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Der Mann auf dem blauen Fahrrad

Der Mann auf dem blauen Fahrrad

Titel: Der Mann auf dem blauen Fahrrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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an den Mast eines altmodischen Segelfrachters gelehnt steht, einer übertakelten Erzkogge, wie die Schiffer es nannten. Nichts war Janne fremd. Er hatte solche Szenen auf seinen eigenen Streifzügen als Teenager gesehen. Und ähnliche Bilder gemacht. Nicht ganz dieselben, aber ähnliche. Er verstand, warum dieser Poet diese Bilder gemacht hatte – sie waren Elemente, natürlich einer Erzählung, Fragmente, die zusammengefügt werden konnten. Aber wie? Es war ein wenig wie ein Kreuzworträtsel.
    Wie ist das mit den Kreuzwörtern? Findet sich für jedes Kreuzwort nur eine einzige Lösung? Oder gibt es Fragen, auf die mehrere Antworten möglich sind? Und die dennoch zusammenpassen, senkrecht und waagerecht. Doch welchen Sinn sollte es haben, ein solches Kreuzworträtsel zu entwerfen? Und wozu sollte man es in der Zeitung drucken? Man könnte nicht mehr von der »richtigen Lösung« sprechen.

Diesmal nicht wegen der Mangelkammer

    G enau hier begann Janne sich an etwas zu erinnern, woran er sich lieber nicht erinnert hätte. Anfangs hatte der Tag so gut begonnen. Aber er war verdorben worden, lange bevor Janne hierhergekommen war. Zu diesem düsteren Hof, der gerade im Begriff war, ihn völlig zu vereinnahmen.
    Dass aber auch alles so schiefgehen musste! Dass er, noch bevor er sein Zuhause verließ – oder wie man sie nun nennen sollte, diese muffige kleine Einzimmerwohnung in der Pistolgatan, in der hartnäckig die charakteristischen Gerüche von Kohlrüben und Zigarillos hingen –, dass er einen so demütigenden, einen so schmerzlichen Streit hatte ertragen müssen. Und vor allem dies: dass die, mit der er lebte und die Nächte und nicht wenig von den Tagen teilte, zu einer Unmöglichkeit geworden war. An diesem Morgen hatte er es keinen Augenblick länger ausgehalten. Dieses Leben war nicht sein Leben. Aber er hatte kein anderes.
    Es gibt nichts Brutaleres als ein Faktum.
    Der Schmerz kehrte zurück, aber langsam, als würde er sich eine Treppe hinauftasten. Schritt für Schritt. Und während er anschwoll und Jannes Handgelenke in Besitz nahm, begannen auch mancherlei Erinnerungen aufzusteigen. Den ganzen sonderbaren Abend über hatte er ein Faktum sozusagen in der Rumpelkammer seiner Seele weggesperrt, diesem Parkplatz für unerwünschte Gedanken: Er hatte eigentlich keinen Grund, nach Västerås zurückzukehren, mit oder ohne Schienenbus.
    Seine Frau, Anna-Stina, hatte klipp und klar gesagt, es wäre gut, wenn er so schnell wie möglich losführe und am besten nicht zurückkäme. Sie habe genug von ihm. Und an seine Antwort darauf wollte er nicht mehr denken. An diesem Tag.
    Die Ereignisse dieses Morgens, ehe er sich zum Bahnhof und weiter hier hinauf begab, durch die nicht mehr einladende Landschaft, waren eindeutig zu interpretieren. Wie hatte es eigentlich angefangen? Diesmal ging es nicht um die Mangelkammer. Um die Mangelkammer benutzen zu können und Laken und Kopfkissenbezüge zu mangeln, etwas, was Anna-Stina zu den elementaren Notwendigkeiten zählte, musste man in einem Kleidergeschäft mit entsetzlich hässlichen Schaufensterpuppen (sie sahen wirklich aus wie Tote), ein paar gekieste Straßen von zu Hause entfernt, eine Zeit buchen und seinen Namen auf eine Liste setzen. Dorthin musste man dann den großen Wäschekorb tragen. Jan V. hatte die Finesse dieses Mangelns nie so recht verstanden und vergaß häufig, die Zeit zu buchen und den Schlüssel abzuholen. Und wenn man nicht wirklich die Kraft aufbrachte, den vorhergehenden Mangler mit Wäsche und Korb und dem ganzen Drum und Dran hinauszuwerfen, falls dieser Schurke zu lange brauchte – ja, dann war man in Anna-Stinas Augen kein richtiger Mann.
    Anfangs hatte sich die Kritik um etwas gedreht, was Jan V. versäumt hatte, und sich rasch von dem, was er versäumt hatte, zu dem ausgeweitet, was er noch versäumen würde. Leider kam das öfter vor. Hätte Janne die Fähigkeit gehabt zu widersprechen, den Stier bei den Hörnern zu packen, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen. Stattdessen hatte er die Neigung, sich in ein verletztes Schweigen zurückzuziehen, immer weiter zurück, in eine Art Schandecke des stillen Märtyrertums hinein, in die bald neue Salven über seine Untauglichkeit eindringen sollten. Vielleicht war das eigentlich ein Versuch dieser unglücklichen Anna-Stina, mit ihm zu kommunizieren, an ihn heranzukommen, ein Land zu schaffen, in dem sie sich treffen könnten. Aber dieses Land wurde zu einem Ödland. Niemand könnte dort

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