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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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griff nach hinten, ohne sich umzusehen, und schloß die Verbindungstür.
    Wenig später heulten die Triebwerke auf, und die Gulfstream hob in die Mittelmeernacht ab.

35
    CIA-ZENTRALE, LANGLEY, VIRGINIA
     
    Michael stellte sich jedesmal vor, wie Umweltschützer über Monica Tylers Büro hergezogen wären. Es lag im sechsten, im obersten Stock der Zentrale und war groß und hell mit Blick über die Baume am Fluß. Monica hatte es strikt abgelehnt, ihren Schlupfwinkel mit staatlichem Mobiliar auszustatten, und statt dessen ihre eigenen Möbel aus ihrem New Yorker Büro mitgebracht: einen großen Schreibtisch aus Mahagoni, Aktenschränke aus Mahagoni, Bücherregale aus Mahagoni und einen Konferenztisch aus Mahagoni mit bequemen Lederstühlen. Überall standen kleine Kunstgegenstände aus Elfenbein und Silber, und kostbare Orientteppiche verdeckten den größten Teil des häßlichen graublauen Teppichbodens, mit dem das ganze Gebäude ausgelegt war.
    Eine Wand war ausschließlich mit Fotos von Monica und berühmten Zeitgenossen geschmückt: Monica mit James Beckwith, Monica mit dem CIA-Direktor, Monica mit einem Filmstar, Monica mit Prinzessin Diana. In der notorisch kamerascheuen Welt der Geheimdienste war Monica das reinste Covergirl. Als Michael den Raum betrat, roch er frischen Kaffee, eine aromatische französische oder italienische Mischung, und hörte von irgendwoher beruhigende Orchesterklänge.
    Adrian Carter, der als nächster kam, wirkte sehr verkatert. Er sog prüfend die Luft ein, roch den Kaffee und runzelte die Stirn.
    Monica kam zuletzt, wie üblich mit fünf Minuten Verspätung und in Begleitung von Tweedle Dee und Tweedle Dum, von denen jeder ein in Leder gebundenes Notizbuch an sich drückte.
    Sie nahmen am Konferenztisch Platz: Monica an der Querseite, die Faktoten zu ihrer Rechten, Michael und Carter zu ihrer Linken. Eine Sekretärin brachte ein Tablett mit Kaffee, Zucker, Sahne und kleinem Gebäck. Monica eröffnete die Sitzung, indem sie mit der Spitze ihres schlanken goldenen Kugelschreibers auf die polierte Tischplatte klopfte.
    »Wo ist McManus?« fragte Carter.
    »Er hat wegen einer dringenden Sache ins Hoover Building fahren müssen«, sagte Monica ausdruckslos.
    »Finden Sie nicht auch, daß der FBI-Vertreter an dieser Besprechung teilnehmen sollte?«
    »Was das FBI erfahren muß, bekommt es rechtzeitig mitgeteilt«, wehrte sie ab. »Dieser Fall betrifft nur die Agency und wird entsprechend behandelt.«
    Carter, der seinen Ärger nicht verbergen konnte, nagte am Knöchel seines linken Zeigefingers.
    Monica richtete ihren Blick auf Michael und sagte: »Nach dem Vorfall auf der Kanalfähre sind Sie angewiesen worden, sofort zurückzukommen und sich in der Zentrale zu melden. Sie haben diesen Befehl ignoriert und sind statt dessen nach Kairo gereist. Warum?«
    »Ich habe geglaubt, dort wertvolle Informationen in bezug auf laufende Ermittlungen erha lten zu können«, antwortete Michael.
    »Ich bin nicht dort gewesen, weil ich die Pyramiden sehen wollte.«
    »Verschonen Sie mich mit Ihren Scherzen, Michael. Ihre Lage ist schon ernst genug. Was haben Sie in Kairo erfahren?«
    Michael legte die drei Fotos, die Mohammed Awad ihm gegeben hatte, auf den Tisch und drehte sie so, daß Monica sie sehen konnte. »Hier trifft Hassan Mahmoud, der Tote aus dem Boston Whaler, einige Wochen vor dem Abschuß der Verkehrsmaschine in Kairo mit einem Mann namens Erik Stoltenberg zusammen. Stoltenberg ist ein ehemaliger Stasi-Offizier. Er kommt aus der Abteilung, die Guerillagruppen und Befreiungsbewegungen in aller Welt unterstützt hat. Seit der Wende ist er freiberuflich tätig. Bevor Mohammed Awad auf der Fähre erschossen wurde, hat er mir gesagt, Mahmoud habe sich mit Stoltenberg zusammengetan.«
    »Daß zwei Männer in einem Kairoer Kaffeehaus zusammensitzen, ist kein Beweis für eine Verschwörung, Michael.«
    Michael beherrschte sich mühsam. Irgendwann während ihres Aufstiegs zur Spitze hatte Monica gelernt, einen Kontrahenten während seiner Ausführungen durch Giftpfeile oder kaum begründeten Widerspruch aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    »Ich war in Kairo, weil ich mit Stoltenberg reden wollte.«
    »Warum habe Sie Ihre Informationen nicht an Carter weitergegeben, damit jemand von der Cairo Station den Fall bearbeiten konnte?«
    »Weil ich ihn selbst bearbeiten wollte.«
    »Das ist immerhin ehrlich. Bitte weiter.«
    »Als ich in Kairo ankam, war Stoltenberg tot.« Er warf ein Foto von Stoltenbergs

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