Der Maler
bekommen.«
»Wäre Susanna Dayton noch am Leben und hätte diesen Artikel veröffentlicht, hätte er uns sehr schaden können. Ihre bedauerliche Ermordung hat uns eine kurze Atempause verschafft, aber ich glaube nicht, daß die Gefahr schon vorüber ist.«
»Bedauerliche Ermordung», wiederholte Anne verächtlich.
»Warum hat die Post die Story nicht gebracht?«
»Weil sie versuchen, sämtliche Behauptungen noch mal zu überprüfen, was ihnen bislang noch nicht gelungen ist.«
»Wird es ihnen gelingen?«
»Nicht, wenn ich's verhindern kann.«
Anne Beckwith zündete sich eine Zigarette an und blies mit nervös angespannten Lippen eine dünne Rauchfahne gegen die Decke.
»Was tun Sie, um es zu verhindern?«
»Ich ha lte es für wenig ratsam, Sie über alles genau zu informieren, Anne.«
»Reden Sie keinen Scheiß, Mitchell. Sagen Sie mir einfach, was ich wissen will.«
»Wir glauben, daß Susanna Daytons beste Freundin jetzt mit der Post zusammenarbeitet, eine Anwältin namens Elizabeth Osbourne«.
»Ist das nicht Douglas Cannons Tochter?«
»Richtig«, bestätigte Elliott.
»Cannon haßt Jim, seit sie beide im Senat gewesen sind. Sie haben gemeinsam im Streitkräfteausschuß gesessen. Cannon war Vorsitzender, Jim der ranghöchste Republikaner. Gegen Ende der Legislaturperiode haben sie kaum noch miteinander gesprochen.«
Anne trank ihren Wein aus und fragte: »Wollen Sie mir kein zweites Glas anbieten, Mitchell? Kalifornischer, stimmt's? Gott, wir machen wunderbaren Wein.«
Elliott schenkte ihr nach.
»Mitchell, wir kennen uns schon sehr lange«, sagte Anne.
»Jim und ich haben Ihnen viel zu verdanken. Sie sind über Jahre hinweg sehr großzügig zu uns gewesen. Aber ich werde nicht zulassen, daß Jim durch diese Sache irgendwie besudelt wird. Sein letzter Wahlkampf liegt hinter ihm. Er hat nichts mehr zu verlieren, außer seinem Platz in den Geschichtsbüchern.«
»Das verstehe ich, Anne.«
»Das glaube ich nicht, Mitchell. Dringt diese Sache an die Öffentlichkeit, werde ich mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln dafür sorgen, daß Sie die Folgen tragen. Ich werde nicht zulassen, daß Jim unter dieser Geschichte zu leiden hat, und Sie sind mir dann scheißegal. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«
Elliott trank seinen Scotch aus. Es gefiel ihm nicht, sich von Anne Beckwith belehren lassen zu müssen. Wären Annes Geldgier, Annes Unsicherheiten nicht gewesen, hätte Elliott niemals seine besonderen finanziellen Beziehungen zu James Beckwith aufbauen können. Anne entschied alles, selbst wenn es sich um Bestechungsgelder handelte. Er starrte sie sekundenlang eisig an, dann nickte er und sagte: »Ja, Anne, Sie haben sich sehr klar ausgedrückt.«
»Sollte die Bombe hochgehen, wird Jim sie überleben. Aber Ihr kleines Raketenprojekt geht den Bach runter. Nichts davon wird verwirklicht werden, oder der Auftrag wird an ein weniger umstrittenes Unternehmen gehen. Dann sind Sie erledigt, Mitchell.«
»Ich weiß, was auf dem Spiel steht.«
»Gut.« Anne stand auf und griff nach ihrem Mantel. Mitchell Elliott blieb sitzen. »Eine Frage noch, Mitchell: Haben die Leute, die Susanna Dayton ermordet haben, auch die Verkehrsmaschine abgeschossen?«
Elliott starrte sie verblüfft an. »Wie bitte?«
»Sie haben auf meine Frage mit einer Gegenfrage geantwortet. Das ist ein schlechtes Zeichen, Mitchell. Gute Nacht, mein Lieber. Oh, bitte stehen Sie meinetwegen nicht auf.
Ich bin nur die First Lady. Ich finde selbst hinaus.«
Elizabeth zog sich wie eine vielbeschäftigte Washingtoner Anwältin an, die abends noch einmal in ihr Büro fährt, um zu arbeiten: Jeans, City-Cowboystiefel, ein bequemer beiger Baumwollpullover. Max Lewis wohnte in der Nähe des Dupont Circle, und seine Arbeitskleidung spiegelte die Modetrends dieses Viertels wider: schwarze Jeans, schwarze Wildlederslipper, schwarzer Rollkragenpullover, dunkelgraues Sakko. Die Kanzlei Braxton, Allworth & Kettlemen befand sich in dem Eckgebäude an der Connecticut Avenue und K Street.
Michael wartete im Auto. Elizabeth und Max betraten die Eingangshalle, trugen sich beim Wachmann ein und fuhren mit dem Aufzug in den zehnten Stock hinauf.
Elizabeths Büro lag am Nordrand der Etage mit Blick auf die Connecticut Avenue. Samuel Braxton hatte das größte Büro der Firma, eine Ecksuite mit prachtvoller Aussicht auf das Weiße Haus und das Washington Monument. Elizabeth schloß ihr Büro auf, machte Licht und ging hinein. Sie redeten in der
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