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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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schon unterwegs.
    Er fuhr rasch durch den Nordwesten Washingtons, von Kalorama nach Georgetown, und parkte auf dem Volta Place hinter ihrem Überwachungsfahrzeug. Auf ein vereinbartes Klopfzeichen hin öffnete der Techniker ihm die Hecktür. Zwei Minuten später trat Susanna Dayton aus ihrer Haustür; sie trug einen Anorak und Lycra-Leggings und hatte ihren Hund bei sich.
    Calahan wartete, bis sie nicht mehr zu sehen war. Dann sprang er aus dem Wagen, ging über den Volta Place und betrat den Pomander Walk. Er hatte sich längst einen Nachschlüssel angefertigt. Sekunden später war er im Haus.
    Susanna überquerte die Wisconsin Avenue und trabte auf der P Street nach Osten. Es war schon spät, und sie hatte mit Elizabeth vereinbart, daß sie morgen früh miteinander laufen würden. Aber da sie den ganzen Tag in ihrem kleinen Haus eingesperrt gewesen war, mußte sie etwas tun, um den Streß abzubauen. Ihr Genick schmerzte, weil sie stundenlang auf den Bildschirm gestarrt hatte. Ihre Augen brannten. Nach ungefähr einer Meile begann sie unter ihrer warmen Kleidung zu schwitzen. Die Magie des Laufens erfaßte sie, und die Spannungen dieses anstrengenden Tages wichen langsam aus ihrem Körper.
    Sie steigerte ihr Tempo, flog förmlich über die roten Klinkersteine des Gehsteigs der P Street mit ihren großen, strahlend hell beleuchteten Stadthäusern. Carsons Pfoten klickten rhythmisch neben ihr her. Sie kam an einem Seven-Eleven vorbei und an einem kleinen Coffee Shop. Auf zwei Hockern am Fenster saßen Jack und seine neue Frau.
    Verdammt noch mal! Was zum Teufel hatten die beiden in Georgetown zu suchen? Jack war doch nach Bethesda gezogen, damit sie sich nicht ständig über den Weg liefen. Gott, warum hatte sie die beiden sehen müssen? Warum hatte sie durch diese blöde Scheibe starren müssen? Und warum jagte ihr Herz wie wild? Die Antwort darauf war einfach. Sie liebte Jack noch immer und würde ihn immer lieben.
    Tränen traten ihr in die Augen, nahmen ihr die Sicht. Sie rannte noch schneller. Carson hatte fast Mühe mitzuhalten. Gott, warum hat er dort sitzen müssen? Zum Teufel mit dir, Jack.
    Zum Teufel mit dir! Sie sah nicht, daß eine Baumwurzel ein Stück des Gehsteigs aufgewölbt hatte. Sah nicht, daß ein scharfkantiger Klinkerstein über alle anderen herausragte. Sie spürte einen jähen Schmerz im rechten Knöchel und sah in der Dunkelheit den Boden auf sich zukommen.
    Susanna lag mit geschlossenen Augen und nach Atem ringend auf dem Gehsteig. Sie hatte das Gefühl, ein Pferd habe sie in den Bauch getreten. Sie versuchte ihre Augen zu öffnen, aber es gelang ihr nicht. Dann spürte sie, wie jemand sie an der Schulter rüttelte, und hörte ihren Namen. Sie öffnete die Augen und sah Jack neben sich knien.
    »Susanna, hast du dich verletzt? Kannst du mich hören?«
    Sie schloß wieder die Augen und murmelte: »Was zum Teufel machst du in Georgetown?«
    »Wir sind bei Freunden zum Abendessen gewesen. Ich hab' nicht gewußt, daß ich dich vorher anrufen und um Erlaubnis fragen muß!«
    »Das mußt du nicht. Es hat mich nur überrascht, sonst nichts.«
    »Du erinnerst dich an Sharon, nicht wahr?«
    Sie stand hinter Jack: niederschmetternd attraktiv in einem schwarzen Cocktailkleid und einem kurzen schwarzen Mantel, die ihre außergewöhnlich schönen Beine zur Geltung brachten.
    Sie war verbrecherisch mager. Ihr offener Mantel ließ einen vollen, runden Busen sehen. Sie war genau Jacks Typ: blondes Haar, blaue Augen, großer Busen, kein Gehirn.
    »Ich könnte sagen, daß ich mich freue, dich zu sehen, Sharon«, sagte sie, »aber das wäre gelogen.«
    »Wir fahren ohnehin in deine Richtung. Sollen wir dich mitnehmen?«
    »Nein, danke. Lieber bleibe ich hier auf der Straße liegen.«
    Jack ergriff ihre Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
    Carson stieß ein dumpfes Knurren aus.
    »Schon gut, Carson. Er ist böse, aber harmlos.«
    Sie rappelte sich auf.
    »Da kommt ein Taxi. Mach dich nützlich, Jack, und halt es für mich an.«
    Jack trat auf die Fahrbahn. Er winkte dem Taxifahrer, der bremste und am Randstein hielt. Susanna humpelte zum Wagen und stieg mit ihrem Hund hinten ein.
    »Bis dann, Jack, Sharon.«

    Susanna zog die Tür zu, und das Taxi fuhr an. Sie beugte sich nach vorne und umfaßte mit beiden Händen ihren schmerzenden Knöchel. Sie schluchzte leise. Carson leckte ihr die Hand. Gott, warum hat sie mich so sehen müssen? Warum gerade hier und heute?
    Das Taxi hielt auf dem Volta Place am

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