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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Jardas
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draußen auf mich wartet. Er
sieht mich mit einem merkwürdigen Blick an, aufmerksam wie immer, aber weit
weniger abschätzend als sonst, eher verwirrt. „Manchmal bin ich Euch näher, als
es mir lieb ist.“ antwortet er.   
    Er verfrachtet unsere Gäste wieder mit Schwung in die großen
Autos, sie müssen dicht gedrängt sitzen. So schafft er es, dass wir beide
alleine im letzten Taxi sitzen. Als Annäherungsversuch ist das vielleicht nicht
gerade zu bewerten, aber wenigstens ignoriert er mich nicht mehr.
    „Wie alt bist Du eigentlich?“ fragt er da plötzlich.
    „Ich? Ich bin so alt wie Israel.“ antworte ich ihm wahrheitsgemäß.
Er lacht. „Dann bist Du mehr als dreitausend Jahre alt.“ Er insistiert. „Jetzt
sag` schon ehrlich. So achtunddreißig, neununddreißig?“
    Ich freue mich, wie jedes Mal, wenn ich für jünger gehalten
werde als ich bin. Eine Woge der Genugtuung durchläuft mich. Ich könnte ihn
umarmen, diesen wunderbaren Mann. Achtunddreißig! Herrlich. Nicht dass ich achtunddreißig
sein möchte, ich will nur so aussehen. „Nein, Raffael, ich bin wirklich so alt
wie Israel. Ich bin im Mai 1948 geboren. Ich bin genauso alt wie Dein Land. 47
Jahre.“
    „Das gibt es nicht.“ staunt er. „Dann sind wir gleich alt.
Da habe ich mich aber sehr geirrt. Du wirkst so jung!“
    „Ach, Raffi, das machen nur die teuren Cremen.“ Ich bin sehr
gut gelaunt. Er beobachtet mich von der Seite. Vielleicht macht er mir noch ein
Kompliment, denke ich. Meine Figur ist ja auch nicht schlecht, und dass ich gut
tanzen kann, könnte er ruhig auch erwähnen. Ich schließe für einen Moment die
Augen. So ist es gut. Ich fühle mich umworben und respektiert. Das hast Du gut
hinbekommen, lobe ich mich.
    „Elisabeth“, meldet sich der Erzengel wieder. „morgen ist
ein freier Tag. Ich bringe Euch heute noch ins Hotel nach Jerusalem und komme
übermorgen früh wieder, wenn das Programm weitergeht.“
    „Mhm, ja. Ich weiß.“ antworte ich. Es passt mir aber nicht.
Ich finde, er könnte mir seinen freien Tag schenken, mich in Jerusalem
herumführen, mir Sachen zeigen, die ich nicht kenne. Wenigstens anbieten könnte
er es doch. Den ganzen Tag hätten wir Zeit. „Die Nacht über könnte ich noch
bleiben.“ sagt er. „Aber ich habe kein Zimmer im Hotel. Du müsstest mich schon
bei Dir aufnehmen.“
    Mir bleibt die Luft weg. Ich bin ganz entgeistert von diesem
Angebot. Das kann er doch nicht im Ernst meinen? So mir nichts, Dir nichts.
Meint er mit „aufnehmen“ Geschlechtsverkehr? Ich fasse es nicht. Mache ich den
Eindruck, als hätte ich schon Notstand? Meint er, eine Frau mit 47 nimmt jeden,
der sich anbietet? Ich weiß überhaupt nicht, wie ich reagieren soll. Am besten,
ich nehme es wohl von der humorvollen Seite, dann merkt er vielleicht, wie
vollkommen ausgeschlossen sein Ansinnen ist. „Ach“, antworte ich von oben
herab. „ich tauge nicht zum Vertreiben von nächtlichen Einsamkeiten armer,
kleiner israelischer Reiseleiter. Nicht einmal in mein Klo würde ich Dich
reinlassen.“ Na ja, besonders spritzig war diese Bemerkung nicht. Aber etwas Besseres
hat dieser Höllenhund auch nicht verdient.
    „Wie Du willst.“ antwortet er ruhig. Den Rest des Weges
summt er leise vor sich hin.
    Unten angekommen, sehen wir, dass die Gruppe vor dem Bus
steht und wartet. Die Türen des Busses sind geschlossen. „Wo ist Khalil?“ ruft
Raffael ärgerlich. Er schaut sich um und läuft dann hinüber ins Café. Dort
sitzt Khalil und unterhält sich mit Kollegen. Raffael brüllt ihn an, sein Organ
ist über den ganzen Platz zu hören. „ Aifo haita ? Wo bleibst Du? Ich habe
Dir ausdrücklich gesagt, Du sollst am Bus warten. Was fällt dir ein, gemütlich
im Café zu sitzen und die Gäste warten zu lassen.“ Seine Stimme hat einen
beleidigenden, schneidenden Ton, als sei Khalil ein Kuli aus den Slums von
Bombay und Oberst Kidon ein englischer Kolonialherr. „Es waren doch nur zwei
Minuten.“ sagt Khalil ganz verdattert und läuft zum Bus und sperrt ihn auf.
Raffael schreit weiter. „Ich werde der Agentur melden, dass Du unpünktlich bist
und unzuverlässig. So etwas können wir nicht gebrauchen.“ Er schimpft weiter
auf ihn ein, nennt ihn einen Faulenzer, einen Schweinehintern, einen schlechten
Fahrer. Eine Lawine von Beleidigungen prasselt auf Khalil ein.
    „Raffael, jetzt ist es aber genug. Du übertreibst maßlos. Es
ist völlig egal, wenn wir mal zwei Minuten warten müssen.“ werfe

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