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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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halbes Dutzend Streifenwagen der Metropolitan Police mit eingeschalteten roten und blauen Blinkleuchten blockierten den Volta Place. Das Fahrzeug der Spurensicherer war da, und die Techniker nahmen Susannas Haus bereits unter die Lupe. Sie hatte versucht, Michael anzurufen, ihn aber nicht erreicht. Sie hatte bei der Vermittlung eine Notfallmeldung und Harry Scanions Nummer hinterlassen.
    Verdammt, Michael, ich brauche dich! dachte sie.
    Elizabeth zog die Wolldecke enger um sich, doch das Zittern wollte nicht aufhören. Sie schloß die Augen, aber vor ihrem inneren Auge sah sie Susannas zerschmetterten Leib leblos auf dem Fußboden liegen. Und sie sah das Blut. Gott, so viel Blut.
    Dann hörte sie, daß jemand sie ansprach. Sie öffnete die Augen und sah einen großen Afro-Amerikaner mit hellem Teint und auffallend grünen Augen vor sich stehen. Seine goldene Polizeiplakette trug er an der Brusttasche seines blauen Zweireihers.
    »Mrs. Osbourne, Detective Richardson, Mordkommission. Sie haben die Leiche aufgefunden?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Wann?«
    »Ich glaube, es war etwa Viertel nach sieben.«
    »Sie haben die Ermordete gekannt?«
    Die Ermordete, dachte Elizabeth. Susanna war bereits ihres Namens beraubt worden. Sie war nur noch die Ermordete.
    »Sie ist meine beste Freundin gewesen, Detective. Wir haben uns seit zwanzig Jahren gekannt. Heute morgen wollten wir zusammen laufen. Weil sie nicht gekommen ist, wollte ich wissen, was los ist. Ich habe mir vom Nachbarn den Schlüssel geben lassen und bin hineingegangen.«
    »Ist Ihnen irgend etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    »Außer ihrer Leiche nichts.«
    »Entschuldigung, Mrs. Osbourne. Wo hat sie gearbeitet?«
    »Sie ist Reporterin bei der Washington Post gewesen.«
    »Aha, deshalb ist mir ihr Name bekannt vorgekommen. Sie hat eine Zeitlang im Weißen Haus gearbeitet, stimmt's? Hat bei der Journalistenrunde im Fernsehen mitgemacht.«
    Elizabeth nickte.
    »Die Frage mag Ihnen seltsam vorkommen, Mrs. Osbourne, aber kennen Sie jemanden, der sie hat umbringen wollen?«
    »Keine Menschenseele, Detective.«
    »Irgendwelche ungewöhnlichen Umstände in ihrem Leben?«
    »Nein.«
    »Aufgebrachte Freunde? Verschmähte Liebhaber?«
    Elizabeth schüttelte den Kopf.
    »Ehemann?«
    »Er ist wieder verheiratet.«
    »In welchem Verhältnis standen sie zueinander?«
    »Ich arbeite mit ihm zusammen, Detective. Er ist ein Partner in meiner Firma. Er ist ein Scheißkerl, aber kein Mörder.«
    »Wir können keine Hand-oder Umhängetasche finden. Hat sie keine gehabt?«
    »Doch, sie hat sie immer auf die Arbeitsplatte in der Küche gelegt.«
    »Dort ist sie nicht.«
    »Wer hat sie ermordet?«
    »Das läßt sich unmöglich sagen. Jemand scheint in ihrem Haus gewesen zu sein, und sie muß ihn überrascht haben. Sie hat Sportkleidung getragen, aber ein Schuh war ausgezogen.
    Sieht so aus, als hätte sie sich den Knöchel verstaucht. Der Hund hat ein Halsband getragen.«
    »Also ist sie erschossen worden.«
    »Ein Haufen Leute in dieser Stadt würde lieber jemanden erschießen, als einen Zeugen leben zu lassen, der sie später identifizieren könnte«, sagte er nüchtern. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Das mit Ihrer Freundin tut mir wirklich leid, Mrs. Osbourne. Hier ist meine Karte. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, rufen Sie mich bitte an.«
    Elizabeth hörte das Telefon im Haus klingeln. Harry Scanion kam mit rotgeweinten Augen an die Haustür. »Michael ist am Telefon«, sagte er.
    Elizabeth stand auf und ging schwankend hinein. »Michael, du mußt schnell herkommen. Ich brauche dich!«
    »Was ist passiert? Warum bist du bei Harry?«
    »Susanna ist tot. Jemand hat sie in ihrem Haus erschossen. Ich habe sie gefunden. O Gott, Michael...« Ihre Stimme drohte zu versagen. »Bitte, komm schnell, Michael. Bitte, beeil dich!«
    »Okay, bleib dort. Ich hole dich ab.«
    »Nein, fahr nach Hause. Ich gehe lieber zu Fuß. Ich brauche frische Luft.«
    Sie schaute aus dem Fenster und sah, daß Susannas Leiche in ein weißes Laken gehüllt auf einer Bahre aus dem Haus getragen wurde. Bis dahin hatte sie mühsam die Fassung bewahrt, aber das gab ihr den Rest.
    »Elizabeth, bist du noch da? Elizabeth, sag was!«
    »Sie wird gerade abtransportiert. O Gott, die arme Susanna!
    Ich stelle mir dauernd vor, was sie durchgemacht hat, bevor sie gestorben ist. Es ist entsetzlich, Michael.«
    »Sieh zu, daß du dort wegkommst. Geh nach Hause. Glaub mir, dann fühlst du dich gleich etwas

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