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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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bis er ebenfalls gerade herabhing. Der erste Streifenwagen erreichte das Tor an der Straße. Michael hörte, wie die Tür des Gästehauses geöffnet wurde. Er drehte den Kopf kurz zur Seite und sah Elizabeths beigen Pullover durch die Dunkelheit huschen.
    »Bleib, wo du bist, Elizabeth!« rief er ihr zu.
    Oktober ging in die Hocke und riß den rechten Arm hoch.
    Michael gab mehrere Schüsse ab, die jedoch alle über Oktobers Kopf hinweggingen. Der Killer schoß dreimal ins Dunkel. Einer der Schüsse fand sein Ziel und traf Michael in die rechte Brust.

    Die Browning fiel ihm aus der Hand, polterte auf den Steg.
    Michael fiel auf den Rücken. Sein rechter Arm wurde gefühllos; dann spürte er einen starken, brennenden Schmerz in der Brust.
    Der Regen klatschte ihm ins Gesicht. Über ihm bewegten sich Äste im Wind, und Michael hielt sie in seiner Benommenheit für Riesenhände, die sich in seinen Körper krallten. Er war kurz davor, das Bewußtsein zu verlieren. Er sah Sarah am Chelsea Embankment auf sich zukommen, sah ihren langen Rock um die Wildlederstiefel wippen. Er sah ihr zerstörtes Gesicht. Er hörte Elizabeths Stimme, die aus weiter Ferne zu kommen schien und unverständliche Worte rief. Schließlich drang sie durch den Nebel seines Schocks.
    »Michael! Er kommt! Gott, Michael, bitte! Michael!«
    Als Michael den Kopf hob, sah er Oktober langsam auf sich zukommen. Seine Browning lag ungefähr einen Meter von ihm entfernt auf den Planken. Michael versuchte nach ihr zu greifen, aber sein Arm gehorchte ihm nicht. Er wälzte sich auf seine rechte Seite und tastete mit der linken Hand nach der Waffe.
    Unter seinen Fingern spürte er das kalte Metall, den vom Regen nassen Griff. Er bekam die Browning zu fassen, steckte seinen Zeigefinger durch den Abzugsbügel und schoß.
    Delaroche sah das Mündungsfeuer. Während die ersten Schüsse an ihm vorbeigingen, hob er seine Beretta und zielte damit auf den Liegenden. Er trat einen Schritt näher an ihn heran. Er wollte Osbourne ins Gesicht schießen. Er wollte Astrids Tod rächen. Er wollte sein Zeichen hinterlassen.
    Osbourne drückte erneut ab. Ein Geschoß durchschlug Delaroches rechte Hand und zerschmetterte den Knoche n. Die Beretta fiel ihm aus der Hand und klatschte ins schäumende Wasser unter dem Bootssteg. Der Schmerz war unglaublich. Er senkte den Kopf und sah Knochensplitter aus seinem Handrücken ragen.
    Er wollte Osbourne mit seiner unverletzten Hand umbringen - ihm das Genick brechen oder die Luftröhre zerquetschen -, aber Osbourne hatte noch seine Waffe, und die Polizei war bereits auf dem Gelände. Er drehte sich um, rannte den Steg entlang und sprang in das Dingi.
    Er mußte viermal an der Anreißleine ziehen, bis der kleine Außenbordmotor ansprang. Dann machte er die Leine los und steuerte das kleine Boot in den Shelter-Island-Sund hinaus.
    Cannon Point leuchtete von roten und blauen Blinklichtern.
    Sirenengeheul erfüllte die Luft. Aber Delaroche hörte nur eines: Elizabeth Osbournes Stimme, als sie ihren Mann anflehte, nicht zu sterben.

49
    LONDON

    »Wird er überleben?« fragte der Direktor am Telefon im Schlafzimmer seiner Villa in St. John's Wood.
    »Sein Zustand hat sich heute abend stabilisiert«, berichtete Mitchell Elliott. »Mittags sind noch einmal innere Blutungen aufgetreten, so daß noch einmal operiert werden mußte. Leider sieht's so aus, als würde er überleben.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Offiziell ist sein Aufenthaltsort geheim. Meine Quelle in Langley bestätigt, daß Osbourne auf der Intensivstation im Stonybrook Hospital auf Long Island liegt.«
    »Ihnen ist hoffentlich klar, daß wir jetzt nichts gegen Osbourne unternehmen dürfen. Zumindest vorläufig nicht.«
    »Ja, das ist mir klar, Direktor.«
    »Er hat zwei Mordanschläge überlebt. Unter keinen Umständen darf es einen dritten geben.«
    »Natürlich nicht, Direktor.«
    »Wirklich ein sehr starker Gegner, unser Mr. Osbourne. Ich bewundere ihn sehr, muß ich sagen. Insgeheim wünsche ich mir, ich könnte ihn überreden, für mich zu arbeiten.«
    »Er ist ein Pfadfinder, Direktor, und Pfadfinder passen nicht in unsere Organisation.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht.«
    »Wie steht's mit Oktober?« fragte Elliott.
    »Der ist von dem Abholteam ziemlich grob empfangen worden, fürchte ich.«
    »Und was ist mit unseren Zahlungen?«
    »Das Geld ist leider verschwunden. Er hat es sofort nach Eingang immer auf andere Konten überwiesen.«
    »Das ist bedauerlich.«
    »Gewiß,

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