Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
seiner Bank an. Er ließ seine Reisetasche und die Nylontasche mit dem Laptop in einem Schließfach im Bahnhof und wechselte einen Teil seines französischen Geldes in Schweizer Franken um.
    Er schlenderte eine glitzernde Straße mit strahlend hellen Luxusgeschäften entlang. In einer Gucci-Boutique kaufte er einen schlichten schwarzen Aktenkoffer, den er bar bezahlte. Er erklärte der Verkäufe rin, er brauche keine Tragetasche, und war im nächsten Augenblick mit dem neuen Aktenkoffer in der Hand schon wieder unterwegs.
    Als er den schmucklosen Haupteingang seiner Bank erreichte, hatte leichter Schneefall eingesetzt. Der einzige Hinweis auf den Zweck dieses Gebäudes war ein kleines Messingschild neben der Tür. Delaroche drückte auf den Klingelknopf und wartete dann, während der Wachmann ihn durchs Objektiv der Videokamera über dem Eingang inspizierte.
    Der Türöffner summte, und er betrat einen kleinen Vorraum.
    Delaroche nahm den Hörer des schwarzen Telefons ab und sagte, er habe einen Termin bei Herrn Becker.
    Becker erschien im nächsten Augenblick: untadelig gekleidet, einen Kopf kleiner als Delaroche und mit einer Glatze, die im hellen Neonlicht der Deckenbeleuchtung glänzte.
    Delaroche folgte ihm einen dezent beleuchteten, stillen Gang entlang, der mit beigem Teppichboden ausgelegt war. Becker führte ihn in einen gesicherten Raum und schloß hinter ihnen ab.
    Delaroche kämpfte gegen einen Anfall von Klaustrophobie.
    Becker öffnete einen kleinen Wandtresor und nahm das Geld heraus. Delaroche rauchte eine Zigarette, während Becker es ihm vorzählte.
    Die ganze Transaktion dauerte keine zehn Minuten.
    Delaroche quittierte den Empfang des Geldes, und Becker half ihm, es ordentlich in den Aktenkoffer zu stapeln.
    Im Empfangsraum warf Becker einen Blick auf die Straße und meinte: »Man kann nie vorsichtig genug sein, Monsieur Delaroche. Räuber gibt's überall.«
    »Danke, Herr Becker, aber ich weiß mir zu helfen, denke ich. Angenehmen Abend noch.«
    »Gleichfalls, Monsieur Delaroche.«
    Delaroche wollte mit dem vielen Geld in der Tasche nicht unnötig lange laufen, deshalb nahm er ein Taxi zum Hauptbahnhof. Er holte seine Reisetasche aus dem Schließfach und kaufte sich eine Fahrkarte erster Klasse für den Nachtzug nach Amsterdam.
    Früh am nächsten Morgen kam Delaroche auf der Amsterdamer Centraal Station an. Nach einer Nacht, in der er nur wenig und unruhig geschlafen hatte, ging er mit rotgeränderten Augen rasch durch den belebten Hauptbahnhof und trat auf den Bahnhofsplatz hinaus. Als erstes fielen ihm die abgestellten Fahrräder auf: Tausende von Fahrrädern in unzähligen Reihen.
    Delaroche fuhr mit einem Taxi in das zentral gelegene Hotel Ambassade und trug sich dort als der spanische Geschäftsmann Señor Arminana ein. Er verbrachte eine Stunde am Telefon, wechselte für den Fall, daß jemand in der Vermittlung des Hotels mithörte, mehrmals seine Sprachen und gebrauchte den Tarnwortschatz des kriminellen Untergrunds. Danach schlief er ein bißchen, und kurz vor Mittag saß er am Fenster eines rauchigen Cafes unweit seines Hotels.
    Die kleine Buchhandlung befand sich auf der anderen Seite des belebten Platzes. Sie stand in dem Ruf, etwas snobistisch zu sein, denn sie war auf klassische Literatur und Philosophie spezialisiert und weigerte sich, Bestseller oder Thriller zu führen. Der Hotelportier hatte erzählt, der Buchhändler habe einmal eine Kundin hinausgeworfen, die es gewagt habe, das neue Buch einer berühmten amerikanischen Autorin von Liebesromanen zu verlangen.

    Das war die ideale Umgebung für Astrid. Er sah sie zweimal für einen Augenblick - als sie ein Buch aus der Auslage nahm und einen Kunden beriet, der sich ganz offensichtlich mehr für sie interessierte als für jedes Buch, das sie ihm hätte empfehlen können.
    So wirkte Astrid auf Männer, schon immer.
    Das war der Grund, weshalb Delaroche erst mal nach Amsterdam gefahren war.
    Sie war in Kassel in der Nähe der deutsch-deutschen Grenze als Astrid Meyer zur Welt gekommen. Als ihr Vater 1967 die Familie sitzenließ, legte ihre Mutter seinen Namen ab und nahm ihren eigenen wieder an: Lisbeth Vogel.
    Nach der Scheidung bezog Lizbet in der Schweiz ein kleines Haus an einem Bergsee südöstlich von Bern. Dort lebte sie in vertrauter Umgebung. Spät im zweiten Weltkrieg, erst im Juli 1944, war ihre Familie aus Deutschland geflüchtet und hatte in einem nahe gelegenen Dorf Zuflucht gefunden. Dort in den Schweizer Bergen,

Weitere Kostenlose Bücher