Der Maler und die Lady (German Edition)
bog. Fluchend ging Anatole weiter, bis er an der Wand einen anderen Hebel ertastete. Die Paneeltür öffnete sich gerade so weit, dass er sich mit Lara hindurchquetschen konnte. Er blinzelte in das Tageslicht, lief um die verhangenen Möbel herum und dann auf den Korridor.
Als er im zweiten Stock Cards begegnete, blieb er nicht stehen, sondern rief ihm nur zu: „Drehen Sie die Gasleitung zu Laras Studio ab.“ Hustend eilte er weiter. „Und lassen Sie niemanden in die Nähe.“
„Ja, Mr. Haines.“ Ruhig ging Cards mit einem Packen frischer Wäsche auf dem Arm auf die Haupttreppe zu.
Im Zimmer legte Anatole Lara aufs Bett und öffnete die Fenster. Einen Moment blieb er stehen, atmete tief ein und aus und hielt das Gesicht in die frische Luft, um den brennenden Schmerz in seinen Augen zu lindern. Sein Magen stülpte sich fast um. Erschöpft lehnte er sich aus dem Fenster und sog die Luft in langen, tiefen Zügen ein. Als die Übelkeit vorbei war, kehrte er zu Lara zurück.
Der rosige Teint hatte einer fahlen Blässe Platz gemacht. Bewegungslos lag sie da. Seit er Lara den Schlag versetzte, hatte sie sich nicht gerührt. Seine Hand zitterte ein wenig, als er die Finger gegen ihre Halsschlagader drückte. Der Puls schlug langsam, aber regelmäßig. Rasch lief er ins Bad und holte ein nasses Handtuch. Er wischte ihr Gesicht ab und rief ihren Namen.
Zunächst hustete sie heftig. Er hätte nicht für möglich gehalten, dass ein Hustenanfall ihn derart beruhigen könnte. Als sie die Augen öffnete, war ihr Blick verschleiert.
„Ich habe dich in dein Zimmer gebracht“, erklärte er ihr. „Jetzt ist alles in Ordnung.“
„Du hast mich geschlagen.“
Grinsend bemerkte Anatole die unterschwellige Empörung in ihrer Stimme. „Ich dachte mir, dass man mit einem solchen Kinn schoneinmal einen Stubser vertragen könnte. Ich habe dich doch kaum angerührt.“
„Das sagst du!“ Behutsam richtete sie sich auf und befühlte ihr Kinn. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie schloss die Augen und wartete, bis der Schwindelanfall abgeklungen war. „Das musste ja mal passieren. Tut mir leid, dass ich mich wie ein hysterisches Weib benommen habe.“
Anatole legte den Kopf an Laras Stirn. „Du hast mir mächtig Angst eingejagt. Du dürftest die einzige Frau sein, die innerhalb weniger Minuten einen Heiratsantrag und einen rechten Haken erhalten hat.“
„Ich liebe nun einmal das Außergewöhnliche.“ Sie brauchte noch ein paar Minuten, um sich wieder zurechtzufinden. „Hast du das Gas abgedreht?“
„Cards kümmert sich darum.“
„Natürlich.“ Die Antwort klang noch recht gelassen, aber dann zupfte Lara nervös an der Bettdecke herum. „Soweit ich weiß, hat bis jetzt noch keiner versucht, mich umzubringen.“
Es machte die Angelegenheit erheblich einfacher, wenn sie diese Tatsache von Anfang an begriff. Kopfnickend streichelte er Laras Wange. „Zunächst werden wir einen Arzt rufen und dann die Polizei.“
„Ich brauche keinen Doktor. Mir ist noch ein wenig übel, aber das geht vorbei.“ Lara ergriff seine Hände und hielt sie fest. „Und die Polizei können wir schon gar nicht rufen.“ Etwas in Laras Augen ließ ihn innerlich aufbrausen. „Bei versuchtem Mord, Lara, müssen wir die Polizei einschalten.“
Sie ließ sich nicht beirren. „Man wird unangenehme Fragen stellen, in jeden Winkel des Hauses schauen, und dann geht es auch noch durch sämtliche Medien.“
„Lara, das ist kein Spiel.“ Anatole drückte ihre Hände. „Du hättest getötet werden können! Du wärst bereits tot, wenn du dich allein im Atelier aufgehalten hättest. Ich werde nicht zulassen, dass er noch eine zweite Chance hat.“
„Du glaubst, es war Stuart.“ Lara ermahnte sich zur Vernunft. Nur so konnte sie Anatole überzeugen, objektiv zu bleiben. „Möglicherweise hat er den Anschlag vorbereitet, obwohl ich ihm eine derartigeGerissenheit nicht zugetraut hätte. Außer ihm gibt es niemanden, der mich aus dem Weg haben möchte. Aber, wir haben keinerlei Beweise.“
„Das bleibt abzuwarten.“ Einen Moment flackerte es bedenklich in Anatoles Augen, als er daran dachte, welche Befriedigung es ihm bereiten würde, Hiller zu einem Geständnis zu pressen. Lara interpretierte den verräterischen Glanz richtig und verstand ihn. „Du besitzt ja mehr primitive Instinkte, als ich dir zugemutet hätte.“ Gerührt streichelte sie mit einem Finger über seine Wange. „Ich wusste gar nicht, was das für ein herrliches Gefühl
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