Der Mann aus dem Safe
einem engen, ärmellosen Kleid, mit einem Hut, der ihre Augen beschattete. Neben ihr ein geschmeidiger schwarzer Panther an einer Leine. Sehr stilvoll.
Die Sitzmöbel waren aus cremeweißem Leder, und so einen großen Fernseher hatte ich noch nie gesehen. Auf der anderen Seite des Raums stand ein noch größeres Aquarium. Die elektrische Luftpumpe summte vor sich hin. Auf dem Boden lag eine Schatzkiste, deren Deckel alle paar Sekunden aufging und einen Strom von Luftblasen entließ. Ich zählte die Fische. Es waren vier. Ich stand dort und beobachtete sie beim Hin- und Herschwimmen in diesem leuchtenden Kasten.
Bis er explodierte.
Die Flutwelle durchnässte meine Hose, ehe ich auch nur begriff, was passiert war. Dann starrte ich in Treys Gesicht an der Stelle, wo gerade noch Glas und Wasser gewesen waren. Er hielt einen langen Schürhaken vom Kamin in den Händen.
Die Art, wie er auf den Trümmerhaufen hinunterblickte, den er angerichtet hatte, mit diesem grausamen Lächeln auf den Lippen. Wie ihn das befriedigte, diese pure, sinnlose Zerstörung in einem einzigen Moment. Ich hasste das. Ich hasste es wie eine Krankheit und wusste, dass ich es nie vergessen würde.
Eine Stimme von oben zischte zu uns herunter: »Trey! Was zum Teufel machst du da?«
»Ich hab nur den Fischen guten Tag gesagt«, antwortete Trey.
»Mann, was ist los mit dir? Hast du sie noch alle? Die sollten doch total überrascht sein, wenn sie das Scheißbanner sehen. Du hast gerade alles verdorben!«
»Tja, dann lass uns in sein Zimmer gehen und noch was Schlimmeres anrichten«, sagte Trey. Er zwinkerte mir zu, ließ den Schürhaken fallen und ging hinauf. Ich stand noch einen Moment da und sah, wie die Fische um meine Füße herumzappelten. Ich hob zwei auf und trug sie in die Küche.
»Scheiße, was war das denn?«, sagte Griffin. Er hatte sich nicht vom Hinterausgang wegbewegt.
Ich ging zur Spüle, ließ lauwarmes Wasser hineinlaufen und setzte die Fische hinein. Dann ging ich zurück ins Wohnzimmer und holte die anderen beiden. Ich setzte sie ebenfalls ins Becken und drehte den Hahn ab. Alle vier Fische schwammen darin herum, als wäre nichts gewesen.
»Ich denke, wir sollten von hier verschwinden«, sagte Griffin. »Lassen wir diese beiden Idioten allein, eh?«
Ich hielt einen Zeigefinger hoch, verließ wieder die Küche und ging nach oben. Steckte den Kopf in das erste Zimmer. Es sah aus wie ein Nähzimmer oder so was und war unangetastet.
Ich ging weiter durch den Flur, blickte kurz in das Elternschlafzimmer hinein. Ein überbreites Himmelbett stand darin, und es gab zwei begehbare Kleiderschränke. Ich sah mir auch das angrenzende Badezimmer an, sah einen Whirlpool, eine separate Dusche, ein Marmorwaschbecken mit vergoldeten Armaturen. So ein Haus war das.
Anschließend betrat ich das letzte Zimmer. Das hier war in Lakeland, müssen Sie bedenken, deshalb wusste ich nichts über die Familie. Ich wusste nicht, dass Adam einen Bruder hatte. Das war zumindest mein erster Gedanke – ich nahm an, dass es das Zimmer eines Jungen war. An allen Wänden hingen Poster von Rockbands, von denen ich noch nie gehört hatte. Dann fiel mir auf, dass die Bettwäsche hellrot war und ein großes, schwarzes, herzförmiges Kissen obendrauf lag, umgeben von einem Dutzend Plüschtieren.
»Mike, wo bist du?«, rief Griffin von unten. Ich ignorierte es. Meine Aufmerksamkeit wurde von einer großen Zeichenmappe auf der Kommode angezogen. Ich wusste gleich, was ich vor mir hatte, denn ich besaß selbst so eine, um meine Zeichnungen mit mir herumtragen zu können. Ich löste die Schnur und klappte sie auf. Dann tastete ich nach dem Lichtschalter hinter mir.
»Mike! Komm schon!« Lauter jetzt, aber man hätte mir ein Megaphon ans Ohr halten können, ich hätte mich keinen Zentimeter wegbewegt. Ich war völlig gefesselt von den Zeichnungen.
Auf der ersten war ein junges Mädchen, das an einem Tisch saß und zu etwas oder jemandem aufsah, der sich außerhalb des Bildes befand; ihr Gesicht drückte Furcht und Hoffnung zugleich aus. Die nächste Zeichnung zeigte zwei Männer, die in einer Gasse standen, der eine gab dem anderen Feuer für seine Zigarette. Dann kam ein schlichtes Stillleben, ein einzelner Apfel auf einem Tisch, in dem ein Messer steckte.
Die Zeichnungen waren gut. Sie zeugten von Talent … und noch etwas anderem. Ich dachte daran, was Mr. Martie mal zu mir gesagt hatte: dass ich mehr von mir selbst in meine Arbeiten einbringen müsse.
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