«
    Leonardo zuckte die Achseln. Im Grunde spielte es keine Rolle. Er brauchte Geld, und das dringend. Dieser Auftrag war ein Geschenk des Himmels. Und plötzlich kam ihm eine Idee. Er hatte doch das Bild von Magdalena in der Felsengrotte. Vielleicht eignete sich das ja für die Mitteltafel des Altars. Dann wäre er seine Geldsorgen los und könnte zugleich an der neuen Version des Bildes arbeiten, die er sich schon so lange vorgenommen hatte.
    »Wie ich schon sagte, kann ich diesen Auftrag kaum ausschlagen«, sagte Leonardo. »Aber ich habe eine Bedingung.« Er zögerte kurz. »Ich möchte hier im Schloss daran arbeiten können. Die Atmosphäre hier ist mir lieber als in einer Werkstatt mit lauter anderen besserwisserischen Künstlern.« Als ihm bewusst wurde, was ihm da herausgerutscht war, fügte er rasch hinzu: »Versteh mich nicht falsch, Meister de Predis, ich meine das nicht persönlich. Aber ich habe meine Erfahrungen und weiß, wie es in der bottega zugeht.«
    De Predis nickte mit vorgeschobenen Lippen. »Soweit ich gehört habe, wird dort oft mehr gefeiert als gearbeitet, nicht wahr?«
    Sie haben allesamt ihre Spione, dachte Leonardo resigniert. Und wenn die nichts Pikantes zu melden haben, erfinden sie einfach etwas. »Diese Feste sind oft die einzigen harmonischen Momente«, erwiderte er leicht verstimmt.
    »Hm… Der Vertrag soll eine Klausel zur Lieferzeit der Arbeiten enthalten. Kannst du damit leben?«
    »In diesem Fall schon.«
    »In diesem Fall?«
    »Ich benötige Einkünfte«, sagte Leonardo ausweichend. »Gibt es einen besseren Anreiz?«
    »Zumindest keinen pragmatischeren.«
    »Ich fange baldmöglichst an.«
    »Lässt du uns auch bestimmt nicht warten?«
    Leonardo runzelte die Stirn: »Warum sollte ich?«
    »Nun, du scheinst deine Reputation als exzellenter Künstler des Öfteren dadurch zu beschädigen, dass du die Neigung hast, Termine nicht einzuhalten…«
    »Dafür gibt es

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