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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Beständen hatte sie eines ihrer geklauten Räder entdeckt. Sie hatte dem Mann erklärt, das sei ihr Fahrrad, und ihn gebeten, es ihr zurückzugeben. Das hatte er hohnlächelnd abgelehnt. Sie sah unter den Sattel und fand ihre Namensplakette, die sie dort angebracht hatte. Der Mann bezeichnete sie als Lügnerin. Sie griff nach der Lenkstange und sagte zu ihm, sie nehme sich ihr Eigentum jetzt wieder. Der Mann versuchte, sie daran zu hindern. Sie rammte ihm ihren Ellbogen unters Kinn, daß sein Adamsapfel zersplitterte, und brach ihm mit einem kräftigen Tritt den Unterkiefer. Dann fuhr sie vom lauten Beifall der Umstehenden begleitet in aller Ruhe davon, die Heldin aller Amsterdamer, die jemals das Opfer von Fahrraddieben geworden waren.
    Astrid brachte den Kaffee in den Salon und setzte sich Delaroche gegenüber. Sie nahm die Spange aus ihrem Haar und ließ es über ihre Schultern fallen. Sie war eine hinreißend schöne Frau, die jedoch gelernt hatte, ihre Schönheit zu tarnen, um sich ihrer Umgebung anzupassen. Er genoß es einen Augenblick lang, sie nur anzusehen.
    »Also was führt dich nach Amsterdam? Geschäft oder Vergnügen?«
    »Du. Ich brauche deine Hilfe.«
    Astrid schüttelte langsam den Kopf und zündete sich eine Zigarette an. Delaroche hatte vorausgesehen, daß sie sich wahrscheinlich weigern würde, für ihn zu arbeiten. Sie hatte schon oft gemordet und einen sehr hohen Preis dafür bezahlt - ein im Untergrund verbrachtes Leben auf der Flucht vor allen Geheimdiensten und westlichen Polizisten. Hier war sie dauerhafter etabliert als jemals zuvor, und nun verlangte Delaroche, sie solle das alles aufgeben.
    »Ich bin längst nicht mehr im Spiel, Jean-Paul. Ich habe das Töten satt. Es macht mir keinen Spaß wie dir.«
    »Mir macht es auch keinen Spaß. Ich tue es, weil ich dafür bezahlt werde und nichts anderes kann. Du bist früher mal sehr gut gewesen.«
    »Ich hab's getan, weil ich an etwas geglaubt habe. Das macht einen Unterschied. Und sieh dir an, was es mir eingebracht hat«, sagte sie mit einer Geste, die ihre Umgebung umfaßte.
    »Natürlich könnte alles viel schlimmer sein. Ich könnte auch in Damaskus leben. Gott, das ist gräßlich gewesen!«
    Delaroche wußte, daß sie zwei Jahre lang in Syrien versteckt gelebt hatte, von Assad und seinem Geheimdienst stillschweigend geduldet, und weitere zwei Jahre Gaddhafis Gast in Libyen gewesen war.
    »Ich biete dir einen Ausweg, eine Chance für einen Neuanfang und so viel Geld, daß du für den Rest deines Lebens irgendwo ruhig und sorglos leben kannst. Willst du mehr hören?«
    Sie drückte ihre Zigarette aus und zündete sich eine neue an.
    »Zum Teufel mit dir!«
    Er stand auf und sagte: »Ich verstehe das als ein Ja.«
    »Wie viele Leute sollen wir umbringen?«
    »Ich bin in einer halben Stunde wieder da.«
    Er ging ins Hotel zurück, packte seine Sachen und bezahlte das Zimmer. Nach einer halben Stunde kam er mit seiner kleinen Reisetasche und der Nylontasche mit seinem Laptop den Niedergang der Krista herunter. Dann saßen sie wieder im Salon: Delaroche über seinen Computer gebeugt, Astrid auf einer Ottomane. Delaroche ging die Zielpersonen der Reihe nach durch. Astrid saß mit untergeschlagenen Beinen still wie eine Statue, eine Hand unterm Kinn, in der anderen eine Zigarette. Sie sagte kein Wort, stellte auch keine Fragen, denn wie Delaroche besaß sie ein absolut zuverlässiges Gedächtnis.
    »Wenn du mir hilfst, zahle ich dir eine Million Dollar«, sagte Delaroche nach der Einführung. »Und ich helfe dir, einen sicheren Ort zu finden, der etwas angenehmer als Damaskus ist.«
    »Wer ist der Auftraggeber?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch »Das ist doch sonst nicht deine Art. Dann bekommst du bestimmt einen Haufen Geld.« Sie zog an ihrer Zigarette und blies eine dünne Rauchfahne gegen die Decke. »Lad mich zum Abendessen ein. Ich habe Hunger.«
    Sie waren einst ein Liebespaar gewesen, als Delaroche die Rote-Armee-Fraktion vor vielen Jahren bei einem besonders schwierigen Anschlag unterstützt hatte. Nach dem Abendessen in einem kleinen französischen Restaurant mit Blick auf die Herengracht kehrten sie an Bord der Krista zurück. Delaroche streckte sich auf dem Bett aus. Astrid setzte sich neben ihn und zog sich wortlos aus. Es war viele Monate her, daß sie mit einem Mann ins Bett gegangen war, und sie nahm ihn beim ersten Mal sehr schnell. Dann zündete sie Kerzen an, und sie rauchten und tranken Wein, während

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