Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
dazu, die Dinge sehr langfristig zu sehen.«
    »Ich will mir kein Urteil anmaßen, Max, aber damit hättest du erst zu mir kommen müssen«, sagte Elizabeth. »Ich habe dich eingestellt. Du arbeitest für mich. Die Firma hätte mir zu Recht schwere Vorwürfe gemacht.«
    »Und was hättest du gesagt?«
    »Ich hätte dir verboten, es zu tun.«
    »Deshalb habe ich dich nicht gefragt.«
    »Warum, Max? Warum hast du's auf Braxton abgesehen?«
    Max starrte Elizabeth an, als finde er ihre Frage anstößig.
    »Warum? Weil Braxton ein mieses kleines Arschloch ist, das demnächst Außenminister wird. Ich wundere mich, daß du überhaupt fragst, Elizabeth. Ich habe gehört, wie er mit dir bei Kanzleibesprechungen umspringt, und ich weiß, wie er über dich redet, wenn du nicht dabei bist.«
    Er zögerte kurz, sah Michael an und fragte: »Darf ich eine von dir schnorren?« Michael gab ihm die Zigaretten und sein Feuerzeug. Max rauchte schweigend ein paar Züge und trank noch einen Schluck Wein.
    »Aber es geht auch um mich persönlich«, sagte er schließlich.
    »Irgend jemand hat Braxton gesteckt, daß ich HIV-positiv bin. Er hat hinter deinem Rücken versucht, mich noch vor seinem Ausscheiden aus der Firma rauszuschmeißen. Ich wollte ihm seine letzten Wochen in der Firma so schwer wie möglich machen, und Susanna hat mir Gelegenheit dazu gegeben.«
    »Wie bist du an die Papiere rangekommen?« fragte Michael.
    »Ich habe einen Archivschlüssel geklaut und mir einen Nachschlüssel machen lassen. Dann bin ich eines Abends länger im Büro geblieben, habe die Schriftstücke aus dem Archiv geholt und bin damit zu Susanna gefahren. Ich hatte es unter einer Bedingung getan: Sie durfte nichts fotokopieren. Ich bin die ganze Nacht bei ihr gewesen, während sie gearbeitet hat, und am nächsten Morgen früh ins Büro gefahren, um die Akten zurückzustellen. Eigentlich war überhaupt nichts dabei.«
    »Hast du den Schlüssel noch?« fragte Elizabeth.
    »Ja, ich habe daran gedacht, ihn von der Memorial Bridge zu werfen, aber dann habe ich ihn doch behalten.«
    »Gut.«
    »Wieso?«
    »Weil wir heute nacht diese Unterlagen noch einmal brauchen.«

42
    WASHINGTON, D.C.
     
    Offiziell war das Weiße Haus »gedeckelt«, was bedeutete, daß die Pressestelle heute voraussichtlich nichts mehr mitteilen würde und der Präsident und die First Lady nicht die Absicht hatten, noch auszugehen. Aber um acht Uhr an diesem Abend rollte eine einzelne schwarze Limousine aus dem Südtor des Weißen Hauses und ordnete sich in den abendlichen Verkehr der Hauptstadt ein.
    Anne Beckwith saß allein auf dem Rücksitz. Es war keine gepanzerte Präsidentenlimousine, und es gab keine Begleitfahrzeuge, keine Polizeieskorte, nur einen Fahrer des Weißen Hauses und einen einzelnen Secret-Service-Agenten vorn auf dem Beifahrersitz. Auf diese Weise flüchtete Anne schon seit Jahren mindestens einmal in der Woche aus dem Weißen Haus. Sie genoß es, die Festung Weißes Haus zu verlassen und in die reale Welt hinauszukommen, wie sie gern sagte. Für Anne war die reale Welt nicht allzuweit vom Amtssitz des Präsidenten entfernt. Im allgemeinen fuhr sie nur eine kurze Strecke zu den Enklaven der Reichen in Georgetown, Kalorama oder Spring Valley, um bei alten Freunden oder wichtigen politischen Verbündeten einen Drink zu nehmen und mit ihnen zu essen.
    Die Limousine fuhr die Connecticut Avenue nach Norden und bog im Dupont Circle westlich auf die Massachusetts Avenue ab. Wenig später erreichte sie die California Street und wurde dort vor einer der Luxusvillen langsamer. Das Garagentor öffnete sich, und die schwarze Limousine verschwand lautlos von der Straße.
    Der Secret-Service-Agent wartete, bis das Garagentor sich wieder geschlossen hatte, bevor er ausstieg. Er ging um den Wagen herum und hielt der First Lady die Autotür auf. Der Gastgeber erwartete sie, als sie ausstieg. Sie küßte ihn auf die Wange und sagte: »Hallo, Mitchell, freut mich, Sie zu sehen.«
    Anne Beckwith war nicht gekommen, um diesen Abend bei angenehmer Konversation und gutem Essen zu verbringen. Es war ein geschäftlicher Besuch. Sie ließ sich ein Glas Wein geben, ignorierte jedoch den Teller mit Käse-und Pastetenhäppchen, den einer von Elliotts Drohnen auf den Couchtisch zwischen ihnen stellte.
    »Ich möchte wissen, ob die Situation unter Kontrolle ist, Mitchell«, sagte sie kalt. »Und falls sie das nicht ist, möchte ich wissen, was Sie zu tun gedenken, um sie unter Kontrolle zu

Weitere Kostenlose Bücher