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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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sind sie jetzt?«
    »Im Childe Harald. Twentieth Street, nördlich des Dupont Circle.«
    »Wo bist du?«
    »In der Telefonzelle auf der anderen Seite der Connecticut Avenue. Näher kann ich nicht ran.«
    »Bleib dort. In zehn Minuten wirst du abgelöst.« Calahan legte auf und sah zu Elliott hinüber. »Wir haben ein weiteres kleines Problem, Sir.«

43
    WASHINGTON, D.C.
     
    Am nächsten Morgen saß Delaroche auf einer Bank am Dupont Circle und beobachtete ein paar Radkuriere, die ihren Morgenkaffee tranken. Er fand sie vage amüsant - wie sie lachten, Witze rissen und sich gegenseitig mit Dingen bewarfen -, aber er beobachtete sie nicht nur, um sich die Zeit zu vertreiben. Er merkte sich genau, wie sie angezogen waren, was für Rucksäcke sie trugen, wie sie sich ohne ihre Räder bewegten. Kurz nach neun Uhr erhielten die Kuriere über Funk ihre ersten Aufträge, bestiegen widerwillig ihre Räder und fuhren zur Arbeit.
    Delaroche wartete, bis der letzte abgefahren war. Dann ging er zu einer Telefonzelle und blätterte in den Gelben Seiten. Er fand rasch, was er suchte. Er verließ die Telefonzelle, hielt ein Taxi an und nannte dem Fahrer die Adresse.
    Das Taxi brachte Delaroche auf der M Street nach Georgetown und setzte ihn an der Auffahrt zur Key Bridge ab.
    Er betrat den Laden. Ein Verkäufer fragte, ob er ihm behilflich sein könne, aber Delaroche schüttelte den Kopf. Er begann mit der Kleidung. Er suchte das auffälligste Hemd und die bunteste Hose aus, die er finden konnte. Danach wählte er Schuhe, Socken, Helm und Rucksack aus. Er nahm alles in den vorderen Teil des Ladens mit und trug es zur Kasse.
    »Sonst noch was?« fragte der Verkäufer.
    Delaroche zeigte wortlos auf das teuerste Mountain Bike im Laden. Der Verkäufer hob es aus dem Ständer und schob es zur Servicetheke.
    »Was machen Sie damit?« fragte Delaroche ruhig. Er war sich peinlich bewußt, daß er mit starkem Akzent sprach.

    »Wir müssen das Fahrrad durchchecken, Sir. Das dauert ungefähr eine Stunde.«
    »Pumpen Sie nur die Reifen auf, und dann geben Sie's mir.«
    »Wie Sie wollen. Barzahlung oder Karte, Sir?«
    Delaroche zählte bereits die Hundert-Dollar-Scheine ab.
    Die folgende Stunde erledigte Delaroche seine Einkäufe auf der Wisconsin Avenue in Georgetown. Bei einem Juwelier ließ er sich die Ohrläppchen durchstechen und zwei Ohrringe einsetzen. Außerdem kaufte er mehrere auffällige goldene Halsketten. In einem Textilgeschäft erstand er ein Piratenkopftuch, in einem Elektronikladen einen Walkman.
    In der Toilettenkabine zog er sich um, band sich das Tuch um den Kopf und schmückte sich mit den goldenen Halsketten. Den Walkman befestigte er am Gürtel und hängte den Kopfhörer um den Hals. Seine Straßenkleidung und die Beretta mit Schalldämpfer stopfte er in den Rucksack, dann musterte er sich im Spiegel. Irgend etwas fehlte noch. Er setzte seine Ray-Ban-Sonnenbrille auf, mit der er den Mann in Paris ermordet hatte, und betrachtete sich erneut. Jetzt stimmte alles.
    Er ging wieder hinaus. Ein Mann mit Lederjacke war gerade dabei, sein Fahrrad zu klauen.
    »Hey, du Schweinebacke«, sagte Delaroche, indem er den Jargon der Radkuriere vom Dupont Circle imitierte. »Pfoten weg von meinem Bike, verstanden?«
    »Hey, bleib cool. Ich hab's mir bloß angesehen«, sagte der Mann und wich rasch zurück. »Frieden und Liebe und all der Scheiß.«
    Delaroche schwang sich aufs Rad und strampelte in Richtung Michael Osbournes Haus davon.
    Während Delaroche auf laubbedeckten Straßen durch den Westen von Georgetown fuhr, ging er seinen Plan nochmals durch. Die Ermordung Michael Osbournes würde schwierig werden. Osbourne war ein verheirateter Mann ohne wirkliche Laster, der sich auf kein sexuelles Abenteuer mit Astrid einlassen würde. Als Geheimdienstmann hatte er viele gefährliche Situationen überstanden; rein instinktiv würde er immer auf der Hut sein.
    Delaroche hatte überlegt, ob er als Fahrradkurier bei Osbourne klingeln und ihn erschießen sollte, wenn er die Haustür öffnete. Aber dabei hätte er riskiert, von Osbourne, der ihn schon einmal auf dem Chelsea Embankment gesehen hatte, erschossen zu werden. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, unbemerkt in sein Haus einzudringen, aber eine Luxusvilla in einer Stadt mit einer Kriminalitätsrate wie Washington war bestimmt mit einer Alarmanlage gesichert. Schließlich hatte Delaroche entschieden, ihn überraschend irgendwo im Freien zu erschießen, und deshalb war er jetzt als

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