Der Mann auf dem Einhorn
schienen den Kopf des Jungen abzuschirmen.
Das Einhorn sprang in vollem Galopp zur Seite. Krachend schlugen die Speere der Reiter gegeneinander. Dann waren die geisterhaften Reiter aneinander vorbei, und der Wolf kehrte zu seinem Herrn zurück. Der rasend schnelle Wirbel der Hufe verklang in beiden Richtungen.
Torasc nahm den zweiten Speer in die Wurfhand. Er wusste, dass er Hester beim nächsten Aufeinandertreffen töten konnte, denn es war undenkbar, dass ein zweiter Reiter in der nördlichen Welt schneller und stärker war als er selbst.
Das nächste Tor kam nach einer Weile in Sicht. Die hölzernen, mit Eisen und Bronze beschlagenen Torflügel hingen offen und schief in den Angeln. Torasc riss mit einem Schenkeldruck das Pferd herum, das sich genau vor dem Tor aufbäumte. Dahinter standen, zitternd vor Kälte und in dicke Felle eingehüllt, einige Nyrngorer. Hinter den Fenstern eines unscheinbaren Hauses leuchteten schwache Lichter. Torasc holte aus und schleuderte den Speer.
Das Geschoß verließ seine Hand. Einige Schritt später bildete sich um die Spitze ein fahles Glimmen, das nach wiederum einigen Schritt Flug aufloderte und größer, heller und heißer wurde. Der Speer schoss zwischen den Städtern hindurch, verbrannte die Haare auf ihren Pelzen und schlug in die Wand des Hauses ein. Einige Herzschläge später breitete sich von der Einschlagstelle nach allen Seiten ein rasendes Feuer aus. Die Nyrngorer, die diesen Vorgang in entsetztem Schweigen und völlig starr vor Schrecken mit angesehen hatten, wandten sich um und rannten zurück, um zu löschen und die Kinder aus dem brennenden Haus zu retten.
Der Gegenreiter donnerte weiter. Weder er selbst noch sein Einhornpferd zeigten Spuren von Müdigkeit.
Nur als die Speerspitze aufgeflammt war, hatte er einen stechenden Schmerz zwischen den Schulterblättern verspürt. Vorbei. Er vergaß ihn, stellte sich leicht in den Steigbügeln auf und wusste, dass ihn zahllose Augenpaare auf den Mauern anstarrten, dass er derjenige war, der die Furcht wieder in die Herzen der Nyrngorer zurückbringen würde. Die Furcht vor Caer und Feithearn.
In dieser Nacht gab es kein zweites Zusammentreffen der beiden Reiter. Hester und seine Tiere schienen sich spurlos im Nebel aufzulösen, der von der Seeseite herankroch.
*
Jetzt bedeckten kostbare Teppiche in mehreren Lagen den Boden des Thronsaals. Die Räume der königlichen Familie waren geplündert worden. Dutzende schwerer Leuchter aus Silber, Gold und voller funkelnder Steine trugen brennende Kerzen.
Ein mächtiges Feuer loderte im Kamin. Die kostbarsten Möbelstücke aus Schloss Fordmore hatten die Caer hier aufgestellt. Wertvolle Mäntel und Wandbehänge verdeckten, auf königliche Feldzeichen und Zierlanzen aufgehängt, die Fenster und einige Türen. Auf einem Tisch, mit kostbarem Linnen gedeckt, standen Krüge und Pokale, in denen roter Wein schimmerte. Feithearn, der eine vorübergehende Schwäche seines Körpers mit Wein zu bekämpfen trachtete, lag mit geschlossenen Augen im Thronsessel Carnens. Der Sessel war mit Pelzen und Mänteln gepolstert, deren goldene Stickerei im Kerzenlicht schimmerte und funkelte.
Trotz des Gefühls, jemand sauge die Kraft aus seinen Gliedern, war Feithearn zufrieden.
»Ein Hauch des Schreckens.«, flüsterte er im Selbstgespräch.
Tatsächlich war ein Raunen und Stöhnen durch die Stadt gegangen, als der Gegenreiter unter den Mauern entlanggeritten war. Das brennende Haus hatte die Nyrngorer davon überzeugt, dass er der Herrscher war. Nur er konnte Hester vertreiben, der den Städtern neuen Mut gab.
Dass er hierhergekommen war, um zu bleiben und zu herrschen, hatte er durch die Ausstattung des Thronsaals bewiesen. Ein hartes Klopfen an der breiten Doppeltür unterbrach seine triumphierenden Gedanken.
»Wer stört mich?« rief er.
»Kyras, der Anführer der Reiter.«
»Herein mit dir!«
Der Hauptmann trat ein. Ein wuchernder Bart bedeckte sein erschöpftes Gesicht. Seine nasse Kleidung dampfte, Wasser tropfte aus den Fellen, das Eis auf Schultern und Rücken schmolz.
Erschöpft sagte Kyras: »Wir sind zurück. Keinerlei Ausfälle, Feithearn. Wir haben jeden Fußbreit im Tal untersucht.«
»Und. was fandet ihr?« Sein Unbehagen, was das verwunschene Tal betraf, war groß. Es war ein Stützpunkt der Weißen Magie, und es war ihm nur unter Aufbietung aller Widerstandskraft möglich, dort zu verweilen.
»Nichts. Die Tierhorden sind spurlos verschwunden, in den uralten
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