Der Maler und die Lady (German Edition)
außergewöhnliche, vollkommen verschiedene Frauen, Freundinnen zu bleiben?“
„Indem sie es unterlassen, sich gegenseitig ändern zu wollen.“ Lara nahm die angefangene Arbeit vom Tisch und rollte sie in den Händen hin und her. „Ich schaue geflissentlich über Melanies Fehler hinweg, und sie tut dasselbe bei mir.“ Lara entdeckte den Skizzenblock und Bleistift in Anatoles Hand und hob fragend eine Augenbraue. „Was hast du vor?“
„Ich will ein paar Studien machen. Was hast du denn für Fehler?“
„Es sind zu viele, um sie aufzählen zu können.“ Lara legte das Holz weg und lehnte sich zurück. „Hast du auch ein paar gute Seiten?“
„Dutzende.“ Vielleicht war die Zeit gekommen, ihm ein wenig auf den Zahn zu fühlen. „Loyalität ist eine meiner Tugenden“, begann sie heiter. „Ehrlichkeit und zuweilen auch Geduld sind weitere.“
„Geduld nur zuweilen?“
„Ich hasse es, perfekt zu sein.“ Sie strich sich mit der Zungenspitze über die Zähne. „Und ich bin wahnsinnig gut im Bett.“
Sein Blick wanderte zu ihrem sinnlich lächelnden Mund. Was für ein Spiel trieb Lara Fairchild? Anatole erwiderte ihr Lächeln: „Das glaube ich sofort.“
Auflachend beugte sie sich vor und stützte das Kinn in die Hände. „Dich kann man wirklich nicht so leicht aus der Fassung bringen, Anatole. Um so mehr reizt es mich, es immer wieder zu versuchen.“
„Eine für mich bereits feststehende Tatsache kann mich wohl kaum noch erschüttern. Wer ist Stuart?“
Bei der Frage versteifte sie sich. Zugegeben, sie hatte ihn herausgefordert, aber nun drehte er den Spieß um. „Mein ehemaliger Verlobter“, antwortete sie gleichmütig. „Stuart Hiller.“
Der Name erinnerte ihn an etwas, aber Anatole fuhr fort zu zeichnen. „Derselbe Hiller, der die Merrick-Galerie leitet?“
„Derselbe.“ Ihre Stimme klang gepresst. Einen Augenblick lang war er drauf und dran, das Thema fallenzulassen, sich nicht in ihre Privatangelegenheiten einzumischen und ihren Zorn nicht noch weiter anzustacheln. Aber der Job hatte Vorrang.
„Ich kenne ihn dem Namen nach“, fuhr Anatole fort. „Ich wollte mir die Galerie ansehen. Es ist nur etwa zwanzig Meilen von hier, nicht wahr?“
Es verwirrte Anatole, dass Lara ein wenig blass wurde, aber als sie sprach, klang ihre Stimme ruhig. „Nein, es ist nicht weit. Es tut mir leid, aber unter den gegebenen Umständen kann ich dich nicht begleiten.“
„Vielleicht legt ihr ja eure Meinungsverschiedenheiten am Wochenende bei.“ Es gehörte nicht zu Anatoles Gewohnheiten, die Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken. Er verabscheute Schnüffelei, zumal es sich um eine Person handelte, für die er sich zu interessieren begann. Als er von seiner Arbeit aufsah, fand er Lara nicht etwa bedrückt, sondern schäumend vor Wut.
„Das glaube ich kaum.“ Sie war sichtlich bemüht, die Hände ruhig zu halten, sodass Anatole sich fragte, wie viel Kraft es sie kostete, nicht die Beherrschung zu verlieren. „Mir wurde bewusst, dass ich künftig Fairchild-Hiller heißen würde.“ Mit hochgezogenen Schultern schüttelte sie sich. „Das wäre nie gut gegangen.“
„Die Merrick-Galerie hat einen recht guten Ruf.“
„Ja. Sie gehört Melanies Mutter, die sie bis vor zwei Jahren noch selbst leitete.“
„Melanie? Sagtest du nicht, sie hieße Burgess?“
„Sie war mit Carlyse Burgess von Burgess Enterprises verheiratet. Die beiden sind geschieden.“
„Dann ist sie also Harriet Merricks Tochter.“ Die Zahl der Mitspieler nahm zu. „Hat Mrs. Merrick die Leitung der Galerie in Hillers Hände gelegt?“
„Zum größten Teil. Dann und wann schaut sie noch nach dem Rechten.“
Anatole sah, dass Lara sich wieder gefasst hatte, und konzentrierte sich nun auf die Form ihrer Augen. Waren sie rund? Nein, eigentlich nicht, eher mandelförmig, aber auch das traf nicht ganz zu. Sie waren einmalig, wie Lara selbst.
„Abgesehen von meiner persönlichen Einstellung zu Stuart, finde ich, dass er ein Kunsthändler ist, der etwas vom Fach versteht.“ Ihr Lachen klang knapp und trocken.
„Seit er in der Galerie arbeitet, hat Harriet Zeit zum Reisen. Sie ist gerade von einer Safari in Afrika zurückgekehrt. Als ich neulich mit ihr telefonierte, erzählte sie mir, dass sie eine Halskette aus Krokodilzähnen mitgebracht habe.“
Vielsagend schloss Anatole einen Moment die Augen. „Demnach haben eure Familien ein enges Verhältnis. Ich vermute, dass dein Vater eine Reihe von
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